Schäuble bringt G8-Kritiker gegen sich auf11. Mai 14:20  | Staatsgewalt im Einsatz - Polizei und linke Aktivisten in Hamburg | Foto: dpa |
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Wer auffällt, den kann die Polizei vorbeugend in Haft nehmen, droht Innenminister Schäuble kurz nach der Groß- Razzia bei Gegnern des anstehenden G8-Gipfels. Attac rechnet nun mit noch mehr Zulauf. Gut drei Wochen vor dem G-8-Gipfel in Heiligendamm hat Bundesinnenminister Wolfgang Schäuble (CDU) gewaltbereiten Demonstranten mit vorbeugender Haft gedroht. «Die Polizeigesetze der Länder sehen den so genannten Unterbindungsgewahrsam vor», erläuterte er in der «Bild»-Zeitung die Rechtslage. Danach kann die Polizei Störer je nach Bundesland bis zu 14 Tage vorbeugend in Polizeigewahrsam einsperren, wenn es Anhaltspunkte für geplante Straftaten gibt. Damit setzt Schäuble drei Wochen vor dem Treffen der sieben großen Wirtschaftsnationen und Russlands im hoch gesicherten Ostseebad Heiligendamm seine Warnungen an die Gegner der Globalisierung fort: Nur wer friedlich an den vorgesehenen Orten demonstriert, kann sich sicher fühlen. Am Mittwoch hatten bei bundesweiten Razzien rund 900 Fahnder am Mittwoch in 40 linken Zentren, etwa in Hamburg und Berlin, nach Hinweisen auf geplante militante Aktionen gegen den Gipfel gesucht. Das Ergebnis: Mehr als 20 Ermittlungsverfahren wegen Bildung einer terroristischen Vereinigung. Festgenommen wurde niemand, Beweise präsentiert ebenfalls nicht. Mobilisierung verbessert Die linke Szene reagierte auf die Razzien mit Protesten, in Hamburg gab es Randale. In der Hansestadt rückten rund 1000 Polizisten aus, auch Wasserwerfer wurden eingesetzt. Der Protest von 3000 Menschen in Berlin verlief dagegen weitgehend friedlich. Insgesamt wertete man die Razzien als Drohgebärde des Staates. Die Behörden wollten die Protestszene «einschüchtern und ausspähen», sagte Christoph Kleine, der die für den Gipfel in Heiligendamm geplanten Zufahrtsblockaden organisiert. Die Grünen sahen in den Aktionen einen Versuch Schäubles, «flächendeckende und undifferenzierte» Überwachung durchzusetzen, wie Parteichefin Claudia Roth sagte. Die Linkspartei bezeichnete sie als «Polizeiwillkür». Das globalisierungskritische Netzwerk Attac erwartet nun eine stärkere Mobilisierung von Demonstranten. Es habe viele Anrufe und E-Mails gegeben von Leuten, die erklärt hätten: «Jetzt erst recht», sagte Attac-Mitglied Peter Wahl im ZDF. «Ein Effekt dieser Polizeiaktion ist, dass die Mobilisierung verbessert wird.» Beobachter gehen aber auch davon aus, dass die Razzien friedliche Demonstranten einschüchtern und zu den geplanten Aktionen in Heiligendamm nur noch radikale G8-Gegner kommen. Kein Verstoß gegen Verhältnismäßigkeit Die Politik verteidigte die Razzien am Freitag weiter. «Ich habe nicht die geringsten Zweifel an der Angemessenheit und Seriosität der Maßnahmen», sagte Schäuble selbst, auch CDU-Generalsekretär Ronald Pofalla rechtfertigte das Vorgehen der Sicherheitskräfte. Der Vorsitzende der Gewerkschaft der Polizei (GdP), Konrad Freiberg, betonte im «Münchner Merkur», keiner wolle G-8-Gegner kriminalisieren. Die Polizei wolle in erster Linie dafür sorgen, dass die Menschen ihren Protest deutlich machen könnten. Auch der Berliner Strafrechtler Klaus Rogall hält die Durchsuchungen nicht für überzogen. Allein aus dem Umfang der Aktion und den dem konzertierten Vorgehen der Suchtrupps könne man keinen Verstoß gegen den Grundsatz der Verhältnismäßigkeit herleiten.
Schäuble warnte der «Neuen Presse» in Hannover zufolge vor einer erhöhten Gefährdungslage in Deutschland anlässlich des Gipfels. Man werde alles erdenkliche für ihre Sicherheit tun, sagte der CDU-Politiker und zog eine Parallele zum G8-Gipfel von Schottland. Unter anderem wird die Regierung 1100 Soldaten einsetzen. «Wir sollten gewarnt sein: Während des G-8-Treffens in Gleneagles hat es die schrecklichen Anschläge von London gegeben», so Schäuble. (nz/dpa/AP)
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