Junge Straßenräuber: 80 Prozent der Täter sind Ausländer Zahlen über nichtdeutsche Kriminelle kein Tabu mehr Von Hans H. Nibbrig
"Wenn ich das vor einigen Jahren gesagt hätte, wäre ich vermutlich in die rechte politische Ecke gestellt worden", kommentierte Michael Knape, Leiter der Polizeidirektion 6 (Ost), gestern vor Journalisten seinen Bericht über einen aktuellen Fahndungserfolg seiner Beamten. Die konnten vor kurzem eine zwölfköpfige Bande von Jugendlichen festnehmen, die innerhalb von zwei Monaten 50 Raubdelikte verübt hatten und dabei zum Teil mit unvorstellbarer Brutalität vorgegangen waren. Der Leitende Polizeidirektor hatte dabei auch die Nationalität der Festgenommen - überwiegend Türken - erwähnt.
Über das einstige Tabuthema, den Anteil ausländischer Täter an der Kriminalität, darf die Polizei reden. Allerhöchste Zeit, meinen Experten und verweisen auf alarmierende Zahlen. So hat eine Auswertung der Kriminalstatistik 2002 durch die Berliner Polizei ergeben, dass nahezu jeder zweite im vergangenen Jahr ermittelte Täter im Bereich der Jugendkriminalität nichtdeutscher Herkunft war, exakt waren es 44,9 Prozent.
Noch alarmierender sind weitere Zahlen, die die Auswerter der Polizei ermittelten. Danach kam 2002 jeder fünfte in Berlin lebende ausländische Jugendliche mit dem Gesetz in Konflikt. In einigen Deliktsparten, wie zum Beispiel Straßenraub lag der Anteil der nichtdeutschen Täter gar bei über 80 Prozent.
Seit Polizeipräsident Dieter Glietsch Anfang des Jahres als einer der ersten Repräsentanten in hoher Funktion das Problem ausländische Straftäter offen ansprach, gab es eine Vielzahl von Ideen zur Bewältigung der Problematik. Dabei zeigt sich bislang jedoch deutlich: Was in der Theorie Erfolg versprechend scheint, erweist sich in der Praxis oftmals als schwierig, wenn nicht gar unmöglich.
"Ausländische Straftäter, die sich erst seit wenigen Jahren hier aufhalten und fast ausschließlich durch kriminelle Handlungen aufgefallen sind, möchte ich so schnell wie möglich nach Hause schicken" stellt Innensenator Ehrhart Körting (SPD) zu dem Thema unmissverständlich klar. Die Realität trägt den Wünschen des Senators allerdings nur begrenzt Rechnung. "Häufig scheitert das daran, dass die Herkunft der Täter nicht klar ist, oder die Herkunftsländer sich schlicht weigern, ihre Leute aufzunehmen", moniert ein Senatsbeamter.
Auch Überlegungen zum Umgang mit hier geborenen und aufgewachsenen Straftätern brachten ein ernüchterndes Ergebnis. In einer nichtöffentlichen Studie der Polizei zum Thema Gettobildung und ethnische Konfliktregionen heißt es lapidar: Diese Wohngegenden werden dominiert von Menschen, die sich entschieden haben, die Gesetze der Bundesrepublik Deutschland nicht zu respektieren.
Das vielfach vorgebrachte Argument von Politikern und Experten, insbesondere in den Bereichen Bildung, Jugend und Soziales, gerade bei ausländischen Jugendlichen müsse das häufig schwierige Umfeld berücksichtigt werden, lässt Körting ebenfalls nur begrenzt gelten: "Viele Jugendliche, ausländische genau so wie Deutsche, stammen aus ganz soliden Familienverhältnissen. Die haben sich ohne Not ganz bewusst für kriminelle Aktivitäten entschieden. Und sind deshalb nicht als Opfer, sondern als Täter zu behandeln."
Eine Möglichkeit der Behandlung hat jetzt der Bund Deutscher Kriminalbeamter aufgezeigt. Landesvorsitzender Lutz Hansen fordert die Einrichtung von Ersttäterabteilungen in Jugendstrafanstalten. "Richter scheuen sich häufig, auch da, wo es eigentlich angebracht wäre, Jugendstrafen zu verhängen, weil sie befürchten, dort geraten die Jugendlichen erst recht in schlechte Gesellschaft. Abteilungen nur für Ersttäter, die das verhindern, könnten die Scheu bei den Richtern abbauen", sagte Hansen der Berliner Morgenpost.
Die Senatsjustizverwaltung signalisierte gestern aber auf Anfrage: kein Geld.
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