Medizintechnik AAP-Aktie legt die Krücken ab
09. Februar 2006 17 Prozent Kursplus ohne eine Nachricht, das passiert auch bei Nebenwerten nicht alle Tage. Doch genauso war es am Mittwoch bei der AAP Implantate AG aus Berlin. Am Donnerstag kletterte der Kurs nochmals um etwa zwei Prozent auf ein neues Jahreshoch von 2,46 Euro. Die Investor-Relations-Abteilung erklärte den Kurssprung gegenüber FAZ.NET mit einer großen Order eines Investors. Wer sich hinter dem Anleger verbirgt, konnte das Unternehmen nicht mitteilen.
Der Kurs der Aktie (ISIN DE0005066609) hat sich in den vergangenen zwölf Monaten gut entwickelt und seinen Index Gex knapp geschlagen (siehe Grafik). Wer sich allerdings den langjährigen Chart der seit 1999 börsennotierten Gesellschaft ansieht, bemerkt sofort, daß das Unternehmen keine einfachen Zeiten hinter sich hat. Doch jetzt könnte der Turnaround geschafft sein.
Führende Position in Nischenmärkten
AAP verdient sein Geld mit biomedizinischen Implantaten. Die Gesellschaft fertigt und vertreibt zum Beispiel Metallimplantate, etwa Prothesen für Hüfte und Schulter. In diesem Markt ist AAP „eher ein kleiner Player”, wie Finanzvorstand Oliver Bielenstein im Gespräch mit FAZ.NET sagt. Unter den führenden fünf oder sechs Unternehmen in Deutschland ist AAP aber bei der Frakturheilung - „Platten, Schrauben, Nägel”, wie Bielenstein flapsig meint.
Wachstum verspricht vor allem das zweite Geschäftsfeld, die Biomaterialien und Knochenzemente. Bei Knochenzementen gehört AAP nach Bielensteins Angaben zu den drei weltweit führenden Herstellern. Und bei Knochenersatzstoffen sieht sich das Unternehmen als technologisch führend in Europa. „Dieser Markt wächst um etwa 20 Prozent im Jahr”, sagt der Finanzvorstand.
Knochenersatzstoff weckt Hoffnungen
Auch andere erkennen Wachstumspotential: Analysten von Merrill Lynch etwa sehen in einer Studie allein den amerikanischen Markt für Knochentransplantationen und „Orthobiologicals” von 804 Millionen Dollar 2004 auf 1,63 Milliarden Dollar 2008 wachsen.
Von diesem Wachstum will AAP profitieren: Im Oktober tätigte die Gesellschaft zwei Akquisitionen in diesem Geschäftsbereich. So baute AAP seine Beteiligung an der Osartis von 49 auf 100 Prozent aus. Osartis produziert den synthetischen Knochenersatzstoff Ostim, auf den das Unternehmen große Hoffnungen setzt. AAP verhandelt mit Partnern in Europa und Asien über den internationalen Vertrieb von Ostim, außerdem will die Gesellschaft die Zulassung in den Vereinigten Staaten beantragen.
Restrukturierung zeigt erste Erfolge
AAP ist also auf einem Markt unterwegs, auf dem sich gutes Geld verdienen lassen sollte. Doch in der Vergangenheit hat das nicht so richtig funktioniert. Operativ schrieb das Unternehmen 2004 etwa 1,3 Millionen Euro Verlust, 2003 waren es sogar 5,9 Millionen gewesen. „Die Stärke des Unternehmens lag in der Vergangenheit in der Entwicklung toller Produkte, aber nicht in der Vermarktung”, sagt Bielenstein. Darum mußten neue Investoren her, neues Personal und eine neue Organisationsstruktur. 2004 war das Jahr des Umbaus.
Im vergangenen Jahr hat die Restrukturierung erste Erfolge gezeigt. Der Umsatz stieg von 11,5 Millionen Euro auf 13,3 Millionen, wie das Unternehmen Mitte Januar mitteilte. Das Management verspricht einen operativen Gewinn und rechnet für die kommenden Jahre mit einem zweistelligem Umsatz- und Gewinnwachstum. Gewißheit haben die Aktionäre aber erst Ende März, wenn das Unternehmen die endgültigen Zahlen für das Geschäftsjahr vorlegt.
Wo die Reise hingehen könnte, zeigt der Bericht zum dritten Quartal 2005, in dem AAP immerhin 206.000 Euro Überschuß erwirtschaftete, deutlich mehr als in den Vorquartalen. Könnte das Unternehmen zumindest diesen Quartalsgewinn über ein ganzes Geschäftsjahr halten, ergäbe sich ein Gewinn von 5 Cent je Aktie.
Ist der Turnaround tatsächlich geschafft?
Das Unternehmen, so scheint es, ist auf dem besten Weg, aber noch nicht ganz über den Berg. Die Bilanz zum Ende des dritten Quartals etwa sieht nicht sehr gesund aus: Liquide Mittel von 220.000 Euro standen kurzfristigen Verbindlichkeiten von über drei Millionen Euro gegenüber. Die Investor-Relations-Abteilung verspricht aber eine „positive Liquiditätsentwicklung”.
AAP hat zweifelsohne viel Potential auf einem interessanten und wachsenden Markt. Wenn der Turnaround tatsächlich geschafft ist - die Zahlen Ende März werden es zeigen -, stehen die Chancen gut, daß der Aufwärtstrend an Tempo noch zulegt. Genau darauf baut offensichtlich auch der unbekannte Investor.
|