Keine Verbindung bei schlechter Laune
Freenet-Chef Christoph Vilanek über Mobilfunk-Zukunft, iPad-Manie und chinesische Investoren Das Smartphone wird mehr und mehr zum elektronischen Alleskönner. Der Markt ist hart umkämpft. Über die Zukunft der Geräte und den Kampf um Marktanteile sprachen wir mit Freenet-Chef Christoph Vilanek.
Smartphones setzen sich gerade in rasantem Tempo bei den Kunden durch. Wo geht die Entwicklung hin?
Die Apps werden zum wichtigsten Element der Mobil-funknutzung. Doch sie können nur der Anfang sein. Was wir in zehn oder 15 Jahren erleben werden, können wir heute kaum erahnen. Deshalb ist es schwierig einzuschätzen, welches Geschäftsmodell sich behaupten wird.
Fängt die Zukunft des Smartphones mit der Bezahlfunktion fürs Handy an, die Google vorige Woche vorgestellt hat?
Ich bin sicher, in dem Gerät, das Sie dann bei sich tragen, wird die Bezahlfunktion integriert sein. Das Gerät wird mit einer Sensorik ausgestattet sein, so dass es zum Beispiel Ihren Blutdruck und ihren Adrenalinspiegel misst. Es wird wissen, in welcher Stimmung Sie sind und entsprechend entscheiden, welche Anrufe es annimmt und welche nicht.
Was wird es noch können?
Das Gerät wird wissen, ob mir langweilig ist. Wenn ja, wird es mir Vorschläge machen, etwa mich bei einem Onlinespiel einzuklinken.
Das hört sich ja schrecklich an. Menschen werden von Maschinen gesteuert und zu einer Art Cyborg.
Soweit würde ich nicht gehen. Aber die Geräte werden helfen, die komplette Lebenssituation - sagen wir mal - zu begleiten oder zu gestalten. Diese Prozesse werden automatisiert sein. Aber das ist nur ein kleiner Ausschnitt. Was wirklich sein wird, wissen wir nicht.
Wie gehen Sie als Manager damit um? Sie können doch nur mit der Stange mit Nebel stochern.
Das Bild mit dem Nebel gefällt mir nicht. Ich versuche es mal anders zu beschreiben: Ich versuche, den Kopf so hoch zu recken, dass er aus dem Nebel herauskommt, um nach anderen Köpfen zu schauen. Mit denen versuche ich in Verbindung zu treten, um sie zu fragen: Was glaubt ihr denn, wie man Geld verdienen kann?
Und wer wird den Kopf ganz weit oben haben?
Ich glaube nicht, dass in unserer Branche jemand zehn Jahre lang dominant sein kann. Das ist ja auch eine Lehre der Vergangenheit.
Meinen Sie Nokia?
Ich möchte nichts über einzelne Unternehmen sagen. Aber ich sehe eine Tendenz in der Handybranche: Anfang des 21. Jahrhunderts gab einen großen Block von Unternehmen, die alles beherrschten, was ein Handy können muss. Jetzt erleben wir eine extreme Fragmentierung der Welt.
Freenet ist zunehmend auch ein Gerätehändler. Werden iPad und Co. künftig den Markt beherrschen?
Ich bin mir nicht sicher, ob es diese "iPad-Manie" wirklich gibt. Erstens: Seit rund zwei Jahren werden Konkurrenzprodukte angekündigt, aber sie kommen dann doch nicht oder sind Ladenhüter. Zweitens: Etwa 80 Prozent der Mobilfunkgespräche in Deutschland werden in den Häusern geführt. Dort gibt es WLAN und dort stehen Bildschirme. Deshalb erschließt sich mir der absolute Mehrwert von Tablet-PCs nicht ganz.
Kommen wir von den großen Geräteherstellern zu den großen Netzbetreibern. Werden Firmen wie die Telekom langsam zu behäbigen Versorgungsunternehmen?
Wie gesagt: Ich äußere mich nicht zu einzelnen Firmen. Generell gilt: Die ganz Großen können kein Wachstum generieren, das ist ein Branchenphänomen. Hochspannend ist, dass diese Unternehmen sich jetzt von internationalen Beteiligungen trennen.
Die Großen konzentrieren sich auf ihre Kernmärkte. Läuft es auf eine Art Entscheidungsschlacht der Riesen hinaus, etwa Deutsche Telekom gegen Vodafone?
Das ist eine sehr deutsche Position. Es gibt insgesamt in der Branche einen Konsolidierungsdruck. Die spannende Frage ist, ob sich in den nächsten 24 Monaten ein chinesischer oder ein russischer Investor an EU-Märkten beteiligt.
Dann haben wir eine Diskussion, wie die EU ihre Infrastruktur gegen fremde Investoren schützt.
Da muss die EU mit Einschränkungen in der Tat aufpassen. Die Branche kann sich stabilisieren, auch durch Übernahmen innerhalb Europas.
Also indem Freenet von einem Größeren geschluckt wird? Freenet sieht ziemlich angeschlagen aus, und hat im ersten Quartal deutlich Kunden verloren.
Im Mobilfunk haben wir das dichteste Vertriebsnetz. Wir haben gut 15 Millionen Mobilfunkkunden. Wir mussten jetzt über mehrere Monate Mobilcom und Debitel miteinander verknüpfen. Wir waren nie die Ersten bei Innovationen in der Branche. Aber wir sind jetzt wieder in der Lage, dass wir den Kopf aus dem Nebel bekommen, um uns umzuschauen, was die anderen machen und wir tun können.
Ihr kleinerer Konkurrent Drillisch ist Großaktionär bei Ihnen. Er beansprucht zwei Sitze im Aufsichtsrat. Experten erwarten, dass Drillisch Sie zur Fusion zwingen will. Passt das?
Grundsätzlich zeugt das Interesse und Engagement von Drillisch an Freenet von sehr großem Vertrauen in uns und unser Geschäft - das ist also erstmal positiv. Zu einer möglichen Fusion möchte ich mich nicht äußern, und das Spekulieren überlasse ich anderen. Um unser Geschäft voranzutreiben, schließe ich grundsätzlich Akquisitionen sowohl im Kerngeschäft Mobilfunkdienstleistungen als auch in Randbereichen nicht aus.
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