Ohne den Schwarzmahler spielen zu wollen. Ich glaube bloß nicht das viele von den Internetaktien jetzt billig sind. Habe aber den Eindruck das das hier im moment schon wieder der vorherschende Tenor ist. Mann kann jetzt sicherlich schon das eine oder andere Schnäpchen machen. Hier werden aber schon wieder die heissesten sachen gehandelt. Man kann das Geweine beim nächsten Kursrückgang schon fast wieder hören. Gottfried Heller war Partner vom vor kurzem verstorbenen Andre Kostolany.
Wer zu gierig ist, den bestraft die Börse
Kolumne
Von Gottfried Heller
Auch nach dem drastischen Kurseinbruch von etwa 30 Prozent seit März sind die High-Tech- und Internet-Werte immer noch absurd überbewertet. So werden die Kurse an der Nasdaq mit einem Kurs/Gewinn-Verhältnis von fast 200 bewertet. Zählt man die Unternehmen, die rote Zahlen schreiben, hinzu, dann steigt das Kurs/Gewinn-Verhältnis sogar auf über 300. Ähnliche Zahlen ergeben sich für den Neuen Markt.
Zum Höhepunkt der wilden Spekulation Ende 1989 war der japanische Nikkei-Index etwa mit dem 80-fachen Gewinn bewertet. Dann platzte die Börsenblase. Der Nikkei verlor im Lauf von neun Jahren zwei Drittel seines Wertes und steht heute - nach einem Anstieg von gut 30 Prozent seit seinem Tiefpunkt - immer noch mehr als 50 Prozent unter seinem Höchstwert. Die Bewertung der japanischen Börse betrug vor dem großen Börsenknall etwa das vierfache der anderen Börsen. Die Bewertung der Nasdaq beträgt mehr als das sechsfache des Weltaktienindexes.
Die heutige wilde Spekulation in den Technologie- und Internet-Aktien ist nach Ansicht des amerikanischen Notenbankchefs Alan Greenspan nicht vom Spielcasino zu unterscheiden. Tatsächlich war wohl die Gelegenheit, aus der Gier und der Ignoranz der Aktienkäufer Geld zu machen, noch nie größer als heute. Kein Wunder, dass in dieser Goldgräberstimmung zunehmend auch Unternehmen an die Börse gebracht werden, die eher einem Luftschloss gleichen, bewohnt von Glücksrittern.
Doch einmal ganz abgesehen davon, ob die Börsendebütanten bona fide sind oder nicht, bleibt die Tatsache, dass selbst bei blendenden Zukunftsaussichten der Kauf einer mit dem 200-fachen Gewinn bewerteten Aktie eine höchst riskante und selten eine lohnende Spekulation ist. Um das zu beweisen, bedarf es keiner höheren Mathematik, es genügen die Grundrechenarten. Auch ein rasant wachsendes Unternehmen wird an der Börse über kurz oder lang auf den Boden der Tatsachen zurückgeholt, nach der Faustregel, dass das Kurs/Gewinn-Verhältnis nicht höher sein soll als das prozentuale Gewinnwachstum. Selbst ein Unternehmen mit einem Gewinnwachstum von 40 Prozent im Jahr müsste diese Leistung vier Jahre lang wiederholen, um dann auf die ihm angemessene Bewertung zu kommen - bei unverändertem Kurs! Sollte die Aktie auch nur um 15 Prozent pro Jahr steigen - bescheiden für ein Wachstumsunternehmen - müsste die Firma schon sieben Jahre lang jährlich den Gewinn um 40 Prozent steigern. In den meisten Fällen gelingt das nicht und dann bleibt nur die Anpassung des Börsenkurses - nach unten!
Das steht der Mehrzahl der überbewerteten Hoffnungswerte in den nächsten Jahren bevor. Und viele werden es gar nicht bis in die Gewinnzone schaffen und pleite gehen, einige vielleicht schon in diesem Jahr. Das bedeutet Totalverlust für die Geldgeber, die Aktionäre. Und die haben viel zu verlieren, denn in Deutschland - genauso wie in den USA - haben sie seit dem letzten Jahr ihr Geld vorwiegend in die aggressiven High-Tech-Fonds, die wie Pilze aus dem Boden schossen, investiert.
Dagegen haben sie die Fonds der Schwellenmärkte gemieden. Das waren die Börsenlieblinge Anfang der 90er Jahre. Aber dann kamen herbe Rückschläge. Die Anleger verkauften ihre Anteile. Das Fondsvermögen der Emerging Markets schrumpfte fast auf die Hälfte. Und auch heute denken einige Fondsgesellschaften mangels Anlegerinteresse daran, ihre Fonds zu schließen. Und dies, obwohl die Börsen der Schwellenländer im Jahr 1999 mit einem Anstieg von 90 Prozent den Index der Industrieländer um mehr als das doppelte geschlagen haben. Die Bewertung der Schwellenländer beträgt mit einem Kurs/Gewinn-Verhältnis von 25 nur etwa ein Zehntel der der Technopapiere an der Nasdaq. Die Unterbewertung der Schwellenbörsen zeigt sich auch darin, dass deren Anteil an der gesamten Börsenkapitalisierung der Welt nur elf Prozent ausmacht, obwohl ihr Anteil am Welt-Bruttosozialprodukt genau das Doppelte beträgt.
Ich erwarte, dass Fonds der Emerging Markets auf Sicht von zwei bis drei Jahren deutlich besser abschneiden werden als High-Tech-Fonds. Denn alte Börsenregeln gelten immer noch und eine davon lautet: Die günstigsten Kaufkurse bieten sich, wenn Pessimismus herrscht, die besten Verkaufskurse bei übertriebenem Optimismus.
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