Wettrennen ums Öko-Auto 12.09.2009 Der Elektroantrieb ist das heißeste Thema der PS-Branche. Wer vorausfährt, wann er auf die Straße kommt, wie Anleger damit verdienen können. Werbung hat mit Realität bekanntlich wenig bis gar nichts zu tun. Im aktuellen TV-Spot von Stromversorger RWE parkt einer seinen Sportwagen neben einer Ladestation und hängt ihn ans Kabel – dazu gibt es gemäßigten Wortwitz rund ums „Laden“. Da könnte der Zuschauer glatt glauben, das Elektroauto stünde demnächst beim Händler. Doch so weit ist es noch lang nicht. E- Mobility bleibt noch auf Jahre hinaus Zukunfts musik. Und doch gewinnt das Thema zunehmend an Fahrt. So auch beim Klassentreffen der PS-Industrie, der Internationalen Automobil-Ausstellung IAA in Frankfurt. Dort werden sich ab Donnerstag Unternehmen mit Innovationsfreude brüsten, die in Wahrheit nach wie vor dem fossilen Geschäft anhängen. Einfach, weil es billiger ist. Kurzer Ausflug ins Technische: Beim elektrisch unterstützten Auto wird zwischen reinem Stromantrieb und Hybrid unterschieden. Der Aktionsradius des puren Elektrofahrzeugs ist durch die Batteriekapazität beschränkt. Derzeit reicht eine Ladung im Schnitt für 100 bis 200 Kilometer. Zwar führen 80 Prozent der täglichen Fahrten nicht weiter als 50 Kilometer, analysierte Siemens, dennoch ist das zu wenig für eine glorreiche Zukunft. Zumal das Fahrzeug zwischendurch stundenlang aufgeladen werden muss. Die Mehrheit der E-Fahrzeuge werden also einen Hybrid haben, vorzugweise den sogenannten Plug-in-Hybrid, der anders als der Vollhyb rid mit einer externen Lademöglichkeit versehen ist. Hier haben die Japaner die Nase vorn. Autoexperte Ferdi nand Dudenhöffer von der Uni Essen bescheinigt vor allem Toyota einen Technologievorsprung von satten fünf Jahren. Die deutschen Hersteller fahren meilenweit hinterher. Zu lange setzten sie auf die Dieseltechnologie. Und ließen die Asiaten beim Thema Hybrid überholen. Selbst Chinas noch unterentwickelte Auto industrie ist technisch voraus. Zum Beispiel das Unternehmen mit dem schönen Namen Build Your Dreams. Auf der IAA zeigt der Batteriehersteller, der zum Autobauer mutierte, wo es langgeht. Selbst Investment legende Warren Buffett ist so von den Chinesen überzeugt, dass er kürzlich in die Firma investierte. Das Versäumnis von Daimler, Porsche und Co rächt sich nun. Denn bei ihrer in der Regel gut betuchten Kundschaft beginnt derzeit ein Umdenken in Richtung Nachhaltigkeit – zumindest theoretisch. Das kommt zur Unzeit, während die Konzerne mit der Rezession zu kämpfen haben und Gelder für Entwicklung knapp sind. Doch die Aufholjagd ist eröffnet. Daimler-Chef Dieter Zetsche hat einen eigenen deutschen Weg gefunden: Die jetzige Generation wird mehr oder minder übersprungen, im Fokus steht gleich der nächste Technikschritt, die Brennstoffzelle. Unter Daimlers Federführung gaben 15 internationale Autohersteller diese Woche eine Erklärung ab, in der sie sich für die Zukunft der Brennstoffzelle verschreiben. Auf der IAA demonst rieren die Schwaben mit ihrem Concept Car Blue Zero, dass sie hier vorn mitfahren können. Der Zeitpunkt für eine flächendeckende Einführung der Technologie ist in der Erklärung auf 2015 fixiert. Bis dahin dürfte auch die breite Masse der Käufer in der sauberen neuen Autowelt angekommen sein. Denn noch ist Öko kein Geschäft. Bis Ende des Jahres werden weltweit nicht einmal 10   000 Fahrzeuge mit reinem Batteriebetrieb abgesetzt sein, stellt die Unternehmensberatung Oliver Wyman in einer Studie fest. Auch im kommenden Jahr werden gerade mal zwei Prozent der Neuzulassungen elektrisch unterstützt oder rein elektrisch fahren. „Bis 2025 steigt deren Marktanteil auf 16 Prozent – dann aber haben mindestens 76 Millionen Fahrzeuge beziehungsweise 84 Prozent immer noch einen Verbrennungsantrieb“, unken die Autoren. Im hochpreisigen Bereich ab 100  000 Euro gibt es aktuell gerade mal ein einziges Fahrzeug, das als langstreckentauglich gilt: den Sportwagen Tesla aus Kalifornien. Das Auto verkauft sich entsprechend gut, vor allem unter den Schönen und Reichen in den Staaten. Allerdings bewegt sich sein Marktanteil unter 0 ,1 Prozent. In den Volumensegmenten fahren vor allem Mitsubishi und Nissan voran, die aus Kostengründen auf einen Auftritt auf der IAA verzichten. Die beiden Autobauer wollen schon 2010 den E-Antrieb in Serie anbieten. Toyota zieht 2012 nach. Und die Deutschen? Um wenigstens nach außen hin präsent zu sein, gehen sie in die kaum riskante Kleinstserie. Bei Daimlers Marke Smart wird Ende des Jahres die Produktion von 1000 Smart mit E-Antrieb im Werk Hambach angefahren. BMW verleast gerade einige Hundert E-Minis probehalber an Kunden. Kaufen kann man das Auto indes nicht. Audi befindet sich noch im Planungsstadium. Porsche kündigte gerade erst ein E-Auto an. Und Europas größter Autohersteller VW will wie die Kollegen 2013 eine Kleinserie auf die Straßen bringen. Auch hier ist von einer Elektroeuphorie in absehbarer Zeit nichts zu spüren. Bis sich Elektroautos als Massenfortbewegungsmittel durchsetzten, werde es noch etwa 15 Jahre dauern, begründet Chefentwickler Ulrich Hackenberg in einem „Stern“-Interview den späten Start. Weiter auf Seite 2 €uro am Sonntag Spezial Schlusskurse vom Freitag
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