Arques: Verschmähte Perle?
08:00 04.07.08
Gestern besuchte ich die Hauptversammlung der Arques Industries AG im Messezentrum München. Ziel meines Besuchs war es herauszufinden, was die Ursache des Kursverfalls war bzw. ist. Dabei gab es für mich im Vorfeld nur zwei Alternativen: Betrug oder Vertrauensverlust aufgrund ungeschickten Agierens.
Vorweg schon einmal mein Fazit: Ich schließe Betrug, was das jetzige Management angeht, nahezu aus. Meines Erachtens spiegelt der Kursverlust einen Vertrauensverlust wider, der auf eine Mischung aus ungeschickter Vorgehensweise, mangelnder Kommunikation und unprofessionellen Verhaltens zurückgeht. Dazu kommt, dass ich das Gefühl nicht los werde, dass viele Anleger und auch Analysten das Geschäftsmodell nicht richtig verstanden haben. Das übrigens intakt ist und funktioniert. Und schließlich belastet die Insolvenz des einstigen Portfoliounternehmens Arquana AG. Aber eins nach dem anderen.
Dass die Aktionäre geladen waren und massive, zum Teil auch ungerechtfertigte Kritik äußerten, war zu erwarten. Auch ich bin als Aktionär nicht gerade begeistert über die Leistung des Managements. Dennoch weiß ich, dass der Kurs nicht entscheidend ist, sondern der innere Wert eines Unternehmens. Und den gilt es zu taxieren. Und da steht nach wie vor ein Net Asset Value von 541 Mio. Euro. Wobei die Arques selbst derzeit an der Börse nur noch ca. 154 Mio. Euro wert ist.
Das hat natürlich mit der größten Beteiligung Actebis zu tun. Ein Fehler, wie Herr Dr. Schuhmann erst kürzlich in einem Interview - leider etwas spät - einräumt. Aber nicht, weil Europas drittgrößter IT-Distributor marode wäre, sondern weil den Anlegern das 253 Mio. Euro Klumpenrisiko einfach zu hoch erscheint. Was man nachvollziehen kann. Eine Nummer kleiner hätte es auch getan. Dennoch, Vorstand und Aufsichtsrat bezeichnen die Actebis als Perle, an der man noch viel Freude haben wird, wobei der Aufsichtsratsvorsitzende eine Bewertung von 300 Mio. Euro (Anschaffungskosten 110 Mio. Euro) in den Versammlungssaal warf. Ob das klug war?
Der verhielt sich übrigens – obwohl sicherlich gut gemeint – zuweilen recht unprofessionell und zog damit am Ende sogar einen m.E. unbegründeten Antrag auf Ablösung des Versammlungsleiters auf sich. Sein Versuch, in seiner Rede den Kurs anhand von Ereignissen zu erklären, öffnete Missdeutungen geradezu Tür und Tor. Und da bin ich schon bei meinem Hauptkritikpunkt. Der doch recht unprofessionellen Informations- und Kommunikationspolitik (auch der IR-Abteilung), die sich wie ein roter Faden durch die Hauptversammlung zog.
Man hatte das Gefühl, dass wichtige Informationen nur auf Druck kritischer Aktionäre zur Verfügung gestellt wurden. Das sollte das Management schleunigst abstellen und diesbezüglich endlich professionelle Hilfe annehmen. Jeder Euro, der da investiert wird, ist ein gut angelegter Euro. Es kann nicht sein, dass meine Nachfrage bei der Investor Relations über den Verkaufspreis der Vorratsgesellschaft einen Tag zuvor abschlägig beantwortet wird und Dr. Schuhmann diese Zahl dann auf der HV ohne Probleme nennt.
Und dennoch hatte ich die ganze HV über den Eindruck, dass der Vorstand die teils respektlosen, teils auch unqualifizierten Fragen, mit einer Engelsgeduld und nach bestem Gewissen beantwortete. Soweit möglich. Und dass Fragen zu den Verkaufswerten unbeantwortet bleiben, ist normal und absolut richtig. Wir würden uns ja als Gesellschafter ins Knie schießen, wenn wir denn potentiellen Beteiligungskäufern z.B. die Kaufuntergrenzen auf dem silbernen Tablett präsentieren würden.
