Sachsens Wirtschaftsminister Thomas Jurk über die Qimonda-Rettung, EU und Expansion
Dresden. Sachsens Wirtschaftsminister Thomas Jurk rechnet für das Qimonda-Rettungspaket fest mit der Zustimmung der EU. Mit einer anderen Haltung würde Brüssel Unternehmen in Südkorea oder Taiwan stützen, sagt der SPD-Politiker im Interview.
Frage: Wie ist die Lösung mit Portugal zustande gekommen? Thomas Jurk: Wir haben den Gesprächsfaden nie abreißen lassen und am Donnerstag alle Beteiligten an einen Tisch geholt. Mein Staatssekretär Hartmut Mangold hat die Gespräche moderiert, bei denen viele Varianten debattiert wurden. Alle wurden angegangen, die Variante Portugal wurde sogar noch in der gleichen Nacht vom Qimonda-Aufsichtsratsvorsitzenden Fischl am Tisch des portugiesischen Wirtschaftsministers festgezogen. Für Portugal geht es auch um den Erhalt von 2000 Arbeitsplätzen.
Lediglich ein Viertel des 325-Millionen-Euro-Darlehens für Qimonda kommen jetzt vom Mutterkonzern, ist das EU-konform? Wir stehen in ständigem Kontakt zur EU-Kommission und werden über die aktuellen Ereignisse informieren. Die Europäische Union hat sich zur Aufgabe gemacht, den fairen Wettbewerb in Europa zu sichern. Gemeinsam mit Portugal sollte es gelingen, die Kommission zu überzeugen. Denn in der Halbleiterbranche haben wir gar keinen Wettbewerb in Europa, weil Qimonda das einzige Unternehmen ist. Also kann Qimonda gar nicht bevorzugt werden. Die Kommission kann gar nicht anders, als die Darlehensgabe anzuerkennen. Macht sie das nicht, stützt sie Firmen in Südkorea, Japan und Taiwan. Und was wichtig ist: Sie entscheidet bei Qimonda jetzt nicht nur über ein deutsches Unternehmen, sie entscheidet auch über den größten portugiesischen Exporteur.
Welche Bedingungen muss Qimonda hinsichtlich Personalbestand und Rückzahlung erfüllen? Wir sind uns erst einmal einig darüber, dass Dresden als Standort erhalten bleibt. Das heißt klar, dass die von Qimonda geplanten Umstrukturierungsmaßnahmen fortgeführt werden. Damit werden leider 950 Arbeitsplätze abgebaut, wichtig ist mir aber, dass 2200 Arbeitsplätze erhalten werden. Nun wird bei der Buried Wordline Technologie das Modul 3 in Angriff genommen, dann Modul 4 mit der Massenfertigung – und beides in Dresden. Das schafft mittelfristig bis zu 500 Arbeitsplätze. Über die Rückzahlungskonditionen besteht Einigkeit. Wie die Bedingungen lauten, wird aber frühestens verkündet, wenn auch mit Infineon und Portugal die letzten Einzelheiten abgesprochen sind. Wir dürfen nicht vergessen: Die Zusage aus Portugal liegt seit 24 Stunden vor. Da ist noch Einiges im Detail zu besprechen.
Können Sie ausschließen, dass der Freistaat irgendwann weitere Gelder zuschießen muss - und würden Sie das tun? Nochmals zur Klarstellung: Wir gewähren ein Darlehen von 150 Millionen Euro, und wir geben es nur, weil wir damit rechnen können, es auf Heller und Pfennig zurückzuerhalten. Und doch: Ich möchte sogar weiter zuschießen müssen. Zuschüsse und Bürgschaften geben wir dann, wenn neu investiert wird, und das gilt nicht nur für Qimonda.
Wo steht Qimonda in einem Jahr? Das Hauptwerk weiterhin im Dresdner Norden. Und die Firma insgesamt steht als Technologieführer weltweit da. Genau richtig zum Aufschwung der Weltwirtschaft ist die Buried Wordline Technologie verfügbar, und in diesen Aufschwung hinein wird Qimonda expandieren können.
Wird das Parlament noch eingebunden? Selbstverständlich muss ein Engagement dieser Größenordnung durch den Landtag. Da aber alle Fraktionen außer der FDP sich für Maßnahmen zur Standortsicherung ausgesprochen haben, habe ich hier keine Befürchtungen. Allerdings: Wir haben die Zusagen des Freistaates ganz klar an die positive Entscheidung des Parlamentes geknüpft. Interview: Ingolf Pleil
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