Gartenarbeiter finden Babyleiche im Park Mordkommission sucht nach der Mutter - Säugling erstickt - Bestürzung bei Anwohnern von André Zand-Vakili und Insa Gall
Mitarbeiter des Gartenbauamtes Mitte machten am Dienstagvormittag eine furchtbare Entdeckung: In einem öffentlichen Park im Stadtteil Rothenburgsort fanden sie die Leiche eines neugeborenen Jungen. Das Baby war offenbar kurz nach seiner Geburt in ein Handtuch gewickelt und in eine Plastiktüte gesteckt worden. Eine erste Untersuchung ergab, dass es unfachmännisch abgenabelt wurde. Noch am Abend ergab eine Obduktion, dass der kleine Junge nach seiner Geburt gelebt hatte und erstickt war. Es ist das erste Mal seit fast einem Jahr, dass in Hamburg ein toter Säugling gefunden wurde.
Zwei Gärtner hatten gegen 11 Uhr im Traunspark bei ihrer Arbeit die Babyleiche entdeckt. Beim Laubharken stießen sie auf eine gefüllte Plastiktüte, die neben einer Bank in einer kleinen Kuhle lag. Sie schauten hinein und schreckten zurück. In der Tüte lag ein lebloses Baby. Der sofort alarmierte und mit einem Rettungshubschrauber eingeflogene Notarzt konnte nur den Tod des Säuglings feststellen.
Die Mordkommission übernahm den Fall. Polizeibeamte und ein Gerichtsmediziner sicherten noch am Fundort Spuren. "Es handelt sich um ein Neugeborenes mit heller Hautfarbe. Teile der Nabelschnur waren noch vorhanden", sagt Polizeisprecher Reinhard Fallak. "Wann das Baby dort abgelegt wurde, ist nicht bekannt. Der kleine Junge ist seit ein bis zwei, maximal drei Tagen tot." Die Mutter des Kindes soll nun ermittelt werden.
Der Fall löste Entsetzen aus. Unmittelbar neben dem Fundort liegt ein Kindertagesheim. Spielgeräte stehen in Sichtweite. Eltern holten ihre Kinder ab, während die Polizei dort mit der Tatortarbeit begann. "Es ist unverständlich, dass ein Baby einfach so wie Müll weggeworfen wird", sagt Anneliese Greter, die am nahen Deich ihren Hund ausführte.
Bestürzung herrscht auch beim Verein Sternipark, der im Jahr 2000 bundesweit, zunächst einmalige, so genannte Babyklappen eingerichtet hat, in denen ungewollte Neugeborene abgegeben werden können. "Für alle Mitarbeiter ist der grausame Fund ein großer Schock", sagt Projektleiterin Heidi Kaiser. Ebensolche Fälle versuche Sternipark mit seinen Angeboten zu verhindern. Die Mutter des toten Jungen müsse vermutlich allein entbunden haben, glaubt Sternipark-Sprecherin Franziska Klotz. Wahrscheinlich habe die Frau ihre Schwangerschaft verheimlicht und versteckt, eventuell selbst sogar lange Zeit verdrängt. Viele Frauen in ihrer Lage hätten Angst, sich zu offenbaren, zögen sich immer stärker zurück und schafften es am Ende nicht mehr, sich aus der selbst verursachten Isolation zu befreien.
"Wir waren froh, dass wir es geschafft hatten, fast ein Jahr lang alle Schwangeren in Not in Hamburg zu erreichen." Im Jahr 2003 hatten zwei Babys über die Babyklappen Aufnahme bei Sternipark gefunden. Um die kleine Sarah, die im Frühsommer geboren wurde, kümmert sich seit Weihnachten wieder ihre leibliche Mutter. Der kleine Tom lebt seit Weihnachten bei Adoptiveltern. Zudem haben vier Hamburgerinnen in den vergangenen drei Monaten das Angebot der anonymen Geburt genutzt. In den mittlerweile zwei Hamburger Babyklappen wurden seit 2000 insgesamt 20 Kinder abgegeben. Zudem hat Sternipark seit Dezember 2000 mehr als 100 anonyme Geburten an Frauen aus dem ganzen Bundesgebiet vermittelt. 60 Prozent dieser Mütter nehmen ihre Kinder später doch noch zu sich. Schwangere oder Mütter in Not finden rund um die Uhr beim kostenlosen Notruftelefon unter 0800-456 07 89 Hilfe.
Artikel erschienen am 14. Jan 2004 Welt.de
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