Hamburg – Überrascht hat Thorsten Proettel nur, dass es so schnell ging. Bis vor kurzem war der Edelmetallexperte der Landesbank Baden-Württemberg noch davon ausgegangen, dass es etwa im September so weit sein würde: Dann werde der Goldpreis die 900-Dollar-Marke knacken. Nun war es schon heute am frühen Abend soweit. 900,10 Dollar kostete eine Unze an der New Yorker Börse da.
Goldschmuck aus Kuala Lumpur: Die Minen der Welt geben immer weniger her Großbildansicht REUTERS
Goldschmuck aus Kuala Lumpur: Die Minen der Welt geben immer weniger her Grundsätzlich aber ist der Trend nach oben schon seit dem Sommer nicht mehr zu übersehen. In unsichern Zeiten besinnen sich Anleger gerne auf das Ursprüngliche, und als die US-Immobilienkrise die internationalen Kreditmärkte in helle Aufregung versetzte, taten viele Anleger das, was sie oft tun: Sie flüchten sich ins Gold.
Es gibt genug Gründe für Skepsis über die Weltwirtschaft. 2007 stiegen die Inflationszahlen weltweit. Die Wirtschaftsdaten der USA sind beängstigend schlecht – die Arbeitslosenquote rutschte im Dezember auf fünf Prozent und damit auf den höchsten Stand seit zwei Jahren. Der Chefökonom der Investmentbank Merrill Lynch, David Rosenberg, sieht die größte Volkswirtschaft der Welt schon in der Rezession (mehr...).
Gestern äußerte sich dann auch noch US-Notenbankchef Ben Bernanke besorgt (mehr...): Er gehe derzeit zwar nicht von einer Rezession in den USA aus, aber von einer Verlangsamung des Wirtschaftswachstums. Und: Er werde die Zinsen sofort senken, wenn das nötig sei, um eine Rezession noch zu vermeiden, sagte Bernanke.
Sinkende Zinsen befeuern die Inflation. Kein Wunder, dass es seit der Rede beim Goldpreis kein Halten mehr gab. "Gold ist die klassische Absicherung, etwa um Zinsverluste durch die Inflation zu vermeiden", sagt Proettel. "Die Anleger sind pessimistisch. Sie haben sich ihre Meinung schon gebildet und schichten angesichts der schwachen Aktienkurse um." Dieser Trend werde anhalten, so lange die Nachrichtenlage so schlecht bleibt.
Im Februar ist Hochzeitssaison in Indien
Denn Gold hat im Gegensatz zu anderen Edelmetallen die auf den ersten Blick absurde Eigenschaft, dass der Preis auch steigt, wenn es mit der Wirtschaft bergab geht. Das liegt vor allem daran, dass Gold kaum sinnvoll verwendet wird. Nur 12 Prozent der weltweiten Produktion werden von der Industrie benutzt – ansonsten ist Gold allein zur Schmuckproduktion gut, und eben als Investment. Andere Edelmetalle finden zu einem guten Teil dagegen auch in der Industrie Verwendung. Deshalb sinkt die Nachfrage, wenn es der Wirtschaft schlechter geht. Viele Experten erwarten deshalb selbst beim Öl eine gewisse Entspannung in naher Zukunft.
Das heißt nicht, dass der Goldpreis nur in wirtschaftlichen Krisenzeiten anzieht. Tatsächlich steigt er seit Jahren - seit Januar 2005 hat er sich sogar mehr als verdoppelt. Daran ist vor allem die Tatsache Schuld, dass die weltweiten Vorräte an dem kostbaren Edelmetall zur Neige gehen. Die Minen der Welt geben vielerorts immer weniger her. "Besonders drastisch ist die Entwicklung zum Beispiel in Südafrika. Dort wurden 1970 noch rund 1000 Gold pro Jahr gefördert", sagt Proettel. "2008 werden es schätzungsweise nur 260 Tonnen sein." Auch wenn es nicht in allen Herkunftsländern so schlimm aussieht – "im Saldo sinkt die Produktion", sagt Proettel. Dafür steigt die Nachfrage schon deshalb an, weil die Weltbevölkerung wächst. Und vor allem in den Wirtschaftswunderländern Indien und China wollen immer mehr Menschen mit ihrem neugewonnenen Reichtum Goldschmuck kaufen. "Im Februar läuft die Hochzeitssaison in Indien an, und das spielt eine große Rolle für den jetzigen Goldpreis. An einem Tag finden bis zu 10.000 Hochzeiten statt, da wird sehr viel Gold nachgefragt", sagt etwa der Goldexperte der Commerzbank, Eugen Weinberg, in einem Interview mit manager-magazin.de.
Eigentlich, so könnte man meinen, ist Gold somit eine ziemlich sichere Sache für Anleger. So mancher Experte warnt trotzdem: Der aktuelle Preisanstieg ist vor allem den aktuellen Ereignissen geschuldet – deshalb könnten die Preise auch jederzeit wieder einbrechen. Andere Analysten, zu denen auch Proettel gehört, glauben dagegen: Der heutige Rekord war nur ein Zwischenhoch. "1000 Dollar wird der Markt dieses Jahr bestimmt noch testen", sagt etwa Proettel. Der Ökonom erwartet derzeit, dass es etwa Ende des Jahres soweit sein wird. Doch angesichts der Unsicherheiten auf dem Kreditmarkt und der ungewissen Entwicklung der US-Wirtschaft könnte es natürlich auch sehr viel früher soweit sein.
Quelle: Spiegel Online ----------- Wer Lehrgeld zahlt wird nicht reich aber weise!
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