Israel - eine Reise durch die Jahrtausende
Schon immer zog es die Menschen ins Heilige Land. Ob als Eroberer, als Wallfahrer, ob als Siedler oder als Touristen. Immer aber war es das Verlangen dieser Menschen, im Heiligen Land etwas von dem Geheimnis zu erleben, das jene heiligen Orte umgibt, von denen sie gelesen hatten und von denen seit Jahrhunderten berichtet wird. Nirgendwo auf der Welt lässt sich in so wenigen Tagen durch so viele Jahrtausende reisen wie in Israel. Wo sonst, wenn nicht hier, liegen biblische Vergangenheit und eine Gegenwart, welche die Weltpolitik täglich in Atem hält, so eng beieinander.
Ägypter, Philister, Perser, Griechen, Römer, Araber, Kreuzfahrer, Mamelukken, Türken und Engländer haben das Land besetzt, ihm zeitweilig ihren Stempel aufgedrückt, ohne aber je wirklich ihr Herz dort verloren zu haben. Dies war den Juden vorbehalten, die das Land niemals aufgegeben hatten. Weder im bitteren Babylonischen Exil noch in den 2000 Jahren der Diaspora konnte es aus dem jüdischen Denken und Fühlen verbannt werden. Israel war und ist nun wieder ein jüdisches Land, auch wenn die römischen, persischen, arabischen, fränkischen oder türkischen Eroberer die jüdische Vergangenheit des Landes in Vergessenheit geraten ließen. Gleichwohl haben auch die arabische sowie die christliche Kultur das Land nachhaltig geprägt.
Und wenn der Talmud sagt, dass das Land Israel vor allen Ländern geheiligt ist und den Gläubigen darum ermahnt, dort zu leben, und sei es in einer Stadt mit einer nichtjüdischen Mehrheit, dann versteht man, warum Israel vor allem für die Juden das Heilige Land ist.
Zwischen Tora, Bibel und Koran
Religion ist in Israel, wie überall im Nahen Osten, Grundlage und wichtigstes Unterscheidungsmerkmal des Gemeinschaftslebens. Tora, Bibel und Koran bestimmen das Leben des Staates ebenso wie das des Einzelnen. Aber dass heute nur die Juden mit Israel ihren eigenen Staat besitzen, um den die Palästinenser noch immer ringen, ist das eigentliche Wunder. Die Juden sind, wie es in einem immer noch populären Lied heißt, in ihre Heimat zurückgekehrt, um »zu schaffen und neu erschaffen zu werden«. Man kann Israel nicht mit anderen Ländern vergleichen. Jede seiner Besonderheiten ist ein Produkt seiner Religion und seiner Entstehungsgeschichte. An erster Stelle steht die jahrtausendealte jüdische Religion, die bis heute die jüdische Identität bestimmt. Eine Religion, die tief in den Alltag der Menschen eingreift. Eine Religion, die nicht auf Mission, sondern auf Exklusivität bedacht ist. Die zweite Besonderheit ist der Zionismus, ein Produkt des späten 19. Jh. und des europäischen Nationalismus, aber auch eine Reaktion auf den Antisemitismus. Die dritte Besonderheit stellt die Shoa dar, die Ermordung von mehr als sechs Millionen Juden. Mit dem ›Erbe der Shoa‹ demonstrieren auch weltliche Israelis ihre Verbundenheit mit der jüdischen Tradition. Aber in dem Maße wie Israel ›jüdischer‹ wird, verliert das Land seine israelische, seine zionistische Identität. Auch wenn in den vergangenen Jahren mehr als eine halbe Million ›Olim Hadashim‹ (Neueinwanderer) ins Land gekommen ist - die Mehrheit aus der ehemaligen Sowjetunion, aus Südamerika und Äthiopien -, so leben doch auch fast zehn Prozent der Israelis im Ausland, weil das Leben im jüdischen Staat ihnen mehr abverlangt, als sie zu geben bereit sind.
