Vorweg: Achtung: Fundamentale Sichten sind immer auf die Mittelfrist valide. Ich habe es oft genug erlebt, dass fundamental gute Aktien kurzfristig ins Bodenlose geprügelt werden. Nordex ist im bärischen Trend (der Algo und der technische Trader ist damit unser "Feind"), im negativen Stimmungsumfeld und klein von der MK (gut für Shorties, die ich hier auch als technische Shorties sehe, wie es sie gerne bei Nebenwerten gibt), jetzt auch noch das Gespenst der SDAX Abstufung. Für Nordex ist es im Moment nicht ideal.
Das unterscheidet uns von Vestas. Vestas hatte am Donnerstag eine tolle bullische Harami Kerze, die gezündet hat. jetzt ist die Frage, ob Vestas aber nicht am oberen Widerstand verhungert.
Um so mehr, gerade weil hier diverse Verunsicherer erscheinen, sich die Geschäftszahlen zu stützen und Annahmen anzugucken. Ich nehme die etwas älteren Prognosen, die auf Finanzen.net getielt sind. Guckt man sich diese an, so wird bei Nordex ein konstanter Umsatz und ein Anziehen der EBITDA Marge von 2021 Experten 4,6 auf fast 8% unterstellt. Im Grund fällt den Analysten im Mittel nichts ein als eine Fortschreibung des Umsatz vorzunehmen/ die Unternehmensziele beider Marge zu nehmen. O.k.
Ich gucke gerne auf den operativen Cash Flow, der sagt am Besten, wie gut es um das Geschäft steht, da Gewinne gerne mit Sondereffekten beladen werden. Mit der Prognose kommen wir auf knapp 16 beim aktuellen Kursniveau 2021 und sinken schnell gen 8-9. Im Mittel lag Nordex historisch bei 14, bezogen auf Werte mit Wachstum ist aber auch 16 kein hoher Wert. In der US Schule wird allgemein 15 als üblicher Richtwert gesehen für ein Durchschnittsunternehmen.
Kommen wir mal zu ein paar Sensitivität. Laut Bilanz lag die aktuelle Marge bei knapp über 4%. Die Steigerung wird allgemein mit dem Delta 4000 Anteil korreliert, der ja steigt. Aber selbst wenn das Niveau "nur " gehalten würde, wäre Nordex wieder profitabel und bei KCFV 15. Mit dem historischen Mittel wären wir bei 14 Euro. Also in einem fundamentalen Setting befinden wir uns aktuell auf einem Niveau, was eher einem pessimistischen Fortgang des Geschäfts entspräche. Die aktuelle Entwicklung, die Q2 Zahlen und der Forecast sprechen nicht dafür, dass es so schlecht laufen sollte.
Dazu kommt, dass ich in meinen Zahlen noch keine Effekte aus der KE haben. Die sollten den OCF ggf. aber verbessern, weil Zinsen wegfallen. (Ebenso sollte das die EBITDA Marge erhöhen, so dass das Erreichen der Ziele realistischer wird).
Was ist jetzt spannend. Die aktuelle Bewertung der Nordex, dass unterscheidet sie z.B. von Vestas, funktioniert "nur" über die Umsatzhebelung. Der Umsatz ist bei 5 Mrd. festgetickert in den Prognosen.
Ist das wirklich so? Die KE sollte ja auch zur Ausweitung der Kapazitäten dienen, so mein Verständnis. In Deutschland könnte nach der Wahl eine riesige Investitionsdynamik entstehen. Die Auftrage sollten steigen, so dann auch der Umsatz. Das zeigen die Prognosen zurzeit aber nicht.
Apropro: Unterstellt man steigende Preise durch die Rohstoffe, bedeutet das auch steigender Umsatz bei konstanten Aufträgen. Konstante Umsätze würde also so gesehen imo sogar eine rückläufige Zahl an Aufträgen induzieren. Ist das aktuell das Szenario, an das man bei Wind glaubt? Ich denke nicht.
Daher habe ich als Sensitivität 2 mal genommen, der Umsatz steigt z.B. 2023 um 10% (nur einmalig und verharrt auf dem Niveau, wie ich finde keine sehr aggressive Annahme). Damit würde das KCGV beim aktuellen Kurs auf 7-8 sinken. Gegen das Mittel 14 bis 15 haben wir damit dann mal eher niedriger gerechnet 75% Upside zum jetzigen Kurs (28 Euro) best case sogar mehr. Achtung, dass ist keine Erwartung, nur ein Zahlenszenario. D.h. also, die Analysten mit den hohen Zielen sind optimistischer, aber man braucht imo kein sonderlich absurdes Szenario, um diesen Kurs fundamental zu begründen. Im Moment ist da nicht zu viel Phantasie drin. Natürlich war der Kurs Anfang 2021 zu früh, wir reden hier von Kurszielen für 2023 bis 2024. Deshalb war die scharfe Korrektur auch begründet. Richtig Phantasie wäre, wenn man ein Umsatzwachstum von 10% per Anno annehmen würde oder sogar, siehe Vestas, eine Verdoppelung. Dann wäre der Threattitel Programm, aber dies ist jetzt erst einmal nur Spinnerei. Man sollte sich an den Fakten bewegen, die zeigen, Wind ist zurzeit ein hartes Geschäft.
