USA suchen Kriegsgründe – egal, ob Teheran die IAEA-Forderungen erfüllt oder nicht Die Internationale Atomenergieagentur (IAEA) hat die iranische Regierung vor wenigen Tagen mit einem Ultimatum konfrontiert: Bis zum 31. Oktober muß Teheran eine verschärfte Kontrolle seiner Atomanlagen akzeptieren. Dazu gehört, daß Iran eine »vollständige Erklärung« über sein ziviles Atomenergieprogramm abgeben soll. Zweitens soll Iran ein Zusatzabkommen zum Atomwaffensperrvertrag, dem das Land schon vor Jahren beigetreten ist, unterzeichnen. Es müßte sich damit verpflichten, in weit größerem Umfang als bisher internationale Inspektionen an sämtlichen Atomanlagen zuzulassen. Drittens wird von Teheran verlangt, seine Arbeiten an einer Anlage für Urananreicherung sofort einzustellen. Falls Iran diesen Forderungen nicht in vollem Umfang nachkommt, würde die IAEA voraussichtlich erklären, daß das Land den Atomwaffensperrvertrag verletzt. Unmittelbare Folge wäre, daß alle Staaten sofort ihre Unterstützung des iranischen Atomprogramms einstellen müßten. Das gilt in erster Linie für Rußland, das maßgeblich am Bau des Reaktors in Bushehr beteiligt ist.
Eine weitergehende Konsequenz des IAEA-Ultimatums wäre, daß sich der UNO-Sicherheitsrat mit dem Problem befassen müßte. Dieser könnte als Minimum zunächst wirtschaftliche Sanktionen beschließen. Die amerikanische Regierung hat sofort erklärt, eine Nichtbefolgung des Ultimatums werde als »weiterer Beweis« interpretiert, daß Teheran tatsächlich Atomwaffen produzieren will. Das klingt schon sehr nach Legitimierung künftiger Kriegshandlungen.
Wie Teheran mit dem Ultimatum umgehen wird, ist immer noch ungewiß. Einerseits sind die iranischen Machthaber schon seit etlichen Jahren bemüht, den USA keinen Vorwand für eine militärische Konfrontation zu bieten. In diese Richtung deuten auch Aussagen einiger iranischer Politiker, man wolle mit der IAEA weiter »vertrauensvoll zusammenarbeiten« und habe auch gegen schärfere Inspektionen nichts einzuwenden.
Dagegen stehen Äußerungen, wie jüngst von Irans Vertreter bei der IAEA, Ali Akbar Salehi. In einem Interview mit dem staatlichen iranischen Fernsehen sagte er, Iran habe den Inspektoren der Behörde bisher weitgehende Rechte eingeräumt, zu denen es nach dem Atomwaffensperrvertrag gar nicht verpflichtet wäre. Das werde es künftig nicht mehr geben.
Zutreffend stellte Präsident Mohammed Khatami am Montag fest: »Selbst wenn wir dem Feind keinen Vorwand liefern, wird er einen finden.« Schon die von der IAEA geforderte »vollständige Erklärung« würde von den USA selbstverständlich sofort angezweifelt werden, wobei sie sich weder um die Erkenntnisse der Inspektoren, noch um Fakten oder um die Meinung anderer Regierungen kümmern würden, wie man spätestens seit den Erfahrungen des Irak weiß. Sich auf die Forderungen der IAEA einzulassen, würde für Iran bedeuten, sich der Dynamik einer fortwährend steigernden Erpressung auszuliefern. Aber die Forderungen der IAEA abzulehnen, hätte die internationale Isolierung und wirtschaftliche Strangulierung zur Folge. Denn die ehemaligen Gegner des Irak-Kriegs, Frankreich, Rußland und Deutschland, sind offenbar fest entschlossen, sich an der Erpressung des Iran zu beteiligen. »Nie wieder Krieg ohne uns«, scheint ihre Devise geworden zu sein.
Selbst wenn Teheran dem Ultimatum der IAEA hundertprozentig nachkommen würde, was technisch fast unmöglich und politisch kaum wahrscheinlich ist, liegen schon die nächsten Vorwürfe bereit, die einen passablen Kriegsgrund abgeben würden. Auf einer gemeinsamen Sitzung US-amerikanischer und israelischer Parlamentarier trug in der vorigen Woche Paula DeSutter, Unterstaatssekretärin im US-Außenministerium, das jüngste Gerücht vor: Iran besitze die Fähigkeit, Raketen mit biologischen Gefechtsköpfen auszurüsten. Und: Iran versuche vermutlich, Raketen zu entwickeln, die nicht nur Westeuropa, sondern sogar die USA erreichen könnten. Das ist weitaus mehr, als Saddam Hussein jemals zugeschrieben wurde. Aber noch lange nicht genug: Paula DeSutter verkündete, daß Iran selbstverständlich Atomwaffen entwickeln will, egal was seine Regierung behauptet. Dies sei eine Bedrohung nicht nur für den Nahen Osten, sondern auch für die USA. (Quelle:Jungewelt.de)
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