Das eine ist modern, tolerant, weltoffen, das andere ist einfach nur verabscheuungswürdig. Wenn man Meldungen in israelischen Zeitungen liest, was ich mir hin und wieder antue, kann einem manchmal nur der Kaffee hochkommen. Olmert behauptet ja auch nicht ohne Grund, dass die isralischen Araber diskriminiert werden. Man kann nur hoffen, dass die vernünftigen Israelis sich auf Dauer durchsetzen. Wenigstens scheint ja nun langsam die Entwicklung zur Zweistaatenlösung zu gehen.
Hier für alle Hardliner noch ein paar ziemlich aktuelle Worte von einem Friedenspreisträger und ehemaligen Knesset-Abgeordneten:
Israelischer Faschismus ist quicklebendig. Er wächst in einem Saatbeet, das schon in der Vergangenheit verschiedene national-religiöse Untergrundgruppen hervorbrachte: die Gruppe, die die Heiligen Stätten des Islam auf dem Tempelberg zu zerstören versuchte, der Untergrund, der die palästinensischen Bürgermeister umzubringen versuchte, die „Kach“-Bande, den Täter des Hebron-Massakers Baruch Goldstein, den Mörder des Friedensaktivisten Emil Gruenzweig, den Mörder von Yitzhak Rabin und all die Untergrundgruppen, die rechtzeitig entdeckt wurden und deshalb gar nicht in der Öffentlichkeit bekannt wurden.
All diese Akte können nicht einfach Einzeltätern oder „Außenseitergruppen“ zugeordnet werden. In der israelischen politischen Gesellschaft existiert eindeutig ein faschistischer Sektor. Seine Ideologie ist religiös-nationalistisch, und seine spirituellen Führer sind meistens „Rabbiner“ , die das entsprechende Weltbild und die praktische Anwendung formulieren. Diese jüdischen Götzendiener arbeiten nicht im Geheimen - im Gegenteil. Sie bieten ihre Waren offen auf dem Markt an.
Dieser Sektor ist in den ideologischen Siedlungen konzentriert. Das heißt nicht, dass alle Siedler Faschisten sind. Aber die meisten Faschisten sind Siedler. Sie sind konzentriert in bestimmten wohl bekannten Siedlungen. Zufällig - oder auch nicht zufällig - liegen alle diese Siedlungen mitten in der Westbank, jenseits der Trennungsmauer. Die ersten von diesen wurden mit Hilfe des „Linken“ Yigal Allon im Raum Hebron und im Raum Nablus mit Hilfe des „Linken“ Shimon Peres errichtet.
WÄHREND der letzten Monate haben sich die Vorfälle stark vermehrt, bei denen die Siedler Palästinenser, Soldaten, Polizisten und „Linke“ angreifen.
Diese Taten werden ganz offen begangen, um zu terrorisieren und abzuschrecken. Siedler randalieren in palästinensischen Dörfern, deren Land sie begehren, oder aus Rache. Es sind „Pogrome“ im klassischen Sinn des Wortes: Ausschreitungen durch einen bewaffneten Mob, der von Hass gegen hilflose Leute erfüllt ist, während die Polizei und die Armee zusieht. Die Aufrührer zerstören, verletzen und töten. In diesen Tagen geschieht dies immer häufiger.
In den wenigen Fällen, bei denen die Armee oder die Polizei einschreitet, wenden sie sich nicht gegen die Siedler, sondern gegen den belagerten palästinensischen Bauern und die israelischen Friedensaktivisten, die ihnen zu Hilfe kommen. Die Sprecher des Sicherheitsestablishments und die Kommentatoren versuchen, ausgewogen zu klingen und sprechen über „Aufrührer von Links und Rechts“. Das ist ein Beispiel für Pseudo-Objektivität, das selbst wiederum aus dem faschistischen Trickarsenal stammt.
Die Siedlerpogrome sind von Natur gewalttätig, und zwar in Gedanken und Taten, während die Friedensaktivisten im Prinzip gewaltlos sind. Wenn es Gewalt gibt, dann kommt sie von der Armee und der Grenzpolizei unter dem Vorwand, dass einheimische Jugendliche Steine geworfen hätten. Was nicht erwähnt wird, ist, dass die Soldaten und Grenzpolizisten in schwerer Schutzkleidung und in gepanzerten Jeeps die palästinensischen Demonstranten bis in die Gassen ihrer Dörfer verfolgen.
Die „Kühnheit“ der rechtsextremen Schlägertypen – oder „rechte Aktivisten“ wie die Medien sie höflicherweise nennen – nimmt täglich zu. Sie tun, was ihnen gefällt, da sie genau wissen, dass ihnen kein Leid angetan wird, die Polizei geht nicht weiter gegen sie vor, da sie weiß, dass die Gerichte sie nicht entsprechend bestrafen werden.
JEDER, DER die Geschichte des Nazismus kennt, kennt auch die schändliche Rolle, die die Gerichte und Polizeibehörden in der deutschen Republik gegenüber Gesetzesübertretern gespielt haben, deren erklärtes Ziel es war, dem demokratischen System ein Ende zu bereiten. Die Richter verhängten lächerlich leichte Strafen für Nazi-Aufrührer, die sie als „fehlgeleitete Patrioten“ betrachteten, während kommunistische Aufrührer als ausländische Agenten und Verräter bestraft wurden.
Nun erleben wir dieses Phänomen hier. Die das Gesetz-übertretenden Siedler erhalten symbolische Strafen, während die Palästinenser, die wegen viel geringerer Straftaten angeklagt werden, harte Strafen erhalten. Selbst ein Siedler, der seinen Hund auf einen Kompaniekommandeur ansetzt, oder ein Siedler, der einem Bataillonchef die Knochen bricht, geht heutzutage straffrei aus.
Das interne Armee-Justizsystem kann nur noch als monströs bezeichnet werden: Der Kommandeur, der eine blutende, in starken Wehen befindliche Frau am Kontrollpunkt aufhielt, was den Tod des Neugeborenen verursachte, wurde nur mit zwei Wochen Arrest bestraft. Der Kommandeur, der einem Soldaten befahl, einem gefesselten palästinensischen Gefangenen ins Bein zu schießen, wurde „versetzt“, was bedeutet, dass dieser Kriegsverbrecher in einer andern Einheit dienen kann.
WEIST DAS Anwachsen und die Schwere der Vorfälle auf ein Anwachsen des israelischen Faschismus hin? Auf den ersten Blick könnte man diesen Eindruck bekommen.
Doch nach längerem Nachdenken glaube ich, dass das Gegenteil der Fall ist
Die fanatischen Siedler wissen schon, dass sie die öffentliche Meinung in Israel nicht mehr hinter sich haben und dass die normalen Bürger sie als gefährliche Schlägertypen ansehen. Ihre Aktionen, die man im Fernsehen sieht, erzeugen Widerwillen, ja sogar Abscheu. Die Vision „ das ganze Land Erez Israel“ hat nicht nur an Höhe verloren – sie zerschmettert auf dem Boden der Realität. Die Zeloten handeln aus Schwäche und Frustration.
So wie die Nazis die deutsche Republik hassten, beginnen diese Fanatiker, den Staat Israel zu hassen. Und aus gutem Grund. Sie sehen, dass sie keinen Platz im nationalen Konsens haben, der sich um das Konzept „Zwei Staaten für zwei Völker“ festigt, ob dies nun aus negativen Gründen akzeptiert wird - aus demographischen Befürchtungen oder wegen der Last der Besatzung - oder aus positiven Gründen, wie der Hoffnung auf Frieden und Wohlstand nach dem Rückzug aus den besetzten Gebieten.
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