Der fundamentale Ansatz (Teil 1-3)
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neuester Beitrag: 22.07.02 14:59
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eröffnet am: | 22.07.02 10:29 von: | 1st_baseman | Anzahl Beiträge: | 9 |
neuester Beitrag: | 22.07.02 14:59 von: | 1st_baseman | Leser gesamt: | 4178 |
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Die fundamentale Analyse der Finanzmärkte
Was ist gut, was ist billig? Muss das Gute und Billige, so man es denn zu finden versteht, zwangsläufig im Wert steigen? Was ist unbedingt zu meiden? Muss ich mich auf die Berater meiner Hausbank verlassen, oder bin ich imstande, auf eigene Faust erfolgreich zu sein? Was muss ich lernen, um wirklich das Gute vom Schlechten unterscheiden zu können?
Der Anleger, bereit und willens, einen Gutteil des im Verlauf seines Arbeitslebens angesparten Kapitals gewinnbringend anzulegen, wird von einer wahren Flutwelle an Informationen und daraus resultierenden offenen Fragen erschlagen. Die überwiegende Zahl dieser Sparer wird sich daraufhin - vertrauensvoll oder nicht - alleine aufgrund des unbekannten Terrains von Geld und Börse in die Hände von Anlageberatern und Banken begeben. Doch nur der Ehrgeizige, der es verlangt, mehr über die Anlagemöglichkeiten für sein Vermögen zu wissen, wird sich von der breiten Masse mickriger Gewinne und schmaler Renditen abheben können.
In vorstehenden Kapiteln haben Sie bereits das Handwerkszeug der Spekulation erlernt. Sie wissen nun um die Grundlagen der Börse; was die kryptischen Zeichen in den Börsenzeitungen und -journalen bedeuten; mit welchen Instrumenten Sie sich auf den Pfad der Gewinner begeben können, ebenso, wie sich eine allzu hohe Besteuerung Ihrer Gewinne vermeiden lässt.
Doch damit ist die Arbeit nicht getan. Erst die richtige Auswahl aus der Vielzahl möglicher Aktien, Renten oder Devisen verschafft Ihnen die Chance, mehr Geld mit der Spekulation als durch Ihren regulären Beruf zu erwirtschaften. Es ist nun einmal so: Traumhafte Einkünfte bedingen zumindest Interesse, Ehrgeiz und Fleiß. Das ist ja auch nicht zu viel verlangt, nicht wahr?
Der Fundamentale Ansatz
Eine sorgsame Analyse geht grundsätzlich einer erfolgreichen Anlageentscheidung voraus. Niemand kann an den Märkten dauerhaft zu den Gewinnern zählen, wenn er sich auf sein "Gefühl im Bauch" verlässt. Doch die "Wege zur Erkenntnis" sind vielfältig. Zwei große Oberbegriffe gilt es dabei zu unterscheiden. Zum einen ist da die Fundamentale Analyse zu nennen, ihr vom Ansatz nahezu unvereinbar gegenüber steht die Technische Analyse. Wenden wir uns zunächst der älteren, "klassischen" Fundamentalen Analyse zu. Bitte beachten Sie, dass wir uns aus Gründen der Übersichtlichkeit in den weiteren Ausführungen zumeist auf Aktien beziehen, wenngleich man mittels Fundamentaler oder Technischer Analyse mit gleicher Vorgehensweise alles, sogar Immobilienmärkte, analysieren kann.
Die Fundamentale Analyse existiert, seit es Handel gibt, wenngleich sie über die Jahrhunderte immer mehr präzisiert wurde. Sie geht von der einfachen Prämisse aus, dass Angebot und Nachfrage den Preis am Markt bestimmen. Wenn die Zahl der Nachfragenden deutlich überwiegt, muss der Preis zwangsläufig steigen, da es sich die wenigen Anbieter aufgrund der hohen Nachfrage leisten können, einen höheren Preis zu verlangen. Andererseits müssen die Kurse sinken, wenn viele eine Aktie, Devise oder Ware loswerden wollen, aber keiner bereit scheint, zu den gebotenen Preisen zu kaufen. Bis hierhin klingt alles ganz simpel. Nun aber die entscheidende Frage:
Warum überwiegen entweder Nachfrage oder Angebot, und lässt sich eine derartige Entwicklung vielleicht bereits im Vorfeld erkennen?
Um dieser für die gewinnbringende Anlage entscheidenden Frage auf die Spur zu kommen, gruppiert sich die Fundamentale Analyse wiederum in zwei Bereiche:
Die volkswirtschaftlichen Indikatoren
Sie messen die allgemeinen Rahmenbedingungen, oft auch als das "Gesamtwirtschaftliche Umfeld" oder "Makrokosmos" bezeichnet. Diese Indikatoren haben nichts mit einer Aktiengesellschaft im Besonderen zu tun, sondern beschäftigen sich mit Faktoren, die auf alle oder nur eine Gruppe von Aktien förderlich oder eben bremsend wirken.
Geklärt wird also hiermit die Frage, ob das Umfeld momentan geeignet ist, eine Investition zu tätigen.
Die betriebswirtschaftlichen Indikatoren
Die betriebswirtschaftlichen Indikatoren stellen den "Mikrokosmos" des fundamentalen Ansatzes dar. Hier wird die Lage eines einzelnen Unternehmens unter die Lupe genommen, indem mittels der Analyse dessen wirtschaftliche Situation geprüft wird, ob die Gewinnaussichten für die Zukunft positiv oder negativ zu beurteilen sind. Denn sollten die Gewinne zukünftig steigen, ist laut fundamentaler Analyse davon auszugehen, dass die Nachfrage nach den Aktien dieser Gesellschaft steigen wird, die Preise also anziehen.
Die Analyse hat somit die Erkenntnis zum Ziel, welche Aktie für das Investment den anderen vorzuziehen ist, sofern das Umfeld seitens der volkswirtschaftlichen Indikatoren für ein Investment günstig erscheint.
Wie gesagt: Systematische Vorgehensweise ist bei der Analyse jedweder Couleur ein unbedingtes Muss. Diesem Grundsatz folgend, werden auch wir zunächst die allgemeinen Rahmenbedingungen beleuchten, bevor es mit den betriebswirtschaftlichen Indikatoren ans "Eingemachte" geht.
Volkswirtschaftliche Indikatoren
Das Feld der Volkswirtschaft, d.h. der gesamten Wirtschaft eines Landes, ist weit und unübersichtlich. Denn zu den kleinen und großen Betrieben, die ja nach allgemeinem Dafürhalten die "Wirtschaft" darstellen, gesellen sich noch der Staat und die kommunalen Verwaltungen mit den öffentlichen Haushaltungen, und nicht zuletzt jeder einzelne private Haushalt. Sie alle spielen in diesem komplizierten Netz eine wichtige Rolle; konsumieren, vermitteln oder produzieren etwas. Außerdem: Nicht nur die Indikatoren alleine spielen bei der Analyse eine Rolle, sondern auch diejenigen Faktoren, die diese Indikatoren beeinflussen.
Dazu gehören die Finanz- und Wirtschaftspolitik des jeweiligen Landes, aber ebenso die Entwicklungen im Ausland, die über politische wie wirtschaftliche Verbindungen erheblichen Einfluss auf eine Volkswirtschaft nehmen können. Besonders die Wechselkursentwicklung ist hier von hoher Bedeutung. Auf diese spezielle Problematik werden wir daher im folgenden ebenfalls eingehen.
Das Studium der Volkswirtschaftslehre oder der Betriebswirtschaftslehre ist nicht in wenigen Monaten zu bewältigen. Daher ist es klar, dass sich dieses Kapitel über volkswirtschaftliche Indikatoren auf für den Anleger unumgängliche Fakten und Begriffe beschränken muss, wenn es nicht den Umfang aller Hamburger Telefonbücher auf einmal annehmen soll. Wir stellen daher ausschließlich diejenigen Begriffe und Zusammenhänge ins rechte Licht, mit denen Sie oftmals in Zeitungen und Fernsehen konfrontiert werden, und stellen dann deren Relevanz für den privaten Anleger heraus.
Beginnen wir zunächst mit einem Schlagwort: "Konjunktur". Heutzutage in aller Munde, ist dieser Begriff in seiner Bedeutung dennoch für die Mehrheit so diffus und unklar wie "Multimedia".
Der Konjunkturverlauf
Die Probleme der Allgemeinheit, derartig bekannte Begriffe wie "Konjunktur" in erklärende Worte zu kleiden, fußen in dem immerwährenden Bestreben der Wissenschaft, Definitionen grundsätzlich so zu formulieren, dass der Durchschnittsbürger beim Lesen einen Kreislaufkollaps erleidet. Daher in ganz einfachen Worten:
Die Konjunktur ist die Steigerung oder Verringerung der wirtschaftlichen Leistungen einer ganzen Volkswirtschaft.
Dies ist zwar nahezu halsbrecherisch vereinfacht, trifft den Sachverhalt aber durchaus. Eine anziehende Konjunktur in Deutschland bedeutet also nur, dass sich die wirtschaftliche Leistung unseres Landes erhöht hat. Dies heißt aber nicht, dass sich dieser Aufschwung auf alle Branchen erstreckt, oder jeder von uns mehr Geld in der Tasche hat. Es ist eine ganz allgemein gehaltene Größe, die isoliert betrachtet nicht dafür taugt, Grundlage einer Anlageentscheidung zu sein.
