15.10.2008 14:40 Solarvalue: "Es gab so viele Verzögerungen, weil..."
Versprechungen gab es schon viele. Jetzt will Solarvalue aber ganz gewiss in Kürze die Produktion von Solarsilizium starten. Unternehmenssprecher Maximilian Fischer erklärt, warum der Start so oft verschoben wurde und wann es nun endlich so weit ist. Maximilian Fischer, max. Equity Marketing GmbH, Pressebüro der Solarvalue boerse.ARD.de: Solarvalue hat den Produktionsstart mehrfach verschoben. Die letzte Ankündigung lautete, dass Sie in der zweiten Jahreshälfte 2008 starten. Ist dieses Ziel zu halten?
Fischer: Ja, wir planen in Kürze die Produktion zu starten. Unser Ziel ist, in unserem Werk in Ruse später einmal auf eine Kapazität von 4.000 Tonnen Solarsilizium pro Jahr zu kommen. Das entspricht vier Produktionslinien. Die erste Linie soll bis Jahresende aufgebaut werden. Im nächsten Jahr soll der Bau der nächsten Linie beginnen, mit einem halben Jahr Bauzeit. Im nächsten Jahr wollen wir etwa 1.000 Tonnen produzieren, das ist ein realistisches Ziel.
boerse.ARD.de: Was macht Sie so sicher, dass Sie in diesem Jahr noch starten?
Fischer: Derzeit bauen unsere 60 Mitarbeiter in Ruse in Slowenien die Fabrik noch um und bereiten alles für die Produktion vor. Es sieht alles gut aus. Wir sind so weit, dass wir noch dieses Jahr die Anlagen für die Produktion aufbauen können. Das ist ein ambitioniertes Ziel, keine Frage. Wir werden auch noch keine großen Mengen in diesem Jahr herstellen - - wenn überhaupt.
boerse.ARD.de: Das heißt, es könnte auch sein, dass Sie erst nächstes Jahr starten?
Fischer: Wir werden sehen.
boerse.ARD.de: Wenn die Anlage noch nicht fertig ist, wie können Sie so sicher sein, dass Ihr Verfahren funktioniert und Sie Silizium in der Reinheit herstellen können, die die Solarindustrie braucht?
Fischer: Wir betreiben eine Testanlage an der Ostküste der USA, diese Testanlage läuft. Wir schicken unsere Proben an zwei unabhängige Labore, die sich auf die Analyse von Silizium spezialisiert haben, an Eaglab und Balazs Lab. Die Laborergebnisse sind sehr gut. Unser Verfahren funktioniert im kleinen Rahmen, wie wir das erwartet haben. Wir stellen in unserer Testanlage aber erst kleine Mengen her.
boerse.ARD.de: Wie beurteilen die Solarzellenhersteller Ihr Material? Haben Sie Ihre Proben an die Solarindustrie geschickt?
Fischer: Nein, wir haben noch kein Stück Solarsilizium, das wir potenziellen Partnern und Kunden geben könnten. Wir haben die von uns angestrebte Reinheit noch nicht voll erreicht, das soll aber in den nächsten Wochen geschehen. Die beiden problematischsten Elemente, die rausgefiltert werden müssen, sind Phosphor und Bor. Bei Phosphor haben wir bereits unsere Zielspezifikation erreicht. Bei Bor arbeiten wir uns an das Ziel heran, in den nächsten Wochen wollen wir soweit sein.
boerse.ARD.de: Anleger sind verunsichert, weil Solarvalue den Produktionsstart so oft verschoben hat. Anfangs wollten Sie in der ersten Jahreshälfte 2007 starten. Haben Sie schlecht geplant, waren Ihre Vorstellungen überzogen?
Fischer: Nein. Wir sind zwar mit sehr ambitionierten Zielen gestartet, aber der Grund für die Verschiebungen liegt in Veränderungen des Umfelds. Wir haben seinerzeit eine Produktionsstätte gesucht und sind in Slowenien fündig geworden. Das war damals ein Staatsbetrieb, der im Rahmen des EU-Beitritts privatisiert werden sollte. Wir konnten die Fabrik aber nur gemeinsam mit einem lokalen Betreiber erwerben. Wir kauften den Betrieb daher zusammen mit der TDR, die das Gelände bis dahin gepachtet hatte.
boerse.ARD.de: Sie haben dafür 338.000 Euro gezahlt, die Fabrik dann aber für 1 Euro an TDR verkauft und dann zurückgepachtet. Wie ist das zu erklären?
