Deutsche Konzerne zahlen so viel wie noch nie
Lufthansa bietet eine hohen Rendite
29. Februar 2008 Den Dividendenhit dieser Woche lieferte die Lufthansa. 1,25 Euro will die Fluggesellschaft je Aktie zahlen. Das ist in mehrfacher Hinsicht bemerkenswert. Da die Fluggesellschaft im vergangenen Jahr nur 0,70 Euro zahlte, hatte mit solch einem starken Anstieg kaum einer gerechnet.
Außerdem bietet die Lufthansa bei einem Kurs von knapp 16 Euro damit eine Dividendenrendite von fast acht Prozent. Das ist einsame Spitze im Deutschen Aktienindex (Dax) und schlägt sogar die besten Werte aus M-Dax und Tex-Dax.
Auch BASF überraschte mit einem Signal der Stärke
Die Lufthansa fliegt damit unter den 110 wichtigsten deutschen Aktien besonders hoch, doch die Frankfurter sind nur eines von vielen positiven Beispielen. Dazu zählte auch der Chemiekonzern BASF. Der operative Gewinn des vierten Quartals lag leicht unter den Schätzungen, dafür sei allerdings die Dividende überraschend stark angehoben worden, urteilte die Investmentbank Goldman Sachs.
Zusammen mit einem relativ optimistischen Ausblick lieferte der Konzern damit ebenfalls ein Signal der Stärke. Immerhin ist BASF der sechstgrößte Dividendenzahler im Dax und mit einer Rendite von mehr als vier Prozent bringt die Aktie auch deutlich mehr als der Schnitt im Dax. Dieser liegt derzeit bei 3,1 Prozent, was im historischen Vergleich hoch ist.
Nach Berechnungen dieser Zeitung ist die Dividendensumme bei den 30 Dax-Titeln in diesem Jahr noch einmal gestiegen. Im Vergleich zum Vorjahr ist der Anstieg allerdings nicht mehr sehr groß. Dennoch kann damit bereits wieder von einem „Spitzenjahr“ gesprochen werden.
Dax-Unternehmen schütten 28,7 Milliarden Euro aus
Nach Berechnungen dieser Zeitung schütten die Dax-Unternehmen für 2007 etwa 28,7 Milliarden Euro aus. Das ist fast drei Mal so viel wie 2002 und 2003, als es nur gut zehn Milliarden Euro waren. Auch in der zweiten Reihe des deutschen Aktienmarktes gehen die Ausschüttungen weiter die Höhe.
Bei den 50 M-Dax-Unternehmen ist für 2007 mit einem Dividendenvolumen von 3,2 Milliarden Euro zu rechnen. Das ergeben Berechnungen dieser Zeitung auf der Basis von Dividendenschätzungen der GSC-Research aus Düsseldorf.
Selbst im Tec-Dax werden Dividenden langsam üblicher, etwa die Hälfte der 30 Index-Mitglieder schüttet aus. Das Volumen ist allerdings mit gut 300 Millionen Euro noch sehr gering.
Hintergrund für die Rekordausschüttungen ist ein sehr hohes Gewinnniveau, insbesondere bei den Dax-Unternehmen. Andererseits sind viele Kurse in den vergangenen Wochen stark gefallen. Dadurch sind die Dividendenrenditen in die Höhe geschossen. Ob dieses Niveau zu halten ist, hängt von der weiteren Gewinnentwicklung ab. Offenbar ist die Börse in dieser Hinsicht derzeit skeptisch.
Die Konzernlenker dagegen sind optimistischer. „Die Unternehmen schicken zumindest das Signal, dass sie das Niveau vom Vorjahr halten wollen und Vertrauen in ihr Geschäftsmodell haben“, sagt Fondsmanger Xiaohu Zhou von Cominvest. Allerdings belastet in einigen Branchen weiter die Kreditkrise: Fondsmanagerin Sonja Schemmann von Schroders etwa sagt: „Ob die Aussichten für den Gesamtmarkt so rosig sind wie für 2007, wage ich zu bezweifeln.“ Die Krise in Amerika belastet vor allem Finanztitel. Doch die Konjunkturaussichten trüben sich weltweit ein.
Was das für einige Jahre der letzte Rekord?
Gut möglich ist es daher, dass die Dividenden in diesem Jahr ein Spitzenniveau erreichen, das vorerst schwer zu übertreffen sein dürfte. Andererseits verschaffen sich gerade Großunternehmen wie BMW, Siemens oder Henkel neuen Spielraum durch Kostensenkungen. Dies sichert die Gewinn- wie die Dividendenaussichten.
Grundsätzlich signalisieren die fast durchweg hohen Dividendenrendite, dass es Zeit wird Aktien zu kaufen. Dies gilt natürlich nur unter der Voraussetzung, dass das derzeitige Gewinnniveau auch in den nächsten Jahren zu halten ist oder nur leicht zurückgeht. Ohnehin unterschätzen viele Anleger die Bedeutung der Ausschüttung. Langfristig macht sie einen großen Teil der Aktienrendite aus, insbesondere bei stabilen Großunternehmen.