Dennoch bietet der Verlauf der Konjunktur, in einem mehrjährigen Rahmen betrachtet, wichtige Hinweise. Der Grund dafür liegt darin, dass sich die Konjunktur in stetigem Fluss befindet. Auf eine Phase steigender Wirtschaftstätigkeit, dem Aufschwung, folgt immer eine Phase, in der sich die Wirtschaftsleistungen verringern - die Rezession. In Zahlen werden derartige Bewegungen mit konjunkturbezogenen Größen wie Bruttosozialprodukt (BSP) oder Bruttoinlandsprodukt (BIP).
Schematisch dargestellter Konjunkturzyklus
Das Wissen um diese stetige Fluktuation bietet dem Anleger eine langfristige Orientierung, denn die Börsen sind - wenngleich nicht sklavisch und mit Zeitverzögerungen - an die Konjunktur gekoppelt. Es gibt ganz einfach Zeiten, in denen die Aktien- oder Rentenkurse per saldo steigen, und ebenso Phasen, in denen sie - zumindest mittelfristig betrachtet - fallen. Und eben diese Richtung der "großen Trends" ist direkt vom Verlauf der Konjunktur abhängig.
Zunächst aber erst einmal zurück zur Konjunktur per se. In obiger Abbildung sehen Sie das Auf und Ab der Konjunktur schematisch dargestellt. Die Konjunktur bewegt sich in Zyklen, deren vier Zyklenbereiche zwar immer in der selben Reihenfolge auftreten, deren Dauer jedoch sehr unterschiedlich sein kann.
Obwohl man glauben sollte, dass eine Rezession (eine Verringerung der Wirtschaftsleistung) vermeidbar sein müsste - bis heute ist dieses Kunststück noch niemandem gelungen. Einzig und allein die Stärke der wirtschaftlichen Schrumpfung und die Dauer dieser Periode lässt sich erfolgreich beeinflussen. Doch zunächst eine kurze, vereinfachte Beschreibung der vier Phasen des konjunkturellen Zyklus:
Der Aufschwung
Bei allgemein steigender Wirtschaftsleistung steigt die Nachfrage nach Gütern aller Art - auch nach Dienstleistungen. Dies geschieht, da immer mehr Personen in Arbeit stehen. Dadurch verfügen mehr Leute über mehr Kapital, um zu konsumieren. Aufgrund des anziehenden Konsums erhöht sich wiederum die Produktion, weitere Personen werden als Arbeitskräfte benötigt, um die erhöhte Nachfrage durch höhere Produktion zu stillen. Auch diese neu Eingestellten verfügen ab sofort über mehr Geld, um damit mehr auszugeben. Die Wirtschaftsleistung wächst immer weiter.
Da es sich hier, wie Sie erkennen, bei einem Aufschwung um einen Kreislauf handelt, fragt man sich unversehens, wo das Problem liegt. Nun, es ist wie so oft im Leben. Irgendein Sandkorn landet immer im Getriebe!
Doch zunächst funktioniert diese Wachstumsschraube. Ab einem bestimmten Zeitpunkt, zumeist dann, wenn kaum noch weitere Arbeitskräfte zu bekommen sind (theoretische Vollbeschäftigung) oder die Produktion aufgrund technischer Grenzen nicht so schnell weiter gesteigert werden kann wie die Nachfrage weiter anzieht, beginnen die Probleme.
Die Boomphase
Diese Phase ist üblicherweise recht kurz, sie erstreckt sich im Durchschnitt über ein Jahr. Zu dieser Zeit sind die Kapazitäten der Unternehmen bis ans Maximum ausgelastet, aber die Nachfrage steigt immer weiter, obwohl keine neuen Arbeitnehmer in den Produktionsprozeß aufgenommen werden. Der Grund liegt in der allgemein guten Stimmung. Man fürchtet nicht mehr um seinen Arbeitsplatz, und verringert daher das "Sparen für schlechte Zeiten" zugunsten des Konsums. Die Unternehmen erhöhen die Investitionen, um mehr Güter liefern zu können, doch bis die erhöhten Produktionskapazitäten zur Verfügung stehen, vergeht einige Zeit.
Die gute Konsumstimmung ermöglicht den Unternehmen, die Preise zu erhöhen. Schließlich liegt die Nachfrage momentan über dem Angebot, daher muss man auch bei anziehenden Preisen nicht um seinen Absatz fürchten. Die Gewinne der Gesellschaften ziehen dadurch zwar noch einmal sehr stark an, aber gleichzeitig beginnt damit schon die nächste Runde der "ewigen Achterbahn":
Der Abschwung
Die anziehenden Preise der Güter bedeuten Inflation. Damit können die Arbeitnehmer, obwohl noch in Arbeit, nicht mehr so viel konsumieren wie zuvor. Die Umsätze der Gesellschaften gehen daher - zunächst nur leicht - zurück. Um sich den erreichten Lebensstandard zu sichern, werden höhere Löhne verlangt - und aufgrund der gestiegenen Unternehmensgewinne - auch gewährt.
Die Investitionen der Unternehmen haben mittlerweile zu neuen Produktionsmitteln geführt. Doch da die Umsätze nicht weiter steigen, erweisen sich die höheren Kapazitäten als Falle. Die Auslastung geht zurück, Teile der Produktionsmittel liegen daher brach. Die stattliche Personaldecke erweist sich plötzlich als zu dick, und die höheren Lohnkosten tragen ebenfalls dazu bei, dass die Gewinne der Unternehmen zügig sinken. Die Konsequenz:
Um die Gewinne zu sichern, müssen entweder die Preise erhöht werden - dann schrumpfen aber die Umsätze. Oder man entläßt Arbeitnehmer. Dann aber gibt es weniger Personen, die sich den Konsum dieser Güter leisten können. Sie sehen: Auch auf dem Weg nach unten gibt es diese in sich logische Schraube, die zunächst zu einem Rückgang des Wachstums, danach aber zu einer Verringerung des Wirtschaftsvolumens selber führt (Rezession). Und ebenso wie im Aufschwung gilt hier: Das Tempo nimmt mit Zeitablauf immer mehr zu. Am Ende steht:
Die Rezession
In dieser Phase erreicht der Abschwung eine höhere Beschleunigung. "Amtlich" gesehen, beginnt eine Rezession, wenn das Bruttosozialprodukt zwei Quartale nacheinander rückläufig ist.
Die Lage ist allgemein äußerst prekär. Die Unternehmen schreiben teilweise rote Zahlen, viele Firmen müssen ihre Tore schließen. Die Zahl der Arbeitslosen steigt immer weiter. Dazu kommt noch, dass diejenigen, die noch Arbeit haben, um ihren Arbeitsplatz fürchten, und daher die Sparquote scharf erhöhen. Der Absatz an Gütern fällt aber dadurch noch mehr, und weitere Personen verlieren ihre Stellen. Die Inflation jedoch geht bereits wieder langsam zurück, denn die Preise werden sukzessive gesenkt, um überhaupt noch etwas verkaufen zu können.
Erst wenn nur noch die "starken" Unternehmen übrig sind, d.h. diejenigen, die aufgrund des in dieser Phase extrem mörderischen Wettbewerbes nicht schließen mussten, wendet sich das Blatt langsam wieder. Denn diese überlebenden Firmen haben ja bereits in der letzten Boomphase weitreichende Investitionen vollzogen, besitzen ausreichende Kapazitäten für einen neuen Aufschwung und können ihre vorhandenen Kapitalreserven in Innovationen und Rationalisierungsmaßnahmen stecken. So können sie auch bei geringeren Umsätzen mit der Zeit wieder gute Gewinne einstreichen.
Obwohl diese einzelnen Schritte eines Konjunkturzyklus in sich recht logisch klingen, fragt man sich unversehens, warum dieser Kreislauf nicht durchbrochen werden kann. Diese Frage existiert schon sehr lange, und eine ganze Litanei unterschiedlichster Theorien versucht, Abhilfe zu schaffen. Hieraus sind Mechanismen der "Feinsteuerung" entstanden, die bislang aber niemals perfekt funktioniert haben.
Probleme
So ganz ohne weiteres ist der Übergang von einer Rezession in einen Aufschwung nicht zu erreichen. Denn selbst wenn nach einer solchen Phase der "Gesundschrumpfung" eine kleinere Anzahl schlanker, wettbewerbsfähiger Unternehmen am Markt agiert: Die Situation des Jahres 1996 zeigt ganz klar, dass es damit nicht getan ist. Woher erhalten die in der Rezession entlassenen Arbeitnehmer eine neue Arbeit?
Im Jahre 1996 ist die Rezession bereits seit gut zwei Jahren vorüber, aber die Zahl der Arbeitslosen ist so hoch wie nie zuvor. Und das ist kein Einzelfall. Der häßliche volkswirtschaftliche Begriff der "Sockelarbeitslosigkeit" zeigt, dass das Problem nach jeder Rezession erneut auftaucht. Immer ist die Zahl der "übriggebliebenen", also der "Sockel" der Arbeitslosen, der auch in dem darauffolgenden Aufschwung nicht abgebaut werden kann, höher als zuvor.
