Wiesbaden (AP) Mit drastischen Maßnahmen wollen deutsche Internisten die Organspende-Bereitschaft in der Bundesrepublik erhöhen. «Wer sich nicht für eine Spende entscheidet, sollte einen Nachteil als Empfänger haben», sagte der Präsident der Deutschen Gesellschaft für Innere Medizin (DGIM), Manfred Weber, am Mittwoch in Wiesbaden. Er sprach von einem «katastrophalen» Trend bei der Bereitschaft zur Organspende.
Weber forderte, die Bürger alle fünf Jahre mit der Frage zu konfrontieren, ob sie für eine Organspende bereit stünden oder nicht. Ein entsprechender Vermerk könne im Zuge der Verlängerung des Personalausweises aufgenommen werden. Wer sich gegen Organspende entscheide, scheide danach auch als Organempfänger aus: «Wer Nein ankreuzt, der sollte auch nicht profitieren.»
Die Deutschen Stiftung Organtransplantation wandte sich gegen die Forderung des DGIM-Präsidenten. «Der Vorschlag schießt über das Ziel hinaus», sagte Heiner Smit, Bevollmächtigter des Stiftungs-Vorstands: «Wir sollten alle Bürgerinnen und Bürger regelmäßig daran erinnern, dass sie in ihrem Leben noch eine wichtige Entscheidung zu treffen haben.» Unter Zwang entschieden sich die Menschen aber nur ungern für die Organspende.
Nach Angaben der Stiftung warten derzeit bundesweit 12.000 Menschen auf ein Spenderorgan. Im vergangenen Jahr seien lediglich 1.081 Menschen als Organspender aufgetreten. Ihnen seien insgesamt 3.508 Organe entnommen worden. Die Stiftung verwies auf eine Umfrage im Auftrag der Bundeszentrale für Gesundheitliche Aufklärung, der zufolge lediglich zwölf Prozent der Bundesbürger einen Organspendeausweis haben. Allerdings seien 68 Prozent der Bundesbürger laut Umfrage bereit, nach ihrem Tod Organe zu spenden.
Der Generalsekretär der DGIM, Hans-Peter Schuster, machte die Krankenhausärzte für den chronischen Engpass bei Spenderorganen mitverantwortlich: «Das Problem der Organtransplantation ist ein ärztliches Problem.» Nur wenn sich die Mediziner in den Akutkrankenhäusern um potenzielle Organspender kümmerten, sei Deutschland in der Lage, genügend Spenderorgane bereitzustellen. Wenn jedes Akutkrankenhaus pro Jahr lediglich zwei Organe zur Verfügung stelle, «wäre die Warteliste sofort weg».
Es sei für die Ärzte ohne Zweifel schwierig, mit Menschen über Organspende zu reden, wenn sie gerade einen nahen Angehörigen verloren hätten, sagte DGIM-Präsident Weber: «Viele Ärzte scheuen dieses Gespräch.» Die Situation werde erschwert dadurch, dass die Akutkrankenhäuser keinerlei finanziellen Anreiz erhielten. Ein Patient, der den Hirntod erlitten habe, liege als potenzieller Organspender länger auf der Intensivstation, ohne dass die Krankenhäuser dafür mehr Geld erhielten.
Die Fachgesellschaft veranstaltet ab dem kommenden Samstag den 111. Deutschen Internistenkongress in Wiesbaden. Zu der fünftägigen Veranstaltung werden rund 6.000 Teilnehmer erwartet. Schwerpunkte des Kongresses sind die Themen therapeutisches Klonen, die Finanzierung des deutschen Gesundheitssystems und die Förderung des akademischen Nachwuchses.
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