Dax Im Visier der Finanzinvestoren Analysten erwarten nach Rekordtransaktion in den USA auch hierzulande Milliardendeals Von Daniel Eckert und Holger Zschäpitz
Berlin - Der Worte sind genug gewechselt, nun laßt uns endlich Taten sehen. Diesen Appell aus Goethes "Faust" möchten nicht wenige deutsche Börsianer den internationalen Finanzinvestoren ins Gesicht schleudern. Denn nachdem die auch als "Heuschrecken" attribuierten Private-Equity-Gesellschaften mit der 33,1 Mrd. Dollar schweren Übernahme des US-Klinikbetreibers HCA gerade den größten Einzeldeal der Geschichte eingefädelt haben, sind die Erwartungen hoch, daß sie auch in Deutschland zum Angriff übergehen. Schließlich kündigen die Finanzinvestoren seit Jahr und Tag an, in Good Old Germany auf Einkaufstour gehen zu wollen und auch Dax-Konzerne ins Visier zu nehmen.
Anleger sind die Profiteure, wenn Gesellschaften wie Carlyle, Blackstone, Bain Capital, Kohlberg Kravis Roberts (KKR) oder Texas Pacific Group (TPG) in Aktion treten. "Private-Equity-Gesellschaften sind ein wichtiger Faktor an der Börse", meint Daniel Stillit, Analyst bei der UBS, "mittlerweile zeichnen Finanzinvestoren für rund ein Fünftel sämtlicher Übernahmeaktivitäten in den etablierten Kapitalmärkten verantwortlich und bewegen damit die Kurse." Im Schnitt zahlten die Akquisitionsprofis dabei einen Aufschlag von 15 Prozent auf den vorherigen Aktienkurs des Übernahmeziels.
Bislang lassen sich die größeren Deals hierzulande an einer Hand abzählen. Die volumenstärksten Akquisitionen der professionellen Aufkäufer betreffen zum nicht unerheblichen Teil Immobilienbestände. Von den fünf Transaktionen, die in diesem Jahr überhaupt die Milliardengrenze überschritten, drehten sich allein zwei um das wiederentdeckte deutsche Betongold. An der Spitze steht mit einem Volumen von 4,5 Mrd. Euro der Verkauf von KarstadtQuelle-Immobilien an die Goldman-Tochter Whitehall. Mit 1,7 Mrd. Euro schlug der Verkauf städtischer Wohnungen an Fortress durch die Stadt Dresden zu Buche. Für Anleger war bei diesen Milliardengeschäften wenig zu holen. Bei KarstadtQuelle konnte der Kurs zumindest leicht profitieren, während die T-Aktie heute niedriger notiert als bei der Ankündigung des Blackstone-Einstiegs im April.
Folgt man Analysten, scheint der Durchbruch jedoch unmittelbar bevorzustehen. Research-Abteilungen von Investmentbanken reichen bereits Studien herum, in denen mögliche Ziele Kandidaten explizit genannt werden. Deutsche Konzerne stehen schon allein deshalb ganz oben auf der Speisekarte der "Heuschrecken", weil sie auch nach der Restrukturierung der vergangenen Jahre im internationalen Vergleich noch niedrige Gewinnmargen ausweisen. Hier lassen sich aus Sicht der Private-Equity-Aktivisten noch einige Renditepotentiale heben. Hinzu kommt, daß die Firmen in guter deutscher Manier die Schulden zuletzt dermaßen heruntergefahren haben, daß die Bilanzen eine betriebswirtschaftlich ungünstige Struktur aufweisen. Die Finanzinvestoren wittern hier die Chance, allein durch eine Erhöhung der Verschuldung die Rentabilität nach oben zu hebeln. Zu guter letzt erscheinen die Bewertungen selbst prominenter deutscher Firmen global betrachtet noch günstig. Allein mit den 33 Mrd. Dollar des jetzt in Amerika über die Bühne gegangenen HCA-Deals könnte das Gros der Dax-Unternehmen aufgekauft werden. Von Tui mit fünf Mrd. Dollar bis hin zu BMW mit 33 Mrd. Dollar sind 20 von 30 deutschen Großkonzernen in Reichweite. Stellt man in Rechnung, daß die Private-Equity-Firmen immer häufiger für Megadeals ihre finanzielle Feuerkraft bündeln, sind sogar weitaus größere Übernahmen denkbar. Stillit sieht Unternehmen mit einem Wert (Marktkapitalisierung plus Schulden) von bis zu 38 Mrd. Dollar im Visier der Aufkäufer, andere bringen noch höhere Summen ins Spiel.
Möglich wird dies nicht nur durch die Bündelung der Kräfte, sondern dadurch, daß die Finanzinvestoren in der Regel lediglich 20 Prozent der jeweiligen Kaufsumme selber aufbringen. Der Rest wird über günstige Darlehen finanziert, die nach geglückter Übernahme den akquirierten Unternehmen aufgebrummt werden. Um die angestrebte Jahresrendite von 20 Prozent zu erzielen, werden die aufgekauften Gesellschaften zudem einer Umstrukturierung unterzogen. Nach einer Haltedauer von drei bis fünf Jahren trennen sich die Financiers wieder von den erworbenen Objekten - entweder mittels Börsengang oder Weiterveräußerung an industrielle Wettbewerber oder andere Finanzinvestoren.
Eine Analyse von Dresdner Kleinwort sieht in BASF, MAN, E.on, Adidas und Deutsche Post potentielle Kandidaten. Der Nutzfahrzeughersteller MAN etwa kostet an der Börse gerade einmal acht Mrd. Euro. Zieht man die Kassebestände ab, die ein Aufkäufer mit erwirbt, sind effektiv sogar nur 7,9 Mrd. Euro auf den Tisch zu blättern. Auf der entsprechenden Liste der UBS finden sich neben Altana auch MAN und SAP wieder.
Artikel erschienen am Mi, 26. Juli 2006
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