Ein anderes Phänomen ist zeitgleich zu beobachten. Die Schrumpfung der Wirtschaftsleistung mag zwar vorbei sein, aber der Aufschwung kommt zwei Jahre nach Ende der Rezession immer noch nicht in Fahrt - von einem Boom keine Spur. Ein Teil der Unternehmen, eben die vorab genannten "Starken" machen wieder exorbitante Gewinne, der "Rest" aber hat zu kämpfen (damals z.B. der Maschinenbau).
Und: Der Konsum kommt nicht in Schwung. Negativ, weil der Handel darunter sehr leidet, aber positiv, weil damit auch die Preise nicht stärker anziehen können. Das Jahr 1996 wies eine ungewöhnlich geringe Inflationsrate von etwa 1,5% auf - in früheren Aufschwüngen undenkbar!
Was folgern wir daraus? Nicht jeder Konjunkturzyklus verläuft gleich. Und das liegt ganz entscheidend an Faktoren, die auch den Übergang von Rezessionen in Aufschwünge und umgekehrt bedingen: Die externen Einflußfaktoren. Um den Abschwung in seiner Intensität zu bremsen oder um den Boom nicht zu heiß laufen zu lassen, was nämlich nur einen um so tieferen Fall bedeuten würde, haben Volkswirtschaften Mittel und Wege gefunden, eine "Feinsteuerung" der Konjunkturentwicklung vorzunehmen. Dass dies jedoch nicht immer das gewünschte Ergebnis zeigt, ist nicht zu übersehen.
Auswirkungen des Konjunkturzyklus auf die Börse
Zunächst wollen wir aber die einzelnen Phasen des Zyklus in Relation zu den "großen Trends" der Börse setzen. Es liegt ja eigentlich auf der Hand:
In Zeiten eines Aufschwungs oder gar Booms steigen die Gewinne der Unternehmen. Da damit in der Regel auch die Dividenden erhöht werden, der Buchwert der Unternehmen steigt und die Zukunftsaussichten glänzend erscheinen, steigen die Kurse der Aktien.
Im Gegenzug gehen die Notierungen in den Keller, wenn ein Abschwung beginnt. Die Gewinne und zeitgleich die Dividenden und Zukunftsaussichten trüben sich ein. Daher fallen die Kurse ebenfalls. Sobald eine Rezession dann tatsächlich beginnt, beschleunigt sich dieser Abstieg sogar noch.
Doch ganz so leicht macht es die Börse dem Anleger nun doch nicht. Die kräftigsten Kursstürze finden dann statt, wenn von einem Abschwung noch gar nichts zu sehen ist. Dafür gibt es mehrere Gründe:
1. Die Feinsteuerung des Konjunkturverlaufes, dem Anleger über die im folgenden beschriebenen volkswirtschaftlichen Indikatoren ersichtlich, beginnt schon weit bevor ein Übergang von einer Konjunkturphase in die nächste stattfindet. Die Finanzministerien und Notenbanken verfügen früher über detailliertere Informationen und Sachkenntnisse als der private Anleger, und reagieren daher oft schon mit bremsenden oder stimulierenden Maßnahmen, wenn sich nur eine mögliche Gefahr abzeichnet. Derartige Maßnahmen überraschen den Markt zumeist, so dass eine kräftige Kursreaktion nach oben oder unten die Folge ist. Damit zeigt sich ganz klar:
Die Börsen ANTIZIPIEREN kommende Entwicklungen. Sie reagieren also bereits im Vorfeld auf Ereignisse, die WAHRSCHEINLICH in den nächsten Monaten stattfinden werden.
2. Dazu kommt das Bestreben der Marktteilnehmer, eine Entwicklung vor den anderen zu erkennen, um bereits richtig positioniert zu sein, wenn die großen Kursbewegungen beginnen. Dass dabei bisweilen zu früh losgeprescht wird, ist klar. Da sich derartige "heimliche" Positionswechsel nicht bei allen Akteuren gleichzeitig abspielen, die Zahl derer, die "so eine Ahnung" haben aber sukzessive steigt, beginnen die Kurse bereits nach und nach zu steigen, obwohl die Rezession noch gar nicht überwunden ist. Die Erfahrung lehrt:
Die Börse pflegt zu erwartende konjunkturelle Entwicklungen allgemein sechs bis zwölf Monate im voraus zu eskomptieren.
Volkswirtschaftliche Indikatoren
Die vorstehend bereits angesprochenen kleinen "Rädchen", mit denen man von höherer Stelle aus die Konjunktur in geordnete Bahnen zu lenken versucht, werden als volkswirtschaftliche Indikatoren bezeichnet. Deren Bezeichnungen sind jedermann geläufig - ihre hohe Relevanz für die persönlichen Anlageentscheidungen zumeist aber nicht.
Denn diese Indikatoren sind es, die - über den ganz groben Rahmen der konjunkturellen Zyklen hinaus - das entweder positive oder negative Umfeld für die Börsen generieren. Die wichtigsten Größen, an denen Sie abwägen können, ob ein Investment zu diesem Zeitpunkt grundsätzlich Sinn macht oder nicht, stellen wir Ihnen hier vor.
Konjunkturprogramme
Die Frage wurde ja bereits in den Raum gestellt: Wie kommt die Konjunktur nach einer Rezession wieder richtig in Fahrt? Neben den "gesundgeschrumpften" Unternehmen sind zumeist zusätzliche Stimulanzien erforderlich, bis die gesamte Wirtschaft wieder ein Wachstum vorweisen kann. Die oft verleugneten, aber in aller Regel dennoch vorhandenen Konjunkturprogramme sind es, die diese positiven Effekte auf die Volkswirtschaft ausüben sollen.
Die öffentliche Hand vergibt in diesen Phasen - also gegen Ende einer Rezession - verstärkt Aufträge an die Privatwirtschaft, zum Beispiel im Wohnungs- oder Straßenbau und dem Verteidigungssektor, um deren Produktion anzukurbeln und die Arbeitslosigkeit zu verringern. Bleiben diese Fördermaßnahmen aber aus, entsteht eine Situation wie in 1996:
Bedingt durch die Wiedervereinigung und die scharfen Kriterien für die nahende Währungsunion vermochte der Bund aufgrund leerer Kassen keine Hilfestellung zu geben. Das Ergebnis:
Trotz "rechnerischem" Aufschwung bleibt die Konjunktur schwach, immer noch gehen Unternehmen in Konkurs, die Zahl der Arbeitslosen nimmt sogar zu, anstatt sich zu verringern.
Konsequenz für den Anleger:
Für ein Investment eignen sich nur Unternehmen, die von solchen Hilfestellungen unabhängig sind, und die Abschwung- und Rezessionsphase erfolgreich meistern konnten - sofern Konjunkturprogramme ausbleiben. Dennoch bleibt Vorsicht angeraten. Eine genaue Beobachtung ist dahingehend erforderlich, ob sich nicht den Aufschwung bedrohende Faktoren etablieren.
Ansonsten aber wählt man bevorzugt Aktien aus den Bereichen Stahl, Wehrtechnik oder insbesondere der Baubranche, da diese ganz zu Beginn eines Aufschwungs von derartigen Konjunkturprogrammen profitieren können.
Zinspolitik
Das vorrangige Ziel des Europäischen Systems der Zentralbanken (ESZB) gemäß Artikel 2 der Satzung des Europäischen Systems der Zentralbanken und der Europäischen Zentralbank (ESZB-Satzung) ist es, die Preisstabilität zu gewährleisten. Soweit dies ohne Beeinträchtigung des Zieles der Preisstabilität möglich ist, unterstützt das ESZB die allgemeine Wirtschaftspolitik in der Gemeinschaft, um zur Verwirklichung der Ziele der Gemeinschaft beizutragen.
Die Beeinflussung der Konjunktur, ob durch bremsende oder stimulierende Maßnahmen, gehört dagegen nicht zu ihren Aufgaben - zumindest nicht direkt. Denn wie Sie bereits in der Beschreibung des Konjunkturzyklus gesehen haben, ist die Inflation eng mit den einzelnen Phasen verknüpft. Kaum kommt der Aufschwung richtig in Fahrt, pflegen die Preise zu steigen, also die Inflation anzuziehen. Verringert sich aber die Wirtschaftsleistung im Zuge eines Abschwunges, so schwächt sich die Inflationsrate zusehends ab, da die Unternehmen die Preise senken müssen, um konkurrenzfähig zu bleiben. Und in diesem Zusammenhang spielt die EZB eine durchaus entscheidende Rolle.
Das wichtigste Instrument der EZB zur Inflationsbekämpfung ist die Zinspolitik. Das Niveau der am Markt gebotenen und verlangten Zinsen ist (über mehrere Etappen, die für uns hier nicht von Bedeutung sind) von den Leitzinsen abhängig.
Ober- und Untergrenze für die Schwankungen des Geldmarktzinses stellen die Spitzenrefinanzierungsfazilität sowie die Einlagenfazilität dar. Der wichtigste Leitzins ist der Zins für die von den nationalen Zentralbanken im Rahmen von Standardtendern durchgeführten Hauptrefinanzierungsgeschäfte.
