Wenn sich nächste Woche die Regierungschefs der G-8-Länder im deutschen Heiligendamm treffen, wird das Thema Entwicklungshilfe wieder einmal prominent auf der weltpolitischen Agenda stehen. Die gegenwärtige G-8-Vorsitzende, Angela Merkel, hat die wirtschaftlichen Probleme Afrikas ganz oben auf die Traktandenliste des Gipfeltreffens gesetzt. Zur Sprache wird auch eine alte Frage der Entwicklungspolitik kommen - jene nach dem Geld. Vor zwei Jahren haben die G-8-Länder im schottischen Gleneagles grosszügige Zusagen zur Erhöhung der Entwicklungshilfe gemacht: Bis 2010 ist eine Verdoppelung ihrer Hilfsgelder auf 50 Mrd. $ pro Jahr geplant, rund die Hälfte davon soll nach Afrika fliessen. Die Einlösung des Versprechens lässt allerdings auf sich warten. Dementsprechend erzürnt sind zahlreiche Entwicklungsorganisationen und G-8-Kritiker; sie haben angekündigt, an Demonstrationen lautstark an die gemachten Zusagen zu erinnern. WIRKUNGSLOSE HILFE Damit wird der G-8-Gipfel auch im Zeichen eines Rituals stehen, das sich in der Entwicklungspolitik seit vielen Jahren wiederholt: Es ist der Streit um die Höhe der Entwicklungshilfe. Das Thema wird mindestens einmal im Jahr debattiert, wenn die OECD aktuelle Zahlen zum Umfang der Hilfsanstrengungen ihrer Mitgliedsländer publiziert. Im vergangenen Jahr haben die Industriestaaten ihre Hilfszahlungen nicht wie versprochen erhöht, sondern vermindert. Dementsprechend erreichen die meisten wohlhabenden Länder das von der Uno postulierte Ziel, mindestens 0,7% des Bruttosozialprodukts für Entwicklungshilfe auszugeben, weiterhin nicht. Die Forderung der Uno nach einem «Big Push» im Rahmen ihrer Millenniums-Entwicklungsziele - um die Armut bis 2015 zu halbieren, soll die Entwicklungshilfe massiv aufgestockt werden - erscheint vor diesem Hintergrund reichlich illusorisch. Das ewige Schielen auf das Geld ist jedoch ohnehin verfehlt und verhängnisvoll. Die Annahme, Entwicklung und Wohlstand liessen sich «kaufen», widerspricht aller Erfahrung. Dies zeigt allein schon ein Blick in die Geschichte: Die wirtschaftlich führenden Länder von heute sind alle ohne Entwicklungshilfe reich geworden, sie haben ihren Wohlstand mehrheitlich aus eigener Kraft erarbeitet, selbst wenn einzelne Länder vom Kolonialismus profitiert haben mögen. Auch die jüngeren, aufstrebenden Wirtschaftsmächte wie China und Indien haben im Vergleich zu ihrer Grösse wenig Entwicklungshilfe erhalten. Im Gegensatz dazu sind seit 1960 rund 600 Mrd. $ an Entwicklungshilfe nach Afrika geflossen, und dennoch ist der Kontinent bis heute das wirtschaftliche Sorgenkind der Welt geblieben. Der «Big Push» ist in Afrika schon seit langem im Gange, nur hat er bisher nichts genützt. weiter in der NZZ: http://www.nzz.ch/2007/06/02/wi/kommentarF8726.html
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