Dividende liefert die Hälfte der Aktienrendite
Nach der Erfahrung aus der Vergangenheit verdienen Anleger mittelfristig mit Aktien rund acht Prozent. Wenn sie da schon viele Unternehmen mit einer Dividendenrendite von vier Prozent einkaufen, wäre dies bereits die Hälfte des Gewinns. Langfristige Untersuchungen bestätigen, dass annähernd 50 Prozent der Gesamterträge einer Aktienanlage aus Dividendenzahlungen stammen. Bei Unternehmen, die in reifen Märkten tätig sind, liegt dieser Anteil häufig noch höher - manchen Studien zufolge sogar bei rund zwei Dritteln.
Auch in der zweiten Reihe am deutschen Aktienmarkt ist die Dividende ein Faktor geworden, der nicht mehr zu vernachlässigen ist. Durch die drastischen Kursrückgänge der vergangenen Wochen und Monate waren Nebenwerte überproportional betroffen. Dadurch haben sich die Dividendenrenditen im Vorjahresvergleich deutlich erhöht. „Daher bieten sich heute noch attraktivere Möglichkeiten als Anfang 2007 - selbst wenn man unterstellt, dass sich die sehr dynamische Gewinnentwicklung der vergangenen Jahre nicht unvermindert fortschreiben lässt und je nach Abkühlungsgrad der Weltkonjunktur eine Phase stagnierender oder leicht rückläufiger Unternehmensgewinne bevorsteht“, sagt Matthias Schrade von GSC-Research.
Wer Dividende zahlt, geht diszipliniert mit seinem Kapital um
Er bewertet die Zahlung einer Dividende als ein Zeichen von Ertragsstärke. Denn ausschüttungsstarke Unternehmen müßten sehr diszipliniert mit ihrem Kapital umgehen. Weil die Dividendenzahlung bereits fest im Budget eingeplant ist, steht dieser Teil des Gewinns dem Unternehmen nicht mehr für weitere Investitionen zur Verfügung. „Im Ergebnis führt diese selbst auferlegte Kapitalverknappung zu höheren Renditeansprüche an geplante Investitionen und zugleich zu einer automatischen Begrenzung der Spielräume für renditeschwache Entscheidungen“, sagt Schrade.
Ein weiterer Effekt ist: Der aus der Dividendenzahlung resultierende jährliche Kapitalabfluss zwingt ein Unternehmen, den Mitteleingang stärker zu beachten. Dies trägt indirekt auch zu einer gesünderen Bilanzstruktur bei.
Auf die Dividendenhistorie achten
Dennoch werden manche Fondsmanager wie Jürgen Schillinger von Union Investment schon skeptischer. Sie stellen schon fest, dass manche Unternehmen in der Ausschüttungspolitik vorsichtiger werden, vor allem in Amerika. Wichtig ist daher, dass Dividende durch die Gewinnentwicklung der Unternehmen gestützt sind. In Deutschland sei dies der Fall, sagt Fondsmanagerin Schemmann. Anleger sollten sich langfristig an Unternehmen halten, die schon in der Vergangenheit sinnvoll investiert hätten, rät sie.
„Diese Unternehmen haben auch in Zukunft ein gutes Gewinnpotenzial.“ Schemmann achtet auf eine gute Dividendenhistorie, wie bei Allianz und BASF. Wesentlich fraglicher ist da, ob auch Finanzwerte ihr Dividendenniveau halten können. Als schlechtes Beispiel gilt hier die Hypo Real Estate , die ihre Dividende für 2007 deutlich reduziert hat.
Wichtig ist daher auch, auf die Ausschüttungsquote zu achten, die in der Regel zwischen 30 und 50 Prozent liegt. Wer Geld für Investionen benötigt und Entlassungen plant, sollte diese nicht zu hoch schrauben. Nur in Ausnahmefällen schütten Unternehmen mehr als 90 Prozent des Gewinns aus. Das ist zum Beispiel bei den Verkäufern von geschlossenen Fonds üblich, wie etwa MPC Capital.
In unsicheren Börsenzeiten werden Dividendentitel attraktiver
Für Dividendentitel spricht derzeit nach Ansicht von Fondsmanagern ein ganz grundsätzliches Argument: In unsicheren Börsenzeiten kaufen Anleger gerne Aktien mit soliden Dividenden. Denn das sichert ihnen eine Basis. Oft fallen die Kurse solcher Unternehmen auch weniger stark als typische Wachstumsaktien, für die gar keine Dividende gezahlt wird. „Grundsätzlich wird sich das Thema Qualität und Dividende wieder positiv entwickeln, weil die Unsicherheit 2008 steigen wird“, sagt Fondsmanagerin Schemmann. „Im Umfeld fallender Kursgewinne rückt die Dividende in den Vordergrund.“
Interessant ist dabei auch, dass viele Dividendenrenditen derzeit höher liegen als die Rendite der zehnjährigen Bundesanleihen. Solche Aktien sind damit auch eine ernstzunehmende Alternative zu einer Anlage im Anleihesektor.
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Text: @stt Bildmaterial: AP, dpa, F.A.Z., FAZ.NET
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