Stellen Sie sich bitte folgendes Szenario vor:
Die Konjunktur befindet sich in einer Boomphase. Die Preise steigen aufgrund des kräftigen Konsums kräftig an. Damit droht eine weiter steigende Inflation, die über kurz oder lang zu einem erheblichen Rückgang der Kaufkraft führen wird und damit einem Abschwung verursacht. Ursache: Die Konjunktur steigt einfach zu kräftig und zu schnell.
Um Schlimmeres zu verhindern, müßte man irgendwie bremsend wirken. Doch wie soll dies in einer freien Marktwirtschaft geschehen? Die Unternehmen werden ihre Kapazitäten so lange weiter erhöhen (und die Preise selbstredend auch), wie daraus steigende Profite zu erwarten sind.
Die Lösung: Die Erhöhung der Leitzinsen.
Diese Zinserhöhung mündet direkt in ebenfalls höhere Kapitalmarktzinsen. Wer also Kredit haben will, muss dafür einen höheren Zins als zuvor bezahlen, wer Kredite vergibt, verdient daran vice versa besser als vorher.
Wenn die EZB den Zins zügig und konsequent erhöht, wird der Aufschwung damit gebremst. Da die Absätze aufgrund der gestiegenen Preise ohnehin nicht mehr allzu rasant steigen, werden sich mehr und mehr Unternehmen vor folgende Alternativen gestellt sehen:
Entweder sie investieren weiter - mit der Ungewißheit, ob die Expansion auch von steigenden Umsätzen gefolgt wird, sich also lohnt, und bezahlen für die dafür erforderlichen Kredite immer höhere Zinsen. Oder:
Die Investitionen werden zurückgeschraubt, und überschüssiges Kapital sowie auflaufende Gewinne werden zu den immer weiter steigenden Zinsen gewinnbringend und risikolos angelegt.
Je höher die Zinsen steigen, desto attraktiver wird die zweite Alternative - und der Anstieg der Wirtschaftsleistung verringert sich dadurch nach und nach. Gleichzeitig wird auch die Inflation gebremst, denn durch die Abschwächung der Expansion in den Betrieben werden keine weiteren Arbeitnehmer mehr eingestellt, die Leute beginnen um ihre Arbeitsplätze zu fürchten und sparen mehr. Außerdem können höhere Preise nicht mehr so leicht durchgesetzt werden, da auch die privaten Kredite teurer werden, und sich dadurch der Drang der Bevölkerung verringert, auf Kredit zu kaufen. Sobald die Inflation wieder ein für die Bundesbank angemessenes Niveau erreicht hat, können die Zinserhöhungen beendet werden.
Problem: Diese Zinssteuerung muss sehr feinfühlig geschehen, da die Konjunktur bei zu schnellen Steigerungen der Leitzinsen abgewürgt werden könnte. Der Effekt wäre genau das, was man wenn nicht verhindern, so doch zumindest abschwächen wollte - ein Abschwung!
Spinnen wir das Szenario weiter:
Ein Abschwung hat stattgefunden, und mündet nun in eine Rezession ein. Die Unternehmen, ohnehin mit stark rückläufigen Umsätzen konfrontiert, legen ihr Kapital lieber zu den hohen Zinsen an, anstatt in eine ungewisse Zukunft zu investieren. Die Inflation ist kein Thema mehr, bisweilen gehen die Preise sogar zurück (Deflation). Um dieser Entwicklung Einhalt zu gebieten und zugleich den Boden für einen neuen Aufschwung zu legen, senkt die EZB zügig die Zinsen. Das kann sie sich problemlos leisten, denn die Gefahr von Inflation besteht in der momentanen Lage ja nicht. Dadurch werden Kredite für Investition billiger, das Anlegen des Kapitals aber gleichzeitig immer weniger attraktiv.
Und so leistet die EZB, wenn auch primär mit dem Ziel der Inflationskontrolle, ihren Beitrag zur Regulierung der konjunkturellen Entwicklung.
Konsequenz für den Anleger:
Steigende Zinsen sind Gift für die Börse. Denn wenn nicht weiter expandiert wird, steigen auch die Gewinne langsamer - und damit auch die Aktienkurse. Das alleine könnte zwar weiterhin leicht anziehende Notierungen zulassen, aber:
Gemeinhin werden in Aktienkursen bereits die Erwartungen der Zukunft eskomptiert. Da diese Erwartungen leider - aufgrund der Tatsache, dass die Zukunft nun einmal recht ungewiß ist - nur die Entwicklungen der Vergangenheit fortschreiben, müssen Erwartungen stark steigender Gewinne, die bereits im Kurs enthalten sind, revidiert werden. Die Aktiennotierungen sind also zu weit vorausgeeilt, und werden daher in aller Regel fallen müssen, um sich den Realitäten wieder anzugleichen! Und:
Wenn die Zinsen wieder ein entsprechend hohes Niveau erreicht haben, tritt die Anlagemöglichkeit hochverzinster Rentenpapiere plötzlich zu den Aktien in Konkurrenz. Denn wenn man erkleckliche Zinsen bekommt, die weit über dem Niveau der Dividenden auf Aktien liegen, warum sollte man sich dann dem Kursrisiko aussetzen, das Aktien nun einmal mit sich bringen?
Andererseits sorgen fallende Zinsen für per saldo steigende Kurse. Denn mit der Rücknahme der Zinsen wird ein Aufschwung immer wahrscheinlicher. Auch wenn die Gewinne der Gesellschaften nicht sofort mit der ersten Zinssenkung anziehen: Die Börse nimmt die Entwicklungen vorweg, so dass die Aktienkurse bereits erheblich anziehen können, obwohl die Rezession noch nicht einmal vorbei ist.
In solchen Phasen besonders zu bevorzugen: Bankaktien. Steigende Rentenkurse lassen die Gewinne der Banken aus ihrem traditionell hohem, in Form von Rentenpapieren angelegtem Eigenkapital steigen, zudem verdienen die Institute am aufgrund der niedrigen Zinsen wieder steigenden Kreditvolumen.
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Das Problem der Löhne ist eine für die Produktionskosten wichtige betriebswirtschaftliche Größe, die aber durch die flächendeckenden Tarifverträge auch auf Ebene einer ganzen Volkswirtschaft Bedeutung erhält. Denn:
Zu hohe Lohnsteigerungen erhöhen die Produktionskosten der Unternehmen. Wenn dies nicht durch Rationalisierungen (zumeist Entlassungen) aufgefangen werden kann, schmälern diese höheren Kosten logischerweise die Gewinne der Unternehmen - es sei denn, die Preise werden angehoben, was man sich in einer Aufschwungphase, wo solch höhere Löhne ja zumeist gefordert werden, auch durchaus erlauben kann.
Aber das bedeutet nun einmal Inflation! Darüber hinaus:
Die oftmals im Zuge der Tarifauseinandersetzungen stattfindenden Streiks verschlimmern die Situation natürlich um so mehr. Denn für einen Produktionsausfall von nur wenigen Tagen hätte ein Unternehmen auch einen ganzen Prozentpunkt mehr Lohn zahlen können - die Kosten wären die selben.
Konsequenz für den Anleger:
Streiks und Tarifstreitigkeiten über Lohnerhöhungen belasten die Börse fast immer. Die typische Zeit hierfür ist das Frühjahr. Doch wenngleich mahnende Worte der Bundesbank in dieser Zeit nicht ausbleiben, echte Zinsängste führen hier nicht zu fallenden Notierungen. Vielmehr sind es die Werte aus den Branchen, wo der Streit am heftigsten tobt oder die gar bestreikt werden, deren Kurse zur deutlichen Schwäche neigen, weil man negative Auswirkungen auf die Gewinne befürchtet.
Der Anleger sollte hierbei aber nicht ängstlich aus solchen Werten aussteigen. Denn der alte Börsenspruch "Streiktage sind Kauftage" trifft (als einer der wenigen) zumeist zu. Die Auseinandersetzungen führen fast nie zu nachhaltigen Trendwechseln. Daher ist man meist gut beraten, einen Teil seines Kapitals für solche Gelegenheiten zurückzuhalten, um günstig nachkaufen zu können. Denn kaum ist ein Tarifvertrag abgeschlossen und die Unruhe damit bereinigt, pflegen die Notierungen wieder auf ihre alten Niveaus zurückzufinden.
Wechselkurseinflüsse
Eine weitere wichtige Rahmenbedingung für ein günstiges oder eben ungünstiges Börsenumfeld sind die Wechselkurse, oder anders ausgedrückt: Der Wert des Euro in Relation zu den wichtigsten anderen Währungen (Der Außenwert des Euro).
Der Grund ist klar ersichtlich. Fällt beispielsweise der Euro zum Dollar von 0,90 auf 0,80 Dollar, so erhält eine deutsche Firma, die in den USA eines ihrer Produkte für 10 Dollar verkauft, 12,50 anstatt vorher 11,11 Euro dafür. Und da die Produktionskosten dabei nicht gestiegen sind, erhöht sich der Gewinn beträchtlich. Die Firma kann aber auch die Preise senken. Damit steigt der Gewinn pro Stück zwar nicht an, aber sie kann damit billiger anbieten als Konkurrenten aus anderen Ländern, und erhöht dadurch die Umsätze.