Fischer: Wir waren ein junges Unternehmen und wollten uns finanziell nicht übernehmen. Daher war es günstiger, die Fabrik zu mieten. Die TDR hat zwar nur 1 Euro gezahlt, das mag zu wenig erscheinen, ist es aber nicht, denn das Unternehmen übernahm sämtliche Auflagen, zum Beispiel Auflagen für Umweltschutz. Außerdem gab es für den ehemaligen Staatsbetrieb eine Beschäftigungspflicht, wir hätten die Mitarbeiter damals nicht beschäftigen können. Die Pacht war daher die einzige Möglichkeit. Später haben wir einen Teil der Anlage wieder zurückgekauft, als wir das nötige Geld aus einer Kapitalerhöhung hatten. Wir brauchten mehr Sicherheit, weil wir hohe Investitionen machten. Und wir wollten den Mitarbeitern ein Signal zur Ernsthaftigkeit unseres Vorhabens geben. Wir kauften allerdings einen anderen Teil des Fabrikgeländes, da der Ofen und die Produktionsfläche vorher zu weit auseinander lagen. Moser Baer wurde in dieser Zeit mit 40 Prozent beteiligt.
boerse.ARD.de: Wie viel haben Sie bezahlt und wie viel Moser Baer?
Fischer: Die Details des Beteiligungsvertrages haben wir nicht öffentlich gemacht.
boerse.ARD.de: Das alles erklärt aber noch nicht, warum sich der Produktionsstart immer wieder verzögert hat.
Fischer: Es gab Chancen, Fabriken zu kaufen, die nicht zu verwirklichen waren. Dann hatten wir die Chance in Slowenien. Aber die Vertragsverhandlungen haben länger gedauert als gedacht, das hat uns ein Jahr gekostet. Dann haben wir uns an die Gestaltung des Produktionsdesigns gemacht, sind im Laufe der Zeit aber zu dem Schluss gekommen, dass es zu riskant ist, mit einer großen Anlage zu beginnen. Wir haben eineinhalb Jahre an dem Design der Anlage geplant. Es stellte sich dabei heraus, dass der vorhandene Hochofen zur Herstellung von metallurgischem Silizium umgebaut werden muss, was zu teuer gewesen wäre. Daher entschlossen wir uns, den Hochofen zunächst noch nicht zu nutzen und stattdessen dieses Rohmaterial zu kaufen. Wir wollten uns zunächst auf den Prozess konzentrieren, der die größte Wertschöpfung bringt, also die Reinigung von metallurgischem Silizium.
boerse.ARD.de: Das erklärt nicht, warum Sie selbst im Labor in Maryland noch kein Solarsilizium in der erforderlichen Qualität hergestellt haben.
Fischer: Da es in Ruse so viele Verzögerungen gaben, haben wir in der zweiten Jahreshälfte 2007 mit der Testanlage in den USA begonnen. Die war Ende 2007 fertig und Anfang 2008 im Produktionsmodus. In der Testanlage dauert die Produktion länger, weil wir nur einen Kessel, quasi nur eine Herdplatte haben. Jeder Reinigungsschritt muss in dem selben Kessel gemacht werden. Wenn wir die Schritte in der Fabrik in Reihe schalten, geht die Produktion schneller. In der Testanlage gab es ebenfalls Verzögerungen. Der Kessel bekam einen Sprung wegen eines Materialfehlers. Es gab zunächst keinen Ersatz. Jetzt haben wir einen neuen Kessel von einem anderen Lieferanten, der ist von besserer Qualität. Diese ganzen Erfahrungen nehmen wir mit, um Schäden bei der Großproduktion zu vermeiden.
boerse.ARD.de: Sie haben über zwei Kapitalerhöhungen 15 Millionen Euro eingenommen. Reicht das Geld noch bis zum Produktionsstart?
