Interessante aktuelle Markt- und charttechnische Analyse zu Gold von Harald Weygand / GodmodeTrader
GOLD - Kommt der Crash? Moderate -15% hat Gold ausgehend von seinem Jahreshoch bei 1.032 $ abgegeben. -15% Wertverlust auf Sicht von ca. 4 1/2 Monaten. Bei Beschau des bisherigen Bullenmarkts seit 2001 ausgehend von 250 $ wird klar, dass diese 15% recht überschaubar sind. Die zwischengeschaltete Korrektur, die sich im jahr 2006 abspielte, führte immerhin zu Kursverlusten von ca. 25%.
Soweit, so gut.
Verehrte Damen, verehrte Herren.
Zugegebenermaßen, ich habe extra einen Meldungstitel gewählt, der dem einen oder anderen Leser das Blut in den Adern gefrieren läßt. Da ist also jemand, der von einem Crash faselt und die Sicherheit des Goldes in Frage stellt ? Ich kann Sie beruhigen. Einen Crash sehe ich nicht, ich sehe eine Korrektur. Eine Korrektur, so wie sie die meisten Marktbeobachter sehen. Klar, dies ist ein Tatbestand, Gold korrigiert seit März. Allerdings sehe ich die Gefahr einer deutlichen und dann wirklich schmerzhaften Korrekturausdehnung. Bestes Beispiel liefern die Goldminen, die wenn auch maßlos kurzfristig überverkauft, in eine echte große Korrektur übergegangen sind……
….Ich weiß, dass es eine sehr große Gold-Community gibt. Was die Konsistenz dieser Community anbelangt, so ist diese recht inhomogen. Im großen und ganzen unterscheide ich aber zwischen Gold-Investoren, die Gold bewußt physisch auf mittel- bis langfristige Sicht handeln und den Gold-Tradern, die das Edelmetall kurz- bis mittelfristig über Derivate wie Zertifikate, Optionsscheine, CFDs oder aber direkt über den Future handeln. Gold-Trader haben meines Erachtens eine größere emotionale Distanz zu dem Basiswert als Gold-Investoren. Ein Grundsatz an der Börse ist der, dass man sich nicht in eine Aktie oder anderen Basiswert verlieben sollte, weil dies dem Diversifizierungsgedanken widerspricht und weil dies den Anleger recht unbeweglich in Sachen Anlage machen kann.
Wenn man die Kolumnen der geschätzten (!) Gold-Gurus mitverfolgt, stellt man fest, dass für Sie die voraussichtliche Goldpreisentwicklung mit 100%iger Sicherheit nach oben weist. Das Scenario eines deutlich fallenden Goldpreises gibt es für sie nicht. Es existiert nicht in ihren Ausführungen, es existiert nicht in ihrer Vorstellungswelt. Es tut mir leid, wenn ich diesbzgl. vorsichtig anmerken möchte, dass ich dieses Phänomen von den Internet-Gurus in den Jahren 1996-2000 sehr gut kenne. In der Endphase der Internethausse wurden Kursziele fortlaufend nach oben angepaßt, Strong Buy Ratings in Serie vergeben und am Fließband Studien über die ungeheure Bedeutung des Internets veröffentlicht.
Die Parallelen im Verhalten der Wortführer der großen Trendthemen macht mich stutzig. Übrigens, wenn ich eingangs dieses Absatzs schreibe, dass ich die Gold-Gurus schätze, dann meine ich das auch so. Ich kann mich erinnern, wie ich 2006 und 2007 auf den großen Rohstoff- und Goldkongressen dieser Republik war und Kollegen wie Siegel, Saiger, Bergold etc. die Konturen der sich aufblähenden Blasen sehr genau beschrieben. Ihre Hauptaussagen und Prognosen sind eingetreten. Einige Monate später machte es PENG. Die Manipulationsvorwürfe und Verschwörungstheorien sind mir teilweise allerdings eine Nummer zu paranoid. Das gebe ich zu.
Im Büro begleitete mich einige Tage eine Journalistin des ZEIT Magazins, die mir über die Schultern schauen durfte. Sie hatte sich unter anderem auf das Thema Gold eingeschossen. Ich sagte ihr, dass nicht alles ewig steigt. Auch Gold werde nicht ewig steigen. Und das Ende des Gold-Booms werde mit Sicherheit keiner der Gold-Gurus verkünden, weil diese einfach zu sehr in der Materie drinnen und damit in einer gewissen Weise befangen sind ... was kein Vorwurf sein soll.
Ich bin bekannt als charttechnisch ausgerichteter Goldbulle. Ich möchte abschließend nochmals darauf hinweisen, dass ich übergeordnet Goldbulle bleibe. Ich möchte aber auch nochmals dezidiert darauf hinweisen, dass ich derzeit große Risiken auf der Unterseite für Gold und Silber sehe. Es besteht die Möglichkeit einer deutlichen preislichen und zeitlichen Korrekturausdehnung.