Steigt der Euro jedoch, verringert sich der Gewinn genauso stark. Wenn die Herstellungskosten ohnehin 10 Euro betragen, ist der Anstieg des Euro auf 1,00 Dollar natürlich eine Katastrophe. Aus diesem Grund haben die Kursverläufe der exportorientierten Werte eine so enge Bindung an den Kurs des Euro. Wichtig:
Der Außenwert des Euro kann nur über das Zinsniveau oder die Regulierung der Geldmenge gesteuert werden. Denn bei hohen Zinsen in Euroland ist eine Anlage in Euro natürlich attraktiver als in Ländern mit niedrigeren Zinsen. Da die Euro-Währung für eine Anlage in Euroland benötigt wird, steigt die Nachfrage nach dem Euro immer weiter an. Die Folge: Der Euro-Kurs steigt an bzw. der Kurs der anderen Devisen sinkt.
Werden die Zinsen jedoch gesenkt, wird der Euro als Anlagewährung unattraktiv. Damit fällt sein Kurs im Verhältnis zu anderen Devisen zurück. Dollar, Pfund usw. steigen und erleichtern den Unternehmen die Exporte ins Ausland. Auch auf diesem Wege gibt also die EZB - im Zuge der Regulierung des Außenwertes des Euro - der Konjunktur und den Börsenkursen Schützenhilfe.
Konsequenz für den Anleger:
Bei steigenden Devisenkursen, oder eben fallendem Euro, sollten die exportorientierten Aktien bevorzugt werden, denn diese erhöhen in dieser Situation Ihre Gewinne deutlich.
Gute Nachrichten - Fallende Aktienkurse?
Eine wichtige Erkenntnis läßt sich aus den vorangegangenen Abschnitten ableiten: Gute Wirtschaftsmeldungen sorgen manchmal für nachgebende Kurse an der Börse.
Warum? Nun, was dem Einsteiger oft verwirrend und unlogisch erscheint, hat eine einfache Lösung: Die Furcht vor steigenden Zinsen.
Dabei muss man aber genau auf die Phase achten, zu der solche Reaktionen möglich sind.
Sie erinnern sich:
Aus dem Drang, rechtzeitig einzusteigen, pflegen die Anleger die Börsenkurse in aller Regel bereits in die entsprechende Richtung zu treiben, bevor die Umstände eintreten, die eine solche Kursbewegung rechtfertigen.
Wenn also nach einer Phase der Rezession plötzlich wieder gute, ein Wachstum bescheinigende Daten veröffentlicht werden, dienen diese als Bestätigung der Hoffnungen. Die Kurse werden daraufhin durchaus weiter kräftig steigen.
Anders sieht es aber aus, wenn ein Aufschwung bereits im vollen Gange ist. In diesem Fall schielt jedermann ängstlich auf die volkswirtschaftlichen Indikatoren, da ein vielleicht daraus ableitbares, zu starkes Wachstum die Notenbank veranlassen könnte, die Zinsen zur Dämpfung des Wirtschaftswachstums zu erhöhen. Und da höhere Zinsen (bekannterweise allerdings um drei Ecken) zu fallenden Aktienkursen führen, führt jede hervorragende Konjunkturzahl in dieser Phase zu fallenden Kursen!
Stärken und Schwächen der volkswirtschaftlichen Indikatoren
Ziehen wir aus dem nun gelernten ein Resümee. Was können Sie als privater Investor mit all diesen Indikatoren anfangen - und was nicht? Die Veröffentlichung konjunktureller Indikatoren wird allgemein mit großer Spannung erwartet. Sobald eine Zahl über die Monitore der Nachrichtendienste wie Reuters oder VWD flimmert, beginnen hektische Aktionen, die in der Regel zu kräftigen Kursausschlägen führen. Insbesondere in den USA, wo die Börsenteilnehmer noch "statistikverrückter" sind, reagieren die Märkte oft nahezu hysterisch auf so "entscheidende" Größen wie die Zahl der verkauften Einfamilienhäuser im Oktober.
Sie als privater Anleger sind in der Situation, weitaus langsamer als die Profis reagieren zu können. Würden Sie versuchen, auf diese Mitteilungen zu reagieren, wären Sie der letzte, der dann eben zu bereits extrem gestiegenen oder gefallenen Notierungen kaufen oder verkaufen könnte. Das ergibt keinen Sinn - aber Verluste. Denn im Anschluss an solche Nachrichten gehen die Märkte immer wieder zur Tagesordnung über, oft werden dann die starken Ausschläge des Vortages zum Teil wieder ausgeglichen. Damit aber nicht genug:
Niemals läuft ein Auf- oder Abschwung gerade und zielgerichtet ab. Immer wieder gibt es "Ausreißer", also Zahlen, die scheinbar eine Trendwende ankündigen, im nächsten Monat aber schon wieder genau in das Gesamtbild passen. Ob es sich um "Ausreißer" oder um Trendwenden handelt, können Sie aber nicht feststellen, bis der nächste Wert dieses volkswirtschaftlichen Indikators eintrifft!
Sind diese Indikatoren damit wertlos? Nein, keineswegs! Man muss sich nur zwingen, nicht hysterisch auf jede einzelne Zahl zu blicken, sondern die Zahlen in einen mittelfristigen Rahmen einordnen. Denn da sich die Konjunkturzyklen über Zeitspannen mehrerer Jahre erstrecken, müssen auch diese einzelnen volkswirtschaftlichen Indikatoren in diesem Rahmen betrachtet werden. So gelingt es Ihnen, die Informationen zu erlangen, die diese Werte liefern können:
Handelt es sich momentan um eine günstige oder ungünstige Phase, um Aktien zu kaufen, zu halten oder zu verkaufen?
Dies und nichts anderes bietet der volkswirtschaftliche Teil des fundamentalen Ansatzes. Um aber diejenige Aktie mit den günstigsten Kurschancen herauszufinden oder gar das optimale Timing zu erlangen, benötigen Sie völlig andere Ansätze, den wir Ihnen im folgenden näherbringen werden.
Betriebswirtschaftliche Indikatoren
Sollten Ihnen die volkswirtschaftlichen Indikatoren ein für den Erwerb von Aktien günstiges Umfeld offenbart haben, geht die Suche nach der "besten" Aktie los. Dazu muss natürlich eingeräumt werden, dass sich Aktien nur selten nach den Maßstäben der Wissenschaft bewegen. Einzelne Branchen können andere in der Kursentwicklung deutlich hinter sich lassen, wenn Währungsverschiebungen oder Zinsveränderungen auftreten.
Doch die Entscheidung, besser zyklische Exportwerte oder zinssensitive Banktitel zu kaufen, wird Ihnen ja, wie vorstehend erklärt, durch die momentane Phase eines konjunkturellen Zyklus erleichtert. Nur:
Welchen Chemie- oder Stahlwert wähle ich aus? Wo liegen die größten Chancen auf hohe Gewinne?
Um diejenigen Aktien aus der Masse herauszufiltern, welche die größten Chancen auf Kursgewinne aufweisen, muss man sich mit den Kennzahlen eines Unternehmens vertraut machen. Viele dieser betriebswirtschaftlichen Indikatoren sind Ihnen sicherlich bereits geläufig. Im Fernsehen und in der Fachpresse gleichermaßen wird oft genug von Gewinnen, dem Buchwert, Kurs-Gewinn- Verhältnis oder Cash Flow gesprochen.
Beginnen wir aber zunächst mit derjenigen Übersicht, die Ihnen die wichtigsten Zahlen eines Unternehmens auf einen Blick liefert - wenn man sie zu lesen versteht: Die Bilanz.
Muss man eine Bilanz lesen können?
Wer jemals eine kaufmännische Lehre oder ein Wirtschaftsstudium absolviert hat, wird den Schrecken nie vergessen, den Kosten- und Leistungsrechnung oder Buchführung und Bilanzierung in der unbedarften Lehrlings- oder Studentenseele hinterlassen haben. Doch der Anleger muss sich in seinem Bestreben, den besten und dynamischsten Wert für seine Spekulation zu finden, nicht mit den Geheimnissen der Buchungssätze oder der Faszination von zwischen Aktiv- und Passivseite hin- und herwechselnden Summen befassen. Es sind nur einige wichtige Zahlen, auf die es ankommt.
Jeweils nach Ende eines Geschäftjahres (welches bei vielen Unternehmen mit dem Kalenderjahr zusammenfällt) muss eine Aktiengesellschaft eine Bilanz erstellen. Diese Bilanz können Sie über Ihre Hausbank oder direkt beim Unternehmen anfordern. Doch die wichtigsten Eckdaten werden im allgemeinen ohnehin in der Wirtschaftspresse veröffentlicht. Wichtig ist dabei vor allem der Vergleich zu den jeweiligen Zahlen des Vorjahres. Steigen die Gewinne an, und wenn ja, wieso?
Die Tücken einer Bilanz liegen darin, dass die Zahlen alleine nicht genug aussagen können. Es gibt viele Möglichkeiten, eine Bilanz "gut aussehen" zu lassen, und damit die vielleicht nicht besonders günstige Situation zu schönen.