Bei diesem Teil der HV verließ mich nicht das Gefühl, dass einige das Geschäftsmodell schlichtweg nicht verstanden haben. Z.B. wenn nach dem Verbleib der 10 % Anteil der Zwischengesellschaften gefragt wurde. Den die jeweiligen Geschäftsführer als Anreiz erhalten. Auch kann man die Arques nicht mit gewöhnlichen Gesellschaften vergleichen. Gerade was die Bilanzierung betrifft. Warum dann aber der Vorstand den gestiegenen Umsatz so betonte, bleibt sein Geheimnis. Auch, dass er den als Zielgröße nennt. Sagt der Umsatz doch in Wirklichkeit gar nichts aus und ist schon beim ersten größeren Verkauf als Ziel nicht mehr einzuhalten.
Auch hatte ich latent den Eindruck, dass die meisten der Anwesenden die Bilanzierung nach IFRS nicht begriffen haben. Nach IFRS zu erfassende Bargain purchases müssen m.E. in der Vorjahresanalyse nun mal außen vor bleiben bzw. bereinigt werden. Und dann ist die Ergebnisentwicklung im ersten Quartal gar nicht übel. Zudem wurden schon 3 Gesellschaften in 2008 gewinnbringend verkauft.
Auch Euphemismen des Vorstands wie „aussichtsreiche Verhandlungen mit Unternehmen allererster Klasse“ sind wohl eher abträglich gewesen. Und dass der Verlust aus der Arquana knapp -45 Mio. Euro betrug, hätte auch besser kommuniziert werden müssen. Auch, dass das österreichische Textilunternehmen Schöpps ein schwieriger Sanierungsfall ist. Warum erfahre ich das so erst auf der HV?
Was die Kritik an der geplanten und jetzt im Gewinnvortrag gelandeten Dividende betrifft, so verstehe ich sie überhaupt nicht. Es ist m.E. richtig und sehr verantwortungsvoll die Liquidität in Zeiten der Unsicherheit am Finanzmarkt im Unternehmen zu behalten. Da einen Bezug zu einer Liquiditätsknappheit oder gar Zahlungsunfähigkeit herzustellen, war schon starker Tobak und absolut ungerechtfertigt. Denn um die 80 Mio. Euro sind angabegemäß derzeit noch im Unternehmen. Ebenso unsinnig ist die Frage nach einer Umsatzrendite im üblichen Sinn. Was letztlich zählt sind Kauf- und Verkaufspreis der Beteiligungen. Wobei die Ablehnung des Aktienoptionsprogramms auch meine und die mir übertragenen Stimmen bekommen hat. Ein bisschen anstrengen sollen sich die Herren Vorstände dann doch.
Beruhigend war für mich der Hinweis, dass von 250 geprüften Unternehmen am Ende nur 15 Kaufkandidaten über bleiben. Das deutet darauf hin, dass die Auswahl so schlecht nicht sein kann. Und auch der Ausblick kann sich mit einem EBITDA von 275 Mio. Euro sehen lassen. Wobei ich persönlich den Cash Flow als Zielgröße bevorzugen würde. Schließlich hängt das Erreichen der Ziele davon ab, ob die Actebis ggf. über das durch die Deutsche Bahn AG geöffnete IPO-Fenster, ebenfalls an die Börse gebracht werden kann.
Mein Fazit: Ich bleibe dabei, dass die Arques Industries AG ein Kauf ist. Gleichzeitig verbinde ich diese mit einer massiven Kritik an den anderen covernden Analysten, vom Bankhaus Lampe angefangen über WestLB, HSBC Trinkhaus & Burkhardt sowie Reuschel & Co. und die Deutsche Bank AG. Was da teils herausgegeben wird – soweit sie sich noch trauen - , ist teils das Papier nicht wert, auf dem es steht.
Und ich fühle mich in meiner Einschätzung bestätigt, dass die Arques mindestens 20 Euro wert ist. Insbesondere, wenn jetzt der Vorstand und Aufsichtsrat – wie angekündigt - die Strategie noch einmal nachjustieren werden. Jetzt fehlt nur noch das „Quäntchen Glück“.
Einen schönen Tag und hohe Renditen wünscht Ihnen.
Ihr Norbert Lohrke
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