Man kann sich die Teilnehmer, die den eigenen favorisierten Markt handeln, leider nicht aussuchen. Goldinvestoren sind sicherlich nicht allzu glücklich darüber, dass Basiswerte wie Gold und Öl bevorzugte Spielwiese von Hedgefunds sind. Der Gold Long/Öl Long und Banken Short Hedge Trade, den die ganz großen Player dieser Szene gefahren haben, ist in den vergangenen Wochen zusammengeklappt. Er funktioniert nicht mehr. Bei den Banken und im US-Dollar sehen wir massives, fortgesetztes Shortcovering.
Meine Erörterungen zu Gold, Öl und US-Dollar möchte ich mit folgender Feststellung schließen. Schauen Sie sich die unterschiedlichen Indizes des Verbrauchervertrauens in Europa und den USA an. Es liegen teilweise auf Sicht von Jahrzehnten absolute Tiefstwerte vor. Die Stimmung ist auf einem Tiefpunkt angelangt. Schauen Sie sich auch die Schlagzeilen in den vergangenen Wochen an. Rezession, Kreditkrise, Untergang des Bankensektors, Banken Run, das sind die Schüsselworte, die an jeder Stelle fallen. Auch die VIPs unter den gerne interviewten Experten wie Alan Greenspan, George Soros, Jim Rogers, Marc Faber oder Bill Gross überschlagen sich mit Untergangsfantasien.
Die schlechte Stimmung spiegelt sich natürlich in dem Anlageverhalten wider. Alle sind extrem bärisch, also shorten alle den US-Dollar und also kaufen alle Gold, um das Verhalten überspitzt formuliert zu beschreiben. Alle wollen in Sicherheit gehen. Wenn alle diese vermeintliche Sicherheit, also unter anderem Gold kaufen, dann kann das ganze Kontrukt nicht mehr funktionieren. Gold sehe ich seit einigen Wochen und Monaten immer mehr als eine Art Sentimentindikator. Fallendes Verbrauchervertrauen, tendenziell steigender Goldpreis, so meine Formel.
Kommen wir nun zusammenfassend nochmals zur Charttechnik von Gold ...
GOLD - ISIN: XC0009655157 Kursstand: 883 $ pro Feinunze
Kurz-Kommentierung: Bei 845-855 $ hat der Goldpreis eine wichtige starke Unterstützungszone. Die seit Mitte März ausgehend von 1.032 $ laufende Korrektur bei Gold dehnt sich aus.
Bei 845-855 $ ist die Wahrscheinlichkeit unter halbwegs normalen Marktverhältnissen deutlich erhöht, dass der Goldpreis nach oben abprallen kann. Angesichts der Panik, die sich unter Goldanlegern in den beiden zurückliegenden Wochen breit gemacht hat, bin ich mir nicht mehr sicher, ob sie die 845er Marke halten werden.
Eines ist klar, unterhalb von 845 $ dürften gestaffelt Stoplossorders im Markt liegen. Stoplossorders von Marktteilnehmern, bei denen die Schmerzgrenze eben in dem Preisband von 800-850 $ liegt. Werden diese Stoplossorders getroffen, dürfte es einen schnellen Preisrutsch nach unten geben.
Es besteht durchaus die Gefahr, dass der Goldpreis im Verlauf dieses Jahres nochmals unter 845 $ abtauchen könnte. In der Chartgrafik habe ich die wichtigen Chartunterstützungen im mittelfristigen Zeitfenster markiert. Sie liegen bei 845-855 $, bei 780 $ und anschließend bis zu 730-740 $. Im Bereich solcher Unterstützungen ist die Wahrscheinlichkeit für mindestens temporäre Trendwenden nach oben, also wieder einsetzende Käufe erhöht. Marktteilnehmer mit Kaufinteresse legen ein Verhalten an den Tag, dass sie im Bereich von Unterstützungen kaufen. Marktteilnehmer mit Verkaufsinteresse halten sich im Bereich von Unterstützungen zurück, um zu prüfen, wieviel Kaufdruck sich entwickeln kann.
Übergeordnet bleiben wir für Gold bullisch, kurz- bis mittelfristig sehen wir aber Gefahren auf der Unterseite. Einen Richtungsentscheid wird es im 845 $ Bereich geben.
Ich wünsche Ihnen allen viel Glück, Erfolg und gute Nerven. Der Markt macht es einem in diesem Jahr nicht leicht. http://www.boerse-go.de/news/news.php?ida=944329&idc=6|213|550 ----------- "Wenn Sie nicht wissen, wer Sie sind, ist die Börse ein verdammt kostspieliger Ort, es herauszufinden." (David Dreman)
|