Hier werden Grundsatz und Außnahmesituation durcheinander gemischt ebenso wie Ratio und Emotio (Verstand und Gefühl) - Rechtsgrundsätze können nicht einfach aufgegeben werden. Wir haben sie aus gutem Grund und langer rechtsgeschlichtlicher Erfahrung eingeführt und ich glaube nicht, dass wir jedes mal, wenn wir eine Ausnahme wollen wieder erklähren müssen warum (Die Todesstrafe wurde vor allem abgeschafft, weil die Möglichkeit bestand, dass ein Unschuldiger hier zu Tode kommt. Da dies nicht auszuschließen ist, musste sie abgeschafft werden)
- Die Unschuldsvermutung ist ein Rechtsgrundsatz der ganz einfach besagt, dass jeder so lange als Unschuldig zu gelten hat, bis er rechtskräftig von einem ordentlichen Gericht verurteilt ist. Keiner von uns wird sich wünschen, dass dieses Prinzip aufgehoben wird und er sich irgendwann einmal durch Zufall als "Vorverurteilter" dem Mob (wiedereinführung der Lynchjustiz) gegenüber sieht
- Die Folter wurde aus den gleichen Gründen wie die Todesstrafe abgeschafft. Es ist ja heute bekannt, dass es zig-tausende von Fehl- und Todesurteilen auf Grund von Geständnissen unter Folter gegeben hat.
Auch wenn uns das als zu nüchtern erscheint: zu dem Zeitpunkt als die Polizei mit Folter drohte war der Täter noch als 'unschuldig' im Sinne des Gesetzes anzusehen. Ich verstehe jede Emotion und billige den Betroffenen (Eltern etc.) so manches rechtswiedrige Stregen und Verhalten zu (wobei eventuelle Taten auch hier vor Gericht müssen). Aber das hier ist die Ebene von Emotionen und die Ebene von Einzelfällen - nicht die der Präzedenzfälle und der Rechtsgrundsätze. An die nämlich müssen wir uns halten, sonst müssen wir damit rechnen, dass wir selbst als Opfer einer Schuldvermutung in der gleichen Lage wieder finden wie der Täter im Frankfurter Polizeipräsidium. Warum ist das so schwer zu verstehen? Warum wir diese Rechtsgrundsätze (u.a. nacht Art. 1 GG) nicht ändern sollten und hier auch keinen Volksentscheid zulassen dürfen zeigt schon diese Diskussion. Wir brauchen nur einen Sexual-Mord an einem kleinen Mädchen, 1 Woche erfolglose Fahndung und einen entsprechenden Täter und mit Hilfe der Medien (ihr wisst welche ich meine) wird das Volksbegehren die Todesstrafe erfolgreich wieder eingeführt. Und wenn dann in ein paar Jahren der erste unschuldige dem Strang zum Opfer gefallen ist, dann fragen wir uns mal wieder, warum wir aus der Geschichte nichts gelernt haben und schaffen sie mal wieder ab. Wir hatten das alle schon und je mehr ich mich damit beschäftige, desto beeindruckter bin ich von der humanistischen Leistung, die hinter unseren Gesetzen steckt. Fazit: Die Grundsätze müssen bleiben und sind unantastbar. Wenn wir auch nur auf die Idee kommen, Straftäter anders zu behandeln, als es das Gesetz erlaubt, dann sind wir von den zeiten im Dritten Reich weniger weit entfernt, als ihr glaubt. Diese Rechtssicherheit, die wir heute haben, kann doch niemand enrsthaft in Frage stellen. Gestern in den Tagesthemen der Kommentar dazu: Der Kommentator, selber Vater zweier Kinder konnte verstehen, dass man auf die Idee kommen kann, das Leben des Kindes unter Androhung von Gewalt zu retten. Trotzdem hat er klar gesagt: Was ein Einzelfall hätte sein können ist durch die nachfolgenden Statements des Polizeichefs, der von neuen rechtlichen Überlegungen sprach, zu einer Grundsatzdebatte geworden, die klar in die falsche Richtung führt. Diese Grundsätze sind und bleiben unantastbar, so der Kommentator. Recht hat er. Manche Kommentar hier legen die Vermutung nahe, dass einige hier bereit wären, in bestimmten Fällen das Recht selber in die Hand zu nehmen: Habt ihr eigentlich eine Ahnung, welche Verantwortung das bedeutet? Zu beurteilen, wer Schuld hat und wer nicht? Es hat seinen guten Grund, dass wir an unsere Richter schon in der Ausbildung sehr hohe Anforderungen stellen. Bitte also: verwechselt die Ebenen nicht. Was Recht ist muss auch Recht bleiben und niemand!!!, auch nicht der schlimmste Täter soll uns dazu Bringen undsere Rechtsgrundsätze prinzipiell in Frage zu stellen oder gar aufzugeben. Gruß Glasnost
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