16. Februar 2011 | Von Marc Wickel HSE-Beteiligung: Merkwürdigkeiten bei der Stadtwirtschaft
Finanzen: Parlament weigert sich, eine Beteiligung der HSE nachträglich zu billigen, aber dies bleibt ohne Konsequenzen
Im November 2010 hat das Parlament mit Mehrheit gegen die Stimmen von SPD und Grünen einer HSE-Beteiligung die Zustimmung verweigert. Der Energieversorger wollte sich über seine Tochter, die Forest Carbon Group AG, an dem kanadischen Unternehmen ERA Carbon Offsets Ltd. beteiligen, das mit Kohlendioxidzertifikaten und Wiederaufforstungen handelt. Ob und wie das ohne vorherige Parlamentszustimmung abgeschlossene Geschäft rückabgewickelt wird, ist auch nach drei Monaten noch unklar. Anfragen von Uwiga und FDP an den Magistrat wurden mit Verweis auf eine noch ausstehende Antwort der HSE beantwortet. Inzwischen hat die Stadt ein HSE-Schreiben, aber wann die Stadtverordneten darüber unterrichtet werden, ist offen. Selbst einfache Fragen wie die, ob in den Verträgen überhaupt ein Parlamentsvorbehalt enthalten war, wurden bisher nicht beantwortet. Nach ECHO-Informationen gibt es eine solche Klausel nicht. Für den Fall, dass das Geschäft tatsächlich rückabgewickelt wird, könnte das teuer werden, denn das Aktienpaket hat seit dem Ankauf zwei Millionen Euro an Wert verloren. Die Frage ist, ob die Forest Carbon Group, die HSE, das jeweilige Management oder am Ende die Stadt für eventuelle Verluste haften, weil man die Stadtverordneten erst gefragt hat, als für die kanadischen Partner alles schon in trockenen Tüchern schien. Die Beteiligung an dem kanadischen Unternehmen hatten im November Alternative Darmstadt, CDU, FDP, Linke und Uffbasse abgelehnt. Sie kritisierten, dass sie - wieder einmal - nachträglich ein HSE-Geschäft absegnen müssten. Und erinnerten daran, dass es gesetzlich vorgeschrieben sei, die Zustimmung vorher einzuholen.
Georg Hang (Alternative) hatte zudem festgestellt, dass der ERA-Carbon-Aktienkurs stark schwankte. Im Mai 2009 lag er bei rund zehn kanadischen Cent für eine Aktie. Im Juli 2009 kaufte die HSE (es gab noch keine Forest Carbon Group) für vier Millionen US-Dollar Emmissionszertifikate bei einer hundertprozentigen ERA-Carbon-Group-Tochter. Ab da stieg der ERA-Aktienkurs. Im Dezember kündigte die Forest Carbon Group ein Investment in Kanada an. Im Januar 2010 stand der Kurs bei rund 90 Cent. Zum Kurs von 75 Cent kaufte die Forest Carbon Group im Februar 29,9 Prozent der Aktien für 3,5 Millionen Euro. Als im Juni 2010 die Magistratsvorlage zum Ankauf herauskam, lag der Kurs nur noch bei 40 Cent. Seit August 2010 liegt die Aktie bei rund 30 kanadischen Cent. Ende Juni 2010 erhielten die Stadtverordneten eine Magistratsvorlage, mit der sie der Beteiligung der HSE an der ERA Carbon über die Forest Carbon Group AG nachträglich zustimmen sollten. Das für 3,5 Millionen Euro schon gekaufte Aktienpaket war und ist nur noch 1,5 Millionen Euro wert. Allerdings liegt der Wert der Beteiligung für die HSE nicht im Aktienwert, sondern in dem Vorteil, Kohlendioxidzertifikate billiger werben zu können. Die Stadt kann dem ECHO auch nichts zur Rückabwicklung sagen. Allerdings hatte das Rechtsamt bei der HSE auch gar nicht gefragt, bis wann der Anteilskauf rückgängig gemacht sein wird, sondern, ob eine Rückabwicklung möglich und wirtschaftlich vertretbar ist.
Aus Sicht der Stadt gebe es auch gar keinen Zustimmungsvorbehalt hinsichtlich der Stadtverordnetenversammlung in der Hessischen Gemeindeordnung (HGO). „Eine Beteiligung, die von städtischen Töchtern eingegangen wird, ist auch ohne Stadtverordnetenversammlungsbeschluss wirksam, es sei denn, in den Kaufverträgen ist ein Zustimmungsvorbehalt der Stadtverordnetenversammlung enthalten“, sagte Pressesprecherin Sigrid Dreiseitel. HGO-Paragraf 51, Absatz 11 greife nicht. Dieser Paragraf bestimmt, dass nur das Parlament über Beteiligungen der Stadtwirtschaft an Unternehmen entscheiden darf. Auch sei die nachträgliche Unterrichtung des Parlaments HGO-konform, sagt das Rechtsamt. Und legt die Vorschrift so aus, dass eine Unterrichtung vor dem Anteilserwerb unnötig sei, sondern nur vor der Abstimmung im Parlament.
Quelle: http://www.echo-online.de/region/darmstadt/HSE-Beteiligung-M…
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