Nun kann man, Sensitivität 3, sagen, Umsatzsteigerung = Auftragssteigerung nur durch geringere DA Marge. Nehmen wir dort mal 5% an. Dann kämen wir auf ein KCFV von 11 -12 (ich bleibe hier bewusst unscharf um den Eindruck perfekter Zahlen zu vermeiden), also immer noch 25 % Upside. Ein entsprechendes Downside für die 12 Euro Fraktion ließe sich fundemental im Grund nur begründen mit einer Trendumkehr des Geschäfts, d.h. eine sehr armselige DA Marge oder ein signifikanter Rückgang der Aufträge. Ausschließen sollte man nichts, aber dafür spricht zur Zeit zumindest nichts sichtbares.
Jetzt gucken wir mal auf die Vestas: Interessanterweise sehen die Analysten, scheinbar eher auf offshore fixiert, dort ein Umsatzwachstum. Genau genommen geht man dort bis 2025 von einer Verdoppelung aus. Wie konsistent das zu den Nordexannahmen ist, sei dahingestellt. Auch hier sieht man das Margenwachstum, weswegen der operative Cash Flow auch hier dann doppelt anzieht.
Aber: Wir befinden uns beim aktuellen Kurs bei einem KCFV von über 22, dass sich bis 2025 auf 11 sinkt gegenüber 8-9 bei Nordex 2024. Nun kann man sagen, Vestas ist der schneller wachsende Werte (plus das mächtigere Unternehmen), daher ist ein Aufschlag gerechtfertigt, zumindest deutet das der Umsatz an. Aber wenn wir relativ herangehen, dann halbieren beide Werte in den Prognosen ihr KCFV oder einfacher gesagt, verdoppeln ihren operativen Cash Flow ungefähr. Ein Aufschlag zum Marktmittel sollte ja das Wachstumsmomentum unterstreichen, dass ist aber bei Nordex zu Vestas nahezu gleich. Sprich, Vestas ist in dieser Sicht relativ zu Nordex auf Basis der Prognosen eindeutig höher bewertet. Ohne dabei in den letzten drei Bilanzzahlen, gerade den aktuellen, irgendeinen Hinweis zu liefern, dass das gerechtfertigt ist. Im Moment underperformt man in der relativen Entwicklung zu Nordex sogar (relative Entwicklung heißt, wie sich die Bilanz zur Vorherigen entwickelt, es geht nicht um die absolute Lage)
Denn kommen wir wieder zum Markt. Der ist, solange wir eher Überkapazitäten haben, ein eher verdrängender Preiswettbewerb. Preiswettbewerb bedeutet aber, dass man mehr Absatz nur mit geringere Marge schafft und umgekehrt. Die Tatsache, dass alle Unternehmen glauben und vorhaben, die DA Marge zu erhöhen, deutet aber einen Regimewechsel an. Sonst wäre das nicht möglich. Margenerhöhungen sind nur dann durchsetzbar, wenn man sich der Vollauslastung nähert und weitere Projekte über Kapazitätsausbau erfolgen müssten, für die die Marge dann ein Investitionszins ist.
Das bedeutet aber wiederum, dass der, der mehr Spielräume hat, im Zweifel das Verhältnis beider, was den Cash Flow als alles entscheidende Kennzahl determiniert, besser steuern kann. Das lässt zumindest Fragen bzgl. der Konsistenz beider Prognosen, offshore Geschäft hin oder her, offen.
Wie gesagt, was kurzfristig passiert, wird von anderen Faktoren determiniert, die im Zweifel weder was mit den Prognosen noch den Q2 Zahlen zu tun hat, die ja die Investitionsthese, dass Nordex in einen profitablen Fahrt reinwächst, so erst mal nicht widerlegen, Quartalsverlust hin. oder her. Ich habe ja oben gesagt, wie gut es einer Unternehmung geht, sieht man am operativen Cash Flow. Da lag im H1 2020 bei -60 Mio., der Unternehmung ging es kacke, aktuell liegt er bei + 58 Mio Euro. Eine Relative Steigerung von 120 Mio Euro!!, was zumindest auch das Potential bis 23 auf knapp 300 Mio. Euro zu kommen, als machbar andeutet)
Linear Fortgeschrieben wären das 116 Mio für 2021, die Prognose mit der ich arbeite ist 146 Mio Euro. Bei anziehender Profitabilität und abnehmender Zinslast ist das imo realistisch. Aber selbst mit den 116 legen wir bei einem KCFV von 20 unter dem Wert der Vestas. Und das operative Geschäft ist grundsätzlich bereits wieder grün, es gilt am Ende nur noch, einen steuerlich den Gewinn zu machen. An dieser Stelle ist zu bemerken, dass Nordex noch keine Verlustvorträge genutzt hat, wen. ich das richtig überblicke.
Kein Empfehlung zu irgendetwas, sondern wie angekündigt ein hoffentlich augenöffnender Vergleich zum angeblich so tollen Vestas (gutes Unternehmen, keine Frage) und eine Einordnung. Mit einem Pleitekandidaten haben wir es nicht zu tun.
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