Gehen wir jetzt auf die Kennzahlen ein, die für Sie von Bedeutung sind. Dies sind diejenigen betriebswirtschaftlichen Indikatoren, die Ihnen verdeutlichen, ob dieses Unternehmen ein Investmentwert sein könnte oder nicht. Solche Kennzahlen lassen sich zwar auch aus einer Bilanz ableiten oder herauslesen, aber:
Die Mehrzahl der betriebswirtschaftlichen Indikatoren bezieht sich auf jeweils eine einzige Aktie, die Bilanzzahlen auf das gesamte Unternehmen. Man müßte also jedesmal zum Taschenrechner greifen, um entsprechende Zahlen zwischen zwei Unternehmen sinnvoll vergleichen zu können. Sie erkennen:
Es kann zwar nicht schaden, eine Bilanz mit sicherem Blick auf mögliche Chancen und Risiken abklopfen zu können - aber es ist wirklich kein Muss. Bedenken Sie bitte, dass jede Bank eigene Analystenteams beschäftigt, die sich jahrein und jahraus mit dieser Thematik befassen. Bis die Bilanz auf Ihrem Schreibtisch liegt, haben sich die Analysten schon längst zu Wort gemeldet.
Vorab bemerkt: Diese Zahlen werden teilweise vierteljährlich, also außerhalb der Jahresbilanz bekanntgegeben. Denn das Unternehmen muss seine Teilhaber ja regelmäßig über den Geschäftsverlauf in Kenntnis setzen, und da bei einer AG der Kreis der Aktionäre weit gestreut ist (und die AG meist nicht weiß, wer ihre Aktien im einzelnen hält), geschieht dies durch Veröffentlichungen in den Medien.
Gewinne eines Unternehmens
Jedes Unternehmen, in das der Anleger investiert, sollte natürlich Gewinne erzielen. Wieviel von diesen Gewinnen beim Aktionär ankommt, ist eine andere Frage, die es später zu klären gilt. Doch die tatsächliche Höhe der Gewinne ist isoliert betrachtet ebenfalls ein wichtiger betriebswirtschaftlicher Indikator, denn mit dieser Zahl (ebenfalls oft quartalsweise veröffentlicht) wird der Investor in die Lage versetzt, zu prüfen, ob die Geschäfte im Vergleich zu den letzten Jahren erfolgreicher werden. Und nur eine Gesellschaft, von der man steigende Gewinne gewohnt ist und sie ihr auch für die kommenden Jahre zutraut, wird eine das Angebot überwiegende Nachfrage nach ihren Aktien vorweisen können.
Der veröffentlichte Unternehmensgewinn alleine beantwortet aber nur wenige Fragen. Es ist unumgänglich, eine genaueren Blick auf diese Zahlen zu werfen. Zunächst einmal:
Der Vergleichszeitraum
Wird bei Gewinnmeldungen für einzelne Quartale mit dem vorangegangenen Quartal verglichen, oder mit dem entsprechenden Vorjahresquartal? Denn nur letztere Zahl ist tatsächlich aussagekräftig. Nahezu keine Branche kann sich saisonalen Einflüssen entziehen. Also macht es nur Sinn, den aktuellen Herbst mit dem Herbst des Vorjahres zu vergleichen. Denn im davor liegenden Quartal, dem Sommer, kann ja eine saisonal bedingte Flaute geherrscht haben - eine Gewinnsteigerung in diesem Zeitrahmen käme dann jedes Jahr zu dieser Zeit vor und wäre somit nichts, was den Kursen dieser Aktie zu neuen Höhen verhelfen könnte.
Das operative Ergebnis
Hier geht es ausschließlich um diejenigen Gewinne (oder gegebenenfalls Verluste), die mit der gewöhnlichen Geschäftstätigkeit des Unternehmens erzielt wurden. Das hieße bei einer Baufirma der Gewinn aus dem Wohnungsbau - nicht aber die Gewinne aus dem Verkauf von zum Anlagevermögen gehörenden Immobilien, z.B. eine nicht mehr benötigten Lagerhalle. Hier muss genauer hingesehen werden, denn schon oft haben Anleger auf gute Gewinnzahlen wie wild gekauft, um im Nachhinein Verluste in Kauf nehmen zu müssen, wenn klar wurde, dass die AG nur "ihr Tafelsilber" verhökert hatte.
Manchmal muss man nämlich dann feststellen, dass mit dem Verkauf des Betriebsvermögens nicht nur oberflächlich gute Geschäfte vorgetäuscht wurden, sondern auch Liquiditätsprobleme - kurzfristig - gelöst wurden. Oft waren solche Firmen zwölf Monate später bereits in Konkurs gegangen.
Auch Rückstellungen, also Güter oder Gelder, die das Unternehmen für schlechte Zeiten zurückgelegt hat, zählen zum Oberbegriff "Gewinne". Denn zur Zeit des Zurücklegens konnten die Gewinne (und damit die Steuerschuld) um diese Höhe reduziert werden, nun muss dieses Geld aber offengelegt und versteuert werden, zählt also zum momentanen Gewinn, obwohl es viel früher erwirtschaftet wurde. Also:
Nur das operative Ergebnis zeigt, wie es um die Geschäfte, mit denen die Gesellschaft ihr Geld verdient, wirklich bestellt ist.
Kurs-Gewinn-Verhältnis
Quartals- oder Jahresgewinne werden gemeinhin in absoluten Zahlen, also z.B. 10 Millionen Euro, genannt. Das bringt dem Investor natürlich relativ wenig Informationen. Er kann zwar vergleichen, ob die Gewinne steigen oder fallen. Aber eine Steigerung des Gewinns von einer auf zehn Millionen kann (z.B. nach einer Rezession) wie eine Sensation klingen - trotzdem kann die Aktie völlig überbewertet sein.
Warum? Nun, wenn zehn Millionen Aktien existieren, entfällt auf die einzelne Aktie nur noch ein Gewinn von einem Euro. Kostet die Aktie aber bereits vor der Veröffentlichung dieser Gewinnzahlen 100 Euro, ist der Kurs immer noch vollkommen überteuert. Die Kennzahl, die eine Bewertung der einzelnen Aktie in Bezug auf die angelaufenen Jahresgewinne möglich macht, ist das weithin bekannte Kurs-Gewinn-Verhältnis (KGV).
Hier wird einfach der Gewinn (zumeist aber nicht der operative, sondern der Gesamtgewinn), der auf jede einzelne Aktie der Gesellschaft entfällt, durch den aktuellen Kurs der Aktie dividiert, also:
KGV = Kurs der Aktie / Gewinn pro Aktie
So erhält man ein Kennzahl, die nicht nur einen über mehrere Jahre vollzogenen Vergleich erleichtert, man kann mit dem KGV auch leicht prüfen, ob diese Aktien in Relation zu anderen Titeln aus der gleichen Branche eher teuer oder eher billig ist.
Achten Sie dabei aber unbedingt darauf, derartige Vergleiche nur innerhalb ein und derselben Branche anzustellen, ansonsten vergleichen Sie Äpfel mit Birnen! Denn:
- Banken haben üblicherweise (aufgrund einer anderen Form der Gewinnausweisung, resultierend aus anderen Bilanzierungsregeln) ein niedrigeres KGV als andere Werte.
- Zyklischen Werten (deren Gewinne in Abhängigkeit mit der Konjunktur stark schwanken) wie Autos oder Stahl pflegt man ein höheres KGV zuzubilligen als den "defensiven" Aktien wie Versorgerwerten.
- Strukturelle Veränderungen lassen oft ein höheres KGV als zuvor berechtigt erscheinen. Die Chemie- und Versorgerwerte galten noch vor wenigen Jahren als "Witwen- und Waisenpapiere", also Aktien ohne viel Gewinnphantasie, aber mit hoher Dividende und geringem Kursrisiko. Doch in den letzten Jahren haben die Chemieunternehmen durch modernere, international orientierte Unternehmensstrategien deutlich mehr Dynamik entwickelt. Und die lahmen Energieversorger lassen durch ihr Engagement im Mobilfunkbereich auf zukünftig stark steigende Gewinne (und Kurse) hoffen. Dadurch wurden beispielsweise bei der Großchemie KGV's von im Schnitt 9 im Jahre 1992 auf 15 bis 16 für 1996 angehoben, ohne dass die Kurse deswegen zu hoch wären - die Lage und Orientierung der Unternehmen hat sich einfach geändert!
Zuletzt: Nicht alle Aktien mit einem niedrigen KGV werden in naher Zukunft stark steigen, während diejenigen mit einer hohen Bewertung stagnieren oder fallen werden. Sie müssen unbedingt nach den Gründen für eine Bewertung forschen, sonst begeben Sie sich aufs Glatteis.
Extrem hohe KGV's treten z. B. regelmäßig dann auf, wenn das Ende einer Rezession erwartet wird. Da die Börse Entwicklungen vorwegzunehmen pflegt, steigen die Notierungen bereits, obwohl die Unternehmen noch deutlich geschrumpfte Gewinne melden. Da kann man bei einer Auto- oder Stahlaktie durchaus eine Bewertung von 30 oder 40 im KGV tolerieren, obwohl in "normalen" Zeiten bestenfalls 15 angemessen wären. Außerdem:
Eine Kapitalerhöhung kann den Aussagewert des KGV's zeitweilig verwässern. Eine Aktiengesellschaft kann neue Aktien an den Markt bringen, um sich - z.B. für Unternehmenszukäufe - neues Kapital zu verschaffen.