Objekt der Begierde
Die Gründung von Israel gilt als eines der aufregendsten Experimente der modernen Geschichte, das bis heute noch nicht zu Ende ist. Die Bewohner des Landes stammen aus über hundert Ländern, sprechen mehr als hundert Sprachen, sind ashkenazische Juden aus Mittel- und Osteuropa, sefardische Juden von der Iberischen Halbinsel und aus Nordafrika, orientalische Juden aus Syrien, dem Irak oder dem Jemen, ›gelbe‹ Juden aus China und Indien oder ›schwarze‹ Juden aus Äthiopien. Was also macht dieses kleine Land im Nahen Osten, das die Fantasie und die Begehrlichkeit so vieler Völker erregte und noch immer beschäftigt, so interessant? Israel ist ein kleines Land, kleiner als das deutsche Bundesland Hessen. Die Größe des Landes aber steht in keinem Verhältnis zu seiner geschichtlichen Bedeutung. Was in Israel geschieht, ist immer eine Nachricht wert. Und so berichten aus Israel mehr ausländische Journalisten als aus irgendeinem anderen Land der Welt. Die Bilder von Bombenopfern in Jerusalem oder Tel Aviv, vom Massaker in Hebron, von Steine werfenden palästinensischen Jugendlichen der Intifada oder von den demonstrierenden orthodoxen Juden im Golan oder der Westbank haben unser Bild von diesem Land geprägt. Doch ist dieses Bild zu einseitig. Israel - das sind die Kibbuzim, aus denen sich die Eliten des jungen Staates rekrutierten. Israel - das sind die neuen Zentren und die Gartenstädte mit ihren weißen Häusern der Bauhaus-Architekten. Israel - das ist der Triumph menschlicher Intelligenz über die Natur, der Sieg über malariaverseuchte Gebiete und eine trostlose Wüste. Israel - das ist auch sichtbares Beispiel eines der erfolgreichsten Aufforstungsprojekte in diesem Jahrhundert. Denn das Heilige Land wird bald wieder so bewaldet sein wie vor 2000 Jahren.
Gottes Verheißung oder Zwischen Sünde und Erlösung
40 Jahre waren die Juden in der ungastlichen Wüste unterwegs, bis sie die Grenze des Landes Kanaan erreichten. In das Land, das Gott ihnen gezeigt hatte. Heute genügen wenige Flugstunden, um denselben Weg zurückzulegen. Und dennoch: Wer das Land von Norden nach Süden und von den Küsten des Mittelmeers bis zur jordanischen Grenze in nur wenigen Tagen durchquert, hat trotzdem mehr gesehen als in vielen anderen Ländern. An drei Orten muss jeder Israel-Besucher aber auf jeden Fall gewesen sein, so heißt es in einem der vielen Bücher über das Heilige Land: In Tel Aviv für die Sünde, in Jerusalem für die Erlösung von der Sünde und in Elat für die Erholung von beidem.
Aber Israel hat natürlich mehr zu bieten als heilige und weniger heilige Stätten. Wer mag, kann morgens an den Ausläufern des Hermon Ski fahren und nachmittags im Toten Meer baden. Und entlang der endlosen Mittelmeerküste sind die Seebäder und Strände wie an einer ›weißsandigen‹ Schnur aufgereiht. In Jerusalem oder in Jaffa macht man Bekanntschaft mit dem Orient oder mit dem, was von ihm geblieben ist. Ob man in den smaragdgrünen Korallengründen vor Elat taucht, sich gefangen nehmen lässt von der Stille der heiligen Stadt Safed oder in die europäische Welt von Haifa eintaucht - immer erlebt man ein vielseitiges Land, das einen in Atem hält, das niemals langweilig ist. Vielleicht liegt das daran, weil Israel gleichzeitig so klein und so groß ist.
Die Farben des Frühlings
Und wer den Israeli kennen lernen will, der muss im Frühjahr ins Land kommen. Dann nämlich - vorausgesetzt der
Winter brachte reichlich Regen - strömen die Menschen aus den Städten in die Wüste, um das Wunder zu sehen. Plötzlich funkeln überall scharlachrote Wildtulpen, glüht der Asiatische Hahnenfuß, leuchtet der weiße Asphodelus. Dann sind die Berghänge goldgelb gefärbt von kleinen Korbblütlern und den rot und gelb strahlenden Sonnenröschen. Die Wüste lebt, auch wenn mit dem Bau immer neuer Trabantenstädte um Jerusalem die Wüste buchstäblich aus dem Blickfeld verschwindet. Im Frühling aber erinnert sich der Israeli wieder seiner Herkunft und daran, dass die drei großen Weltreligionen aus der Wüste kamen, wo die sengende Hitze, Einsamkeit und Gottverlassenheit die Menschen dazu brachte, die Idee vom Monotheismus in die Welt zu setzen.
Der Reiseführer
Dieser Band stellt das abwechslungsreiche Israel in sieben Kapiteln vor, beginnend mit Jerusalem und dem Umland der Heiligen Stadt. Anschließend werden die Landschaft zwischen dem Toten und dem Roten Meer, sodann die Mittelmeerküste bis Nahariyya und schließlich die Landschaft Galiläa sowie die Golanhöhen und die ›Region der Wunder‹ rund um den See Genezareth beschrieben. Den Besichtigungspunkten sind jeweils Praktische Hinweise mit Informationsbüros sowie persönlich ausgewählten Hotel- und Restaurantempfehlungen angefügt. Übersichtskarten und Stadtpläne helfen bei der Orientierung, die Top Tipps gewährleisten ein schnelles Auffinden der Highlights. Israel aktuell A bis Z bietet, alphabetisch geordnet, Nützliches, u. a. zu den Themen Anreise, Einkaufen und Feste. Hinzu kommt ein umfassender Sprachführer. Kurzessays runden den Reiseführer ab.
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