Die derzeitigen Querelen bei der Zerschlagung von Telecom Italia sind nicht gerade nervenschonend für Investoren - auch nicht für die von Pirelli, das stark an TI beteiligt ist.
In Mafia-Land muss man offenbar mit Allem rechnen. Wahrscheinlich lässt die Regierung die ehemals staatliche italienische Luftlinie Al Italia, die finanziell mit dem Rücken zur Wand steht, jetzt pleite gehen. Telecom Italia ist ebenfalls ein Ex-Staatsmonopolist, allerdings finanziell beiweitem nicht so angeschlagen wie Al Italia. Dennoch fehlen Milliarden - weshalb TI jetzt zerschlagen werden soll.
FTD, 4.10.2006 Prodi gerät im Streit um Telecom Italia in Bedrängnis von Adrian Michaels (Mailand)
Italiens Ministerpräsident Romano Prodi gerät im Streit um staatliche Einflussnahme auf den Telekomkonzern Telecom Italia in Bedrängnis. Er wusste möglicherweise mehr über Pläne zur Zerschlagung des Unternehmens, als er bislang eingestanden hat.
Gegenüber der Financial Times widersprach Ex-Telecom-Chef Marco Tronchetti Provera Prodis Darstellung, er habe nichts von Planspielen gewusst, Telecom Italias Mobilfunktochter zu verkaufen.
Am 11. September hatte Telecom Italia angekündigt, den Konzern in drei Teile zu zerschlagen. Dies wurde extern als Vorbereitung für mögliche Verkäufe bewertet. Schnell wurde der Schritt von Gewerkschaften und Prodi als Ausverkauf italienischer Interessen kritisiert.
Unter den Vorwürfen und Gegenreden hat Tronchettis Ruf ebenso gelitten wie der von Prodi. Oppositionspolitiker, aber auch Mitglieder seiner eigenen Regierungskoalition fordern vom Ministerpräsidenten Aufklärung zu der Frage, was er im Vorfeld über die umstrittene Neuausrichtung von Telecom Italia gewusst hat.
"TIM wurde erwähnt, daran besteht kein Zweifel"
Vergangene Woche hatte Prodi im Parlament erklärt, wenig von den Umbauplänen bei Telecom Italia gewusst zu haben. Aus dem Büro des Ministerpräsidenten hieß es, in zwei Treffen mit Tronchetti sei es um mögliche Geschäfte mit Firmen wie dem US-Medienkonzern News Corp. gegangen. Ein Verkauf von Konzernteilen wie Telecom Italia Mobile (TIM) sei nicht erwähnt worden.
Dem widerspricht Tronchetti Provera. Im Interview sagte er der FT, es gebe "keinen Zweifel", dass Prodi über einen möglichen Verkauf der Mobilfunktochter informiert worden sei. "Ich habe (Prodi) erklärt, dass wir Flexibilität bei den Vermögenswerten benötigen und dass die Möglichkeit besteht, dass wir Teile des Festnetzes verkaufen, Teile von TIM, Teile von allem", sagte Tronchetti. Er hatte nach der heftigen Kritik der Regierung an dem Plan sein Amt niedergelegt.
Die Flexibilität werde benötigt, um "Nutzen aus allen Möglichkeiten zu schlagen, die die nächste Netzwerkgeneration bietet", sagte Tronchetti. "Ich habe dem Ministerpräsidenten gesagt, dass wir frei sein müssen. TIM wurde erwähnt, daran besteht kein Zweifel."
FTD, 19.9.06
Umbau kostet Telecom Italia Milliarden von Adrian Michaels (Mailand)
Telecom Italia wird seine umstrittene Neuordnung vermutlich ohne Fremdfinanzierung stemmen müssen. Aus dem Umfeld der laufenden Strategiegespräche hieß es, dass für die Neuausrichtung schnelle Investitionen in Milliardenhöhe notwendig würden.
Da eine weitere Verschuldung die Bonität gefährden würde, werde Telecom Italia möglicherweise versuchen, in den nächsten Monaten größere Konzernteile zu veräußern. Künftig will Telecom Italia das Festnetz- und Mobilfunkgeschäft abtrennen und sich auf das Breitbandangebot mit Medieninhalten konzentrieren. Die Gründe für die Aufteilung in drei Teile hat der Konzern hingegen noch immer nicht offen gelegt.
Das Vorgehen des Konzerns hat zu einem Streit mit der italienischen Regierung geführt und zum Rücktritt des Telecom-Italia-Chefs Marco Tronchetti Provera. Am Montag legte auch Angelo Rovati sein Amt nieder, ein Berater von Ministerpräsident Romano Prodi. Rovati hatte Provera ohne Rücksprache mit den Koalitionspartnern einen Bericht zukommen lassen, in dem Argumente für eine erneute Teilverstaatlichung des 1997 privatisierten Konzerns aufgeführt werden. Bei Prodis Koalitionspartnern wurde dies als Zeichen dafür gewertet, dass Prodis Büro die Wirtschaftspolitik diktieren wolle.
Staatsanwaltschaft eröffnet Prozessakte
Die Staatsanwaltschaft in Rom teilte unterdessen am Montag mit, dass eine Prozessakte zu den Offenlegungspraktiken Telecom Italias in Bezug auf die Umstrukturierung eröffnet worden sei. Untersucht wird, ob die Arbeit der Börsenaufsicht Consob behindert worden sei, sagte Staatsanwalt Giovanni Ferrara. Eine Untersuchung wurde unumgänglich, nachdem der Telekomkonzern und das Büro Prodis widersprüchliche Darstellungen darüber abgegeben hatten, was diskutiert wurde. Die Staatsanwaltschaft teilte mit, bisher werde gegen niemanden formell ermittelt.
Politiker und Gewerkschaften fürchten, Telecom Italia könnte sich vom Mobilgeschäft ganz trennen. Der neue Konzernchef Guido Rossi sagte, er werde mit dem Umstrukturierungsplan fortfahren. Verkäufe in Brasilien oder Teile der Festnetz-Infrastruktur in Italien könnten als Erstes anstehen. Eine formelle Entscheidung zu Verkäufen wurde noch nicht gefällt.
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