Beispiel:
Kapitalerhöhung 10:1. Das bedeutet, dass für zehn alte Aktien ab sofort eine weitere, neue Aktie hinzukommt. Gab es zuvor 10 Millionen Aktien, sind es jetzt 11 Millionen. Der absolute Gewinn bleibt gleich (sagen wir der Einfachheit halber eine Million), die Zahl der existierenden Aktien hingegen steigt an.
Ergebnis:
KGV alt: 10 Mio. Aktien / 1 Mio. Euro Gewinn = KGV 10
Ausschließlich aufgrund dieser Kapitalerhöhung steigt nun das KGV wie folgt an:
KGV neu: 11 Mio. Aktien / 1 Mio. Euro Gewinn = KGV 11
Die Höhe der Unternehmensgewinne hat sich deshalb nicht verändert. Klar ist auch, dass das neu geschaffene Kapital nicht sofort zu neuen Gewinnen beitragen kann, sondern die damit zu finanzierenden Investitionen sich erst auszahlen müssen. Achten Sie also darauf, ob und in welchem Verhältnis das Unternehmen kürzlich eine Kapitalerhöhung durchgeführt hat. Nur wenn dies berücksichtigt wird, ist der Wert mit den KGV's der Branchenkonkurrenten vergleichbar.
Eine hohe Zahl privater Anleger beschränkt sich bei der Auswahl der optimalen Aktienanlage auf die Betrachtung des KGV. Doch damit alleine kann es nicht getan sein. Eine Reihe weiterer Faktoren sind unbedingt zu beachten. Eine weitere Größe, die aussagt, ob eine Aktie "billig" sein könnte, versteckt sich in einer Unternehmensbilanz: Der Buchwert.
Der Buchwert
Der Buchwert einer Aktiengesellschaft ist der in der Bilanz ausgewiesene Wert von Vermögensgegenständen. Anders formuliert sagt der Buchwert aus, was an "Substanz" hinter einem Unternehmen steckt.
Vermögensgegenstände in diesem Sinne sind Maschinen, der Fuhrpark, aber vor allem die Grundstücke und Immobilien, die diesem Unternehmen gehören. Warum muss dies für den Anleger von Interesse sein?
Nun, ein hoher Anteil an Vermögenswerten kann bei einer problematischen Geschäftslage für neue Liquidität sorgen. Während ein Unternehmen ohne hohe Sachwerte leicht zahlungsunfähig werden könnte, hat die Gesellschaft mit hohem Buchwert die Möglichkeit, Immobilien o. ä. zu veräußern und damit wieder zügig über Barmittel zu verfügen. Hinzu kommt, dass die Kreditwürdigkeit einer solchen Firma deutlich höher liegt, da entsprechende Sicherheiten vorhanden sind.
Das Kurs-Buchwert-Verhältnis
Diese Größe errechnet sich aus der Höhe des Buchwertes, der auf eine einzelne Aktie entfällt, dividiert durch den aktuellen Kurs.
Ein Beispiel:
Der Buchwert beträgt dreihundert Millionen Euro. Zehn Millionen Aktien des Unternehmens existieren. Pro Aktie errechnet sich damit ein Buchwert von 30 Euro.
Liegt der Kurs der Aktie bei 24 Euro, kommt man durch folgende Rechnung zum Kurs-Buchwert-Verhältnis:
KBV = Kurs der Aktie 24 Euro / Buchwert pro Aktie 30 Euro = 0,8
Damit lässt sich folgende Aussage ableiten: Liegt das Kurs-Buchwert-Verhältnis unter 1, so ist der Buchwert des Unternehmens höher als der momentane Wert aller Aktien dieser Gesellschaft. Diese Relation kommt äußerst selten vor, aber in diesen Fällen werden Aktien als wahres "Schnäppchen" angesehen.
Aber auch hier ist Vorsicht angebracht: Eine solche Bewertung muss immer innerhalb einer Branche verglichen werden, nicht über mehrere Branchen hinweg. Bei Immobilienwerten und oft auch in der Versicherungsbranche ist ein derart hoher Buchwert üblich, während High-Tech-Firmen naturgemäß einen sehr niedrigen Buchwert besitzen.
Unter dem Strich: Der Buchwert ist eine nicht unbedingt ausschlaggebende Kenngröße, sollte aber in eine Anlageüberlegung einfließen. Unternehmen mit hohem Kurs-Buchwert-Verhältnis haben zwar nicht automatisch bessere Kurschancen - aber der hohe Buchwert bietet, wenn die Zeiten für die Aktien schwieriger werden, eine gewisse Sicherheit gegen zu hohe Kursrückgänge!
Der Cash-Flow
Der Cash-Flow ist ein betriebswirtschaftlicher Indikator, der die Ertragskraft eines Unternehmens mißt. Er wird folgendermaßen berechnet:
Jahresüberschuss (des letzten Geschäftsjahres) + Abschreibungen + Zuführungen an langfristigen Rückstellungen + Steuern von Einkommen und Ertrag.
Das klingt zwar kompliziert, läßt sich aber auf einen einfachen Nenner bringen: Der Cash-Flow mißt einfach die Einnahmen, die das Unternehmen hatte, und zwar bevor diese Einnahmen durch Besteuerung, Rückstellungen und Abschreibungen verzerrt in der Bilanz prangen. Auf diese Weise wird ermittelt, wieviel "Power" wirklich hinter der Geschäftstätigkeit steckt. Um diese Größe zu der einzelnen Aktie in Relation zu setzen, wird das Kurs-Cash-Flow-Verhältnis (KCV) in zwei Schritten berechnet:
Sie erkennen: Das KCV ist nichts anderes als ein unverfälschtes KGV - es berechnet eben nicht die nach der Bilanzierung verbleibenden Gewinne, sondern den vor Bereinigungen erzielten Überschuss. Da die Bilanzierung in Deutschland und damit die dort ausgewiesenen Gewinne seitens ausländischer Investoren meist mit einigem (berechtigtem) Argwohn betrachtet werden, ziehen diese Anleger das KCV vor, um eine Bewertung der Aktie vorzunehmen.
Die Dividende
Die Dividende stellt eine Art 'Verzinsung' für die Teilhaber einer Aktiengesellschaft dar. Der Aktionär stellt der Aktiengesellschaft sein Kapital zur Verfügung. Mit diesem Geld arbeitet die AG und erzielt aus diesem Geschäft (hoffentlich) Gewinne. Ein Teil dieser erzielten Gewinne wird (in Deutschland einmal jährlich, in den USA und Japan oft alle drei Monate) wieder an die Aktionäre ausgeschüttet. Diese erzielen durch den Aktienbesitz somit eine Rendite.
Obgleich die Dividende als solche keine unmittelbar betriebswirtschaftliche Kennzahl ist, die etwas über die Gewinndynamik oder die Rentabilität des Unternehmens aussagt, sie muss dennoch zu den wichtigsten Faktoren bei der Aktienauswahl gerechnet werden. Insbesondere in Deutschland ist die Bezeichnung des "Dividendenjägers" geläufig, der seine Anlagen nach hoher Dividende auswählt und die Aktien nur für kurze Zeit vor und nach dem Ausschüttungstermin hält. Aber nüchtern betrachtet sind hohe Dividenden ein zweischneidiges Schwert.
Stellen wir die Dividenden zunächst einmal in den korrekten Rahmen. Ein Aktionär, der sich durch den Erwerb von Aktien an einem Unternehmen beteiligt, erwartet Profite. Und eben diese können auf zwei Arten realisiert werden. Zum einen hofft der Anleger auf Kursgewinne. Er, der eine Aktie bei 80 Euro gekauft hat, erzielt ja einen Gewinn, wenn die Aktie an der Börse auf 100 Euro steigt.
Auf der anderen Seite steht die Dividende. Wenn das Unternehmen Gewinne erwirtschaftet, wird es in aller Regel auch Dividenden ausschütten. Der Vorteil: Selbst wenn der Kurs der Aktie an der Börse zurückgeht, kann sich der Aktionär durch die Dividende an einer Art "Verzinsung" erfreuen. So kann er die Aktie weiter halten und auf wieder steigende Kurse hoffen, ohne sein Kapital völlig nutzlos blockiert zu haben. Bevorzugt werden daher Titel, die eine hohe "Dividendenrendite" ausweisen, denn sie suggerieren bei der "Risikoanlage" in Aktien eine trügerische Sicherheit.
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Die Dividendenrendite
Die Dividendenrendite einer Aktie errechnet sich aus der für das laufende Geschäftsjahr erwarteten Dividende - zumeist geht man vom Vorjahreswert aus - dividiert durch den Aktienkurs.
Beispiel:
Dividende 1,20 Euro : Aktienkurs 60 Euro = Dividendenrendite 2,0%
Je höher diese Rendite liegt, desto mehr wähnt sich der Aktionär auf der sicheren Seite. Denn Aktien verfallen ja nicht, er kann sie so lange halten, bis er einen ansehnlichen Kursgewinn erreicht hat. Und auch wenn er zwischenzeitlich im Minus liegt, kann er sich ja mit einer Dividendenrendite von 4 oder 5% über die Wartezeit hinwegtrösten.
