Ja, das sind eben unterschiedliche Strategien.
Und natürlich kann man halt sagen "so, ich hab jetzt 10 Prozent verdient an der Aktie, jetzt steig ich ERSTMAL aus". Aber die Erfahrung zeigt, dass solches Kurzzeit-Trading bei den meisten Kleinanlegern schlicht und einfach auf Dauer nicht erfolgreich ist. Und dass die Trading-Algorithmen es genauso machen, ist kein Argument, denn kein menschlicher Trader kann gegen sie etwas ausrichten oder könnte auch nur so traden wie sie.
Auf mittlere bis lange Sicht steigen Aktien fast immer. Aber je kurzfristiger das Zeitfenster, desto unvorhersagbarer ist der Kursverlauf. Es ist dann reines Glücksspiel. Es ist wirklich nicht viel anders als wenn du im Spielcasino beim Roulette auf rot oder schwarz setzt. Ich wage sogar zu behaupten, dass beim Roulette die statistische Wahrscheinlichkeit besser ist als beim Day- oder Kurzzeit-Trading, denn beim Roulette wird dir nicht vorgemacht dass wohl als nächstes Schwarz kommt, nur damit du auf die falsche Farbe tippst. Die Roulette-Kugel schert sich nicht darum ob du auf rot oder schwarz gesetzt hast, aber die Algorithmen die die Intraday- und kurzfristigen Börsenkurse machen sind darauf programmiert, möglichst viele Trader irrezuführen.
Mein Timing beim Einstieg in meine Osram-Zertis hat sich als suboptimal erwiesen, indem ich halt in ein fallendes Messer gegriffen hab am 11. November (allerdings war die Aktie an meinem Einstiegspunkt schon über 20 Prozent im Minus, und dass sie von da aus nochmal fast 10 Prozent am gleichen Tag verlieren würde, war nun wirklich nicht absehbar). Aber - ich bin drin geblieben, und mein Geld das ich da reingesteckt habe ist jetzt wieder da. Selbst bei so nem gehebelten Zerti mit täglicher Anpassung, welches sich nach meinem Einstieg nochmal im Wert halbiert hatte, hab ich es noch geschafft, wieder ins plus zu kommen indem ich einfach nur gewartet habe. Und falls Osram jetzt nochmal ein bisschen Drive nach oben bekommt, dann werden sich natürlich auch die Gewinne immer weiter multiplizieren bei meinem Zertifikat. Und dann könnte ich sogar Kursgewinne einstreichen, die mit Kurzzeit-Trading in der gleichen Zeit wahrscheinlich unmöglich gewesen wären.
Aber das unterscheidet halt Anleger von Zockern. Wer als Day- oder Kurzzeit-Trader (und damit meine ich jetzt mal nicht boleptic) an der Börse unterwegs ist, für den müssen halt Zertis und OS sofort ins plus laufen, maximal wird ein zwischenzeitlicher Verlust von X Prozent toleriert bevor die Reißleine gezogen wird. Aus Daytrading-Sicht ist das vielleicht sogar die richtige Strategie, bevor man völlig mit einem Schein baden geht indem man ausgeknockt wird oder so. Aber wenn ich mir sage, gut, das Zerti ist jetzt nach meinem Einstieg völlig eingebrochen, aber in ein paar Monaten kann die Welt schon wieder anders aussehen, dann rette ich damit im Zweifelsfall in der Zwischenzeit mehr Kapital als wenn ich in diesen Monaten immer weiter und täglich aufs neue mit anderen Werten zocke und sich meine Trading-Verluste - besonders bei den von Maschinen bestimmten volatilen Intraday-Märkten - immer weiter aufsummieren.
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