ftd.de, Di, 28.5.2002, 14:31
Wahlkampf: SPD zeigt der FDP die kalte Schulter
Mit harscher Kritik an der FDP hat SPD-Generalsekretär Franz Müntefering eine Koalition mit den Liberalen nach der Bundestagswahl so gut wie ausgeschlossen. Gegenüber der Union schlug er moderatere Töne an.
Er könne einen solchen Antrag nicht ausschließen, sagte Generalsekretär Franz Müntefering am Dienstag bei der Vorstellung des Ablaufs für den eintägigen Kongress. Die Wahlprogramme von SPD und Freien Demokraten seien unvereinbar miteinander. Im Mittelpunkt des fünfstündigen Parteitags in einem Berliner Hotel steht die Rede Schröders. Die 524 Delegierten wollen außerdem über 162 Anträge zum Wahlprogramm beraten. Mit größeren Änderungen am Entwurf wird nicht gerechnet.
Mit dem SPD-Vorsitzenden, Bundeskanzler Gerhard Schröder, sei er sich deswegen einig, dass eine Zusammenarbeit nach dem 22. September unvorstellbar sei, "wenn die FDP sich nicht noch besinnt". Müntefering bekräftigte, dass die SPD auf jeden Fall noch rechtzeitig vor dem Wahltag in dieser Frage Klarheit schaffen werde. Bislang ist vorgesehen, dass der Parteitag nur ein Bündnis mit der PDS im Bund oder die Tolerierung einer SPD-Minderheitsregierung durch diese Partei ausschließt.
Westerwelle soll die Vertrauensfrage stellen
Müntefering hielt der FDP vor, sie plane "ungeschminkt und in brutaler Weise" die Zerschlagung des Sozialstaats in Deutschland. In diesem Punkt gebe mit den Sozialdemokraten keine Berührungspunkte mehr. Auch wegen der politischen Ausrichtung und der Antisemitismus-Debatte werde eine Zusammenarbeit immer unwahrscheinlicher. Der stellvertretende FDP-Vorsitzende Jürgen Möllemann mache mit seinen Ausfällen "munter weiter". Seine jüngsten Äußerungen in der ARD an die Adresse des Kanzlers zeigten Möllemanns "besondere Klasse". Dieser hatte den SPD-Chef unter anderem als "Knilch" bezeichnet.
Müntefering empfahl Parteichef Guido Westerwelle, die Vertrauensfrage in der FDP-Spitze zu stellen, um Klarheit über den politischen Kurs zu schaffen. Ansonsten setze sich Westerwelle weiter dem Verdacht aus, er betreibe ein "abgekartetes Spiel" mit seinem Stellvertreter Möllemann.
Vergleichsweise zurückhaltend fiel Münteferings Kritik an den Unionsplänen aus. Wenn sie verwirklicht würden, seien Einschnitte bei der Gesundheit, der Rente und der Bildung unvermeidlich. Mit Aufmerksamkeit habe die SPD aber registriert, dass alle Unions- Vorschläge unter strikten Finanzierungsvorbehalt gestellt worden seien. Zur Frage eines Zusammengehens mit der Union nach der Wahl sagte Müntefering, prinzipiell sei dies nicht auszuschließen.
© dpa
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