Trügerische Sicherheit
Diese Argumentation klingt auf den ersten Blick absolut wasserdicht. Aber: Wer behauptet denn, die Dividenden sind sicher? Es ist natürlich oft richtig: Selbst wenn die Unternehmensgewinne langsam zurückgehen - und mit ihnen der Kurs der Aktien - werden die Dividenden zunächst meist noch in alter Höhe weiter bezahlt. Doch wo nichts mehr ist, kann auf Dauer auch nichts mehr bezahlt werden!
Mehr und mehr Unternehmen gleichen die Dividendenhöhe streng an die erwirtschafteten Gewinne an. Vor einigen Jahren gab es noch den Slogan der "Dividendenkontinuität". Damals wollte man so die Aktionäre bei der Stange halten und zugleich zeigen, dass ein "vorübergehender Gewinnrückgang" dem Unternehmen nichts anhaben könne. Also zahlte man die hohen Dividenden weiter aus, selbst wenn man dazu sogar an die "stillen Reserven", also Rücklagen, die in der Bilanz nicht ausgewiesen werden müssen, heranging. Doch dieses Geld fehlte dann, wenn es mit der Konjunktur wieder bergauf ging. Dann hieß es investieren, doch das Geld dafür hatten die Aktionäre in Form von Dividenden kassiert. Die Konsequenz war, dass Kapitalerhöhungen nötig waren, um sich das erforderliche Kapital zu beschaffen. Und auf diese Weise holte man sich quasi das vorher ausgeschüttete Geld von den Aktionären zurück. Ein Kuhhandel, aber keine reale Verzinsung!
Heute erkennt man, angespornt durch die "neue deutsche Offenheit" des "Shareholder Value", dass man doch besser fährt, wenn man gleich mit offenen Karten spielt. Daher werden die Dividenden sofort gekürzt, wenn die Gewinne nicht mehr sprudeln.
Für den Aktionär bedeutet das: Eine hohe Dividendenrendite ist nur eine Momentaufnahme. In der Regel geht man bei der Berechnung davon aus, dass die Dividende des Vorjahres mindestens gehalten wird. Doch die tatsächliche Höhe der Ausschüttung wird erst nach Ende eines Geschäftsjahres durch die Hauptversammlung der AG beschlossen. Und dann kann diese Dividende plötzlich viel kleiner ausfallen als erwartet! Und viel wichtiger:
In Deutschland oft ignoriert, spielt in den USA in Bezug auf die Dividendenrendite folgende Überlegung eine große Rolle:
Dividende contra Expansion
Ein Unternehmen hat normalerweise das Bestreben, seine Gewinne weiter zu erhöhen. Üblicherweise läßt sich dies vor allem durch Investitionen in neue Maschinen, Rationalisierungen und vor allem Expansion durch Zukäufe von kleineren Firmen und Schaffung neuer Marktbereiche im Ausland erreichen. Steigen die Gewinne, steigen auch die Kurse der Aktien - für den Anleger natürlich sehr zufriedenstellend. Dazu bleibt den meisten Firmen ohnehin nichts anderes übrig, als durch Expansion und Rationalisierung ihre Stellung am Markt gegen die niemals ruhende Konkurrenz zu behaupten. Aber alle diese Maßnahmen kosten Geld. Welches Geld?
Die erzielten Gewinne sind es, die das Unternehmen in derartige Maßnahmen zu Behauptung und Ausbau seiner Marktposition - und damit in die Sicherung seiner zukünftigen Position - stecken kann. Ansonsten müßten Kredite aufgenommen werden, was alleine aufgrund der zu zahlenden Zinsen der teurere Weg ist.
In den USA sind die Anleger daher meist weniger glücklich, wenn hohe Dividenden gezahlt werden. Dort zieht man es vor, auf die Dividende zu verzichten, damit die Gesellschaft durch Investitionen dafür sorgt, dass die Gewinne - und damit der Kurs - der AG weiter zulegen können. Eine hohe Dividendenrendite ist hier ein Zeichen dafür, dass sich das Unternehmen auf seinen Lorbeeren ausruht - und damit die Gefahr besteht, dass die Konkurrenz dieser Firma Marktanteile abjagt.
Doch wie so oft gilt es auch hier zu differenzieren. Ein Ausfall der Dividende trotz hoher Gewinne ist natürlich die Voraussetzung. Denn nur so können Sie erwarten, das es sich bei dieser AG um ein Unternehmen handelt, dass eine hohe Gewinndynamik (Zuwachsrate der Gewinne) anstrebt. Und selbst dies macht nur dann Sinn, wenn das Unternehmen auch wirklich in einem Wachstumsmarkt tätig ist.
Paradebeispiele hierfür sind die Aktiengesellschaften aus dem High-Tech-Sektor. Hier muss massiv geforscht, entwickelt, investiert und expandiert werden, um im harten Wettbewerb bestehen zu können. Damit wird klar, dass man auf eine Dividende zugunsten zukünftig höherer Gewinne verzichtet.
Anders aber sieht es aus, wenn eine Bank trotz Rekordgewinnen ihre Dividende nicht erhöht oder gar senkt - zugunsten der Risikovorsorge. Denn hier geht es darum, dem Aktionär eine höhere Ausschüttung zugunsten von Rücklagen zu verweigern, die in der Zukunft erwartete oder befürchtete Gewinnminderungen ausgleichen soll. Keine schönen Aussichten, und demnach kein Grund, in diese Bereiche vermehrt zu investieren!
Stärken und schwächen der betriebswirtschaftlichen Indikatoren
Wie Sie sicher schon beim Lesen der letzten Seiten bemerkt haben, ist auch die isolierte Betrachtung der betriebswirtschaftlichen Indikatoren nicht der direkte Weg zum Erfolg. Aber dennoch:
Natürlich macht die Analyse der volks- und betriebswirtschaftlichen Indikatoren im Vorfeld des Investments eine ganze Menge Arbeit. Doch wenn Sie beide Bereiche zusammen betrachten, gelingt es Ihnen:
1. den geeigneten Zeitpunkt für ein Investment in Aktien zu entdecken und
2. diejenigen Aktien herauszufinden, deren unternehmerische Kennzahlen die größten Chancen auf hohe Kursgewinne versprechen.
Wenn Sie die in diesem Abschnitt über den fundamentalen Ansatz vorgestellten Auswahlkriterien berücksichtigen, ist das allerdings noch lange kein Garant für ein profitables Investment. Insbesondere im Bereich der betriebswirtschaftlichen Indikatoren gibt es eine Vielzahl von Verzerrungen, die im Text bereits angerissen wurden.
Und dahinter steckt an erster Stelle das deutsche Bilanzierungsrecht.
Denn:
Alle betriebswirtschaftlichen Indikatoren gehen von der Prämisse aus, dass Gewinn und Vermögen eines Unternehmens bekannt sind. Und genau das, sollte man meinen, steht ja schließlich in der Bilanz schwarz auf weiß geschrieben. Doch das ist nicht ganz richtig.
Ein Unternehmen hat in Deutschland eine Unmenge legaler Möglichkeiten, Gewinne und Vermögenswerte durch die Maschen einer Bilanz fallen zu lassen. Das Wie und Warum ausführlich zu diskutieren macht dabei keinen Sinn, aber es ist wichtig, dies zu wissen.
Stille Beteiligungen sind zum Beispiel ein wichtiger Faktor. Eine Aktiengesellschaft kann sich an einer Vielzahl anderer Unternehmen beteiligen, indem es Anteile dieser Firmen erwirbt. Dadurch werden die Gewinne um den Preis derartiger Käufe gemindert, ohne dass die AG die Art und Höhe solcher Beteiligungen veröffentlichen muss (es sei denn, sie hält mehr als 10% eines Unternehmens). So verschwinden Gewinne, ohne dass der Aktionär überhaupt bemerkt, dass ihm da etwas vorenthalten wird. Weiterhin:
Eine AG kann Rücklagen bilden, die nicht zum Gewinn hinzugerechnet werden müssen, das Vermögen aber so lange mehren, wie diese Rücklagen nicht in schlechten Zeiten angetastet werden müssen. Da diese Rücklagen bei Bedarf auch wieder 'aktiviert', also aufgelöst und zum Gewinn zum Zeitpunkt der Aktivierung hinzugerechnet werden können, kann eine AG dem Aktionär so konstante Gewinnentwicklungen vorgaukeln, die es in Wirklichkeit gar nicht gibt.
Sie sehen: Die betriebswirtschaftlichen Indikatoren sind nur ein Anhaltspunkt, aber keine Gewähr für absolute Sicherheit. Und außerdem vergessen Sie bitte nicht: Diese Indikatoren gehen von Zahlen aus, welche die Vergangenheit beleuchten, für die Zukunft existieren bestenfalls Prognosen - und die müssen nicht zutreffen!
Daher noch einmal:
Der fundamentale Ansatz bietet Ihnen gute Entscheidungshilfen für mittelfristige Investments. Aber das hilft Ihnen wenig, wenn Sie versuchen wollen, den Beginn einer Aufwärtsbewegung für den Einstieg und den Gipfel einer Hausse für den Ausstieg erwischen zu wollen. Für Fragen des optimalen Timings bietet sich eine völlig andere Analysemethode an: die Technische Analyse.