Fischer: Unsere liquiden Mittel reichen gemessen an den derzeitigen laufenden Kosten noch bis in die zweite Jahreshälfte 2009. Aber um die erste Produktionsstraße in Gang zu setzen, brauchen wir mehr Kapital. Wir müssen zum Produktionsstart zum Beispiel metallurgisches Silizium einkaufen. Dann dauert es etwas, bis die Anlage hochgefahren ist und das erste gereinigte Silizium verkauft ist. Auch die Kosten für die Umbaumaßnahmen sind knapp kalkuliert.
boerse.ARD.de: Kommen wir zurück auf die Qualität Ihres Materials. Solarzellen müssen einen bestimmten Wirkungsgrad erreichen, also einen bestimmten Anteil Sonnenenergie in Strom umgewandeln. Welchen Wirkungsgrad sollen die Solarzellen erreichen, die aus Ihrem Silizium hergestellt werden?
Fischer: Wir gehen davon aus, das unsere Solarzellen einen Wirkungsgrad zwischen 15 und 16 Prozent erreichen. Das ist der gleiche Wirkungsgrad, den auch Solarzellen der herkömmlichen Siliziumhersteller erreichen.
boerse.ARD.de: Muss Ihrem Material reines Silizium beigemischt werden?
Fischer: Nein, die Solarzellenhersteller können 100 Prozent unseres Siliziums verwenden.
boerse.ARD.de: Haben Sie Patente auf ihr Herstellungsverfahren?
Fischer: Wir haben Patente, die sich auf bestimmte, wichtige Prozessschritte beziehen. Physikalische und chemische Prozesse lassen sich aber nicht patentieren.
boerse.ARD.de: Wie effizient ist Ihr Produktionsverfahren?
Fischer: Wir dürften eine große Ausbeute erreichen. Wenn wir eine Tonne metallurgisches Silizium durch den Reinigungsprozess schicken, erwarten wir 20 Prozent Solarsilizium, also 200 Kilo. Die neuesten Ereignisse aus der Laboranlage deuten darauf hin, dass die Ausbeute größer sein könnte. Das hätte natürlich große Auswirkungen auf die Herstellungskosten.
boerse.ARD.de: Die direkte Reinigung von metallurgischem Silizium ist günstiger als im Siemensreaktor. Laut der Fachzeitschrift Photon liegen die Herstellungskosten beim Siemensverfahren bei 20 bis 30 Euro pro Kilogramm. Wie günstig ist Ihr Herstellungsverfahren?
Fischer: Bei uns liegen die Kosten unter 20 Euro pro Kilo.
boerse.ARD.de: Einige Hersteller, die ein ähnliches Produktionsverfahren haben wie Solarvalue, verkaufen bereits Solarsilizium am Markt. In ein/zwei Jahren soll außerdem der Engpass an Silizium beseitigt sein, dann fallen die Preise. Ist Solarvalue zu spät dran?
Fischer: Nein. Zu dem vielzitierten Überangebot wird es viel später kommen als angenommen, frühestens 2009 wird die Entspannung beginnen. Wir können schon bald Verträge abschließen - sobald wir die ersten Proben auf dem Tisch haben. In der Branche sind langfristige Lieferverträge üblich. Der Preis wird in der Regel für 3 bis 5 Jahre festgeschrieben und kann frühestens nach 2 bis 3 Jahren nachverhandelt werden. Sobald wir Proben haben, werden wir Vorauszahlungen erhalten. In wenigen Wochen wird alles verkauft sein.
boerse.ARD.de: Stehen Sie bereits in Kontakt zu Solarzellenherstellern oder gibt es gar Kooperationen?
Die Solarvalue-Fabrik in Ruse. Fischer: Wir haben eine Kooperation mit Moser Baer geschlossen, die auch an unserer Produktionsstätte in Slovenien mit 40 Prozent beteiligt sind. Das ist ein riesiger Konzern aus Indien, ein Hersteller von optischen CDs, der 10 Millionen CDs am Tag produziert. Das Unternehmen engagiert sich außerdem sehr stark in der Photovoltaik, es ist in der Dünnschichttechnologie aktiv und will auch Solarzellen herstellen. Moser Baer verfügt also über großes Know-how. Außerdem kooperieren wir mit Sunways.
boerse.ARD.de: Gibt es einen Kooperationsvertrag?
Fischer: Nein, es handelt sich um einen formellen Kooperationsvertrag, aber es gibt keine strenge Verpflichtung. Sunways soll von uns Solarsilizium bekommen. Das Unternehmen kann uns unterstützen, weil es den Produktionsprozess auch mit kleinen Mengen durchlaufen kann.
Das Interview führte Bettina Seidl.
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