Triumph der Killer Irakischer Staatspräsident Saddam Hussein von US-Armee festgenommen Nach zwei Kriegen gegen den Irak, zwölf Jahren fast täglicher Bombardierung und einer über ein Jahrzehnt dauernden Hungerblockade, nach vermutlich mehr als zwei Millionen Toten, die auf das Konto vor allem der neuen Kolonialmacht USA und der alt-neuen Kolonialmacht Großbritannien gehen, verhafteten am Sonntag US-Truppen und kurdische Helfer den ehemaligen Staatspräsidenten Saddam Hussein in der Nähe seiner Heimatstadt Tikrit. Hussein ergab sich widerstandslos. Die Verhaftung löste eine der größten PR-Offensiven für den Krieg gegen den Irak aus – inklusive der offiziellen Zurschaustellung des Gefangenen durch die US-Besatzung. Politiker der westlichen Welt huldigten in Grußadressen US-Präsident George W. Bush, der umgehend verlauten ließ, »daß dies eine sehr gute Nachricht für das irakische Volk ist«.
Auf einer Pressekonferenz am Sonntag in Bagdad erklärte Paul Bremer, der Chef der US-Besatzung im Irak, vor jubelnden Journalisten: »Wir haben ihn.« Bei der Pressekonferenz zeigte die US-Armee ein Video, auf dem Saddam Hussein zunächst mit wirrem Haar und mit langem, grau meliertem Bart zu sehen war, wie er gerade von einem Arzt mit einem Zungenspatel untersucht wurde. Eine weitere Aufnahme zeigte Saddam Hussein mit Schnauzbart, ansonsten aber sauber rasiert und frisiert. Der Kommandeur der Besatzungstruppen im Irak, Ricardo Sanchez, erklärte, Saddam Hussein habe sich in einem seit längerer Zeit beobachteten Haus in Adwar, 16 Kilometer von seiner Geburtsstadt Tikrit entfernt, befunden. Soldaten der 4. Infanteriedivision hätten dort am Sonnabend gegen 20.30 Uhr Ortszeit (18.30 Uhr MEZ) zusammen mit Sondereinsatzkräften die »Operation Red Dawn»« (Operation Morgenrot) durchgeführt. Bei der Aktion sei kein Schuß gefallen und niemand verletzt worden. Hussein sei im Keller eines Bauernhauses in einem 1,80 Meter tiefen Loch, das mit Ziegeln und Erde getarnt war, gefunden worden. Sanchez beschrieb ihn als erschöpft. Er zeige sich »kooperativ und gesprächig«. Bei der Operation, an der rund 600 Soldaten beteiligt waren, seien auch zwei weitere Verdächtige festgenommen sowie 750 000 Dollar in bar sichergestellt worden. Der ehemalige Staatschef werde an einem nicht näher genannten Ort festgehalten. Es sei noch nicht klar, ob er einem irakischen Gericht übergeben werde.
Nach Pentagon-Angaben war die Festnahme von einem Geheimkommando der US-Armee entscheidend vorbereitet worden. Die Sondereinheit sei bereits »seit einiger Zeit« für die Suche nach Hussein abgestellt worden, es handele sich aber nicht um die Task Force 20. Wichtige Hinweise habe man von Irakern erhalten, die bei jüngsten Razzien festgenommen wurden.
In Bagdad feierten Einwohner die Meldung von der Verhaftung mit Schüssen in die Luft. Auch in der nordirakischen Stadt Kirkuk kam es zu Freudenkundgebungen. Nach Angaben eines Sprechers der Patriotischen Union Kurdistan (PUK) führten Spezialkräfte der US-Truppen und der PUK den Einsatz durch. Der Vorsitzende des irakischen Nationalkongresses Ahmed Tschalabi erklärte, Hussein habe bei seiner Festnahme noch Zeit gehabt, sich das Leben zu nehmen, dies aber nicht getan. Nach Informationen des Chefs des von den USA eingesetzten »Übergangsrates« Al Asis el Hakim wurde die Identität Husseins durch erste DNA-Tests erwiesen. Drei Mitglieder des Rates sollten nach Tikrit reisen, um den Festgenommenen persönlich zu identifizieren.
In der westlichen Welt wurde die Festnahme begrüßt. »Ich beglückwünsche Sie zu dieser erfolgreichen Aktion«, schrieb Bundeskanzler Gerhard Schröder (SPD) an US-Präsident Bush. Der Kanzler erklärte, er habe »mit großer Freude« von der Festnahme erfahren. Saddam Hussein habe »unsägliches Leid über sein eigenes Volk und die ganze Region gebracht«. Er hoffe, daß seine Festnahme die Bemühungen der internationalen Gemeinschaft zum Wiederaufbau und zur Stabilisierung Iraks fördern werde.
Der britische Premierminister Tony Blair erklärte, mit der Festnahme Husseins sei der »Schatten eines Alptraums« von der irakischen Bevölkerung genommen worden. Er glaube, die Anhänger des ehemaligen Staatschefs würden jetzt einsehen, daß ihre Sache sinnlos sei, weil sich die Mehrheit der Bürger Frieden wünsche. Frankreichs Präsident Jacques Chirac begrüßte ebenfalls die Festnahme. Seine Sprecherin ließ er mitteilen, dies sei ein Ereignis von größter Bedeutung, das stark zur Demokratisierung und Stabilisierung Iraks beitragen werde und »den Irakern erlaubt, ihr Schicksal in einem souveränen Irak zu meistern«. Die NATO hoffe, daß nach der Festnahme auch die Zahl der Anschläge zurückgehen werde, erklärte deren Sprecher Jamie Shea in Brüssel.
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