Die Entscheidung von Bundespräsident Horst Köhler, den Bundestag aufzulösen, war gleichzeitig auch der offizielle Wahlkampf-Auftakt in Deutschland. Die CDU richtet sich nach den Worten ihres Generalsekretärs Volker Kauder auf einen einheitlichen Wahlkampf für ganz Deutschland ein. Im ZDF-Morgenmagazin sagte Kauder am Freitag, als Reaktion auf das Anwachsen der Linkspartei im Osten habe die Union keine gesonderte Strategie für die neuen Bundesländer."Es gibt keinen besonderen Wahlkampf für irgendein Bundesland", betonte er. Der CDU-Politiker fügte hinzu: "Wir machen einen Wahlkampf in ganz Deutschland für ganz Deutschland." Aber natürlich würden die Landesverbände auf die Besonderheiten in ihrem Land hinweisen, sagte Kauder weiter. Baden-Württemberg habe seine starkeWirtschaftskraft, Sachsen, Thüringen und Sachsen-Anhalt biete die bei Pisa bestätigten Erfolge in der Bildungspolitik. Das gehöre alles in das Gesamtkonzept des Wahlkampfes.SPD: "60 Tage Zeit, um das Blatt zu wenden"SPD-Generalsekretär Klaus Uwe Benneter hat die Entscheidung von Bundespräsident Horst Köhler begrüßt. «Ich hatte eigentlich nichts anderes erwartet», sagte Benneter am Freitag. Jetzt wisse man, «dass in 60 Tagen der Wahltag ist und wir noch 60 Tage haben, um das Blatt zu wenden». Die SPD werde einen «Gesamtwahlkampf» führen, ein «Sonderwahlkampf» für den Osten sei nicht sinnvoll.N24-Umfrage: Zwölf Prozent für die LinksparteiKnapp zwei Monate vor der Bundestagswahl wird das Rennen wieder spannender. Bei einer neuen Umfrage liegen CDU/CSU und FDP erstmals seit Beginn der Neuwahldiskussion unter 50 Prozent. Laut Infratest Dimap blieb die Union gegenüber der letzten Erhebung unverändert bei 42 Prozent, während die FDP von acht auf sieben Prozent zurückging. Mit 49 zu 48 Prozent sank damit der Vorsprung von Schwarz-Gelb vor SPD, Grünen und Linkspartei auf ein Minimum von 49 zu 48 Prozent zusammen. Das Linksbündnis aus PDS und WASG ist dagegen weiter auf dem Vormarsch.Wenn am Sonntag Bundestagswahl wäre, würden nur noch 43 Prozent der Bundesbürger CDU/CSU wählen. Das ergab die aktuelle N24-emnid-Umfrage. Vor einem Monat lag die Union noch bei 45 Prozent. Ende Mai erreichte sie Umfragewerte von 47 Prozent. Nach der aktuellen Sonntagsfrage käme die SPD auf 27 Prozent, die Grünen auf acht Prozent, die FDP auf sieben Prozent. Die Linkspartei erreicht inzwischen satte zwölf Prozent. Im Osten ist die Linkspartei sogar stärkste Kraft, und liegt bei 31 Prozent. Nur 29 Prozent der Bürger im Osten würden die Union wählen und 23 Prozent die Sozialdemokraten. Die Grünen liegen im Osten bei vier, die FDP bei sieben Prozent.Die N24-emnid-Umfrage hat ergeben, dass Oskar Lafontaine und Gregor Gysi vor allem im Osten bei den Menschen ankommen. Auf die Frage: "Haben Oskar Lafontaine und Gregor Gysi wirklich ein Herz für die kleinen Leute, oder handeln sie lediglich aus politischem Kalkül heraus?" sagen immerhin 30 Prozent, dass die Linkspartei-Chefs es ehrlich meinen. 66 Prozent unterstellen ihnen politisches Kalkül. Im Westen glauben dagegen nur 16 Prozent an Lafontaines und Gysis Herz für die kleinen Leute. 77 Prozent sehen nur ein politisches Kalkül hinter Ihren Aussagen. Für Gesamtdeutschland heißt das, 19 Prozent vertrauen Gysi und Lafontaine, 75 Prozent sehen in ihren Aussagen nichts anderes als politische Strategie.Klagen beim BundesverfassungsgerichtDie Abgeordneten Werner Schulz (Grüne) und Jelena Hoffmann (SPD) haben unterdessen bekräftigt, dass sie vor dem Bundesverfassungsgericht gegen die Auflösung des Bundestages klagen wollen. Schulz sagte am Freitag im Deutschlandradio Kultur, erwolle mit seiner Klage auch erreichen, dass die «Grundregeln der Demokratie wieder ins Lot» kommen. Hoffmann sagte im Deutschlandfunk, sie halte an ihrer Klage fest, weil der Weg zur Neuwahl über die Vertrauensfrage «unecht und unehrlich» gewesen sei.Außer den beiden Abgeordneten haben mehrere kleine Parteien Organklagen gegen die Entscheidung des Bundespräsidenten angekündigt. Die Republikaner erklärten am Donnerstagabend, dass dies umgehend per Brief geschehen werde. Die Familien-Partei kündigte für kommende Woche eine Klage an, an der sich die ÖDP beteiligen will. Eine dritte Klage kündigte die Deutsche Zentrumspartei an. Zudem erwägt die Tierschutzpartei, sich einer Klage anzuschließen. Es wird damit gerechnet, dass die Verfassungsrichter bis Ende August entscheiden.(dpa, AP)
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