Späth-Folgen: Jenoptik kränkelt Umsatz- und Gewinneinbruch verhageln die Bilanz Von Peter Liebers Die Jenoptik AG musste zum Ende des dritten Quartals ihre Geschäftserwartungen deutlich nach unten korrigieren und erhielt dafür prompt die Quittung der Börse. Der Ertrag des Technologiekonzerns falle in diesem Jahr nicht so hoch aus, wie bisher erwartet, heißt es in einer Pressemitteilung des Konzerns moderat. Doch statt des geplanten Jahresüberschusses von 60 bis 65 Millionen Euro werden nur noch 40 bis 50 Millionen Euro erwartet, und ob die wirklich realisiert werden können, ist allerdings noch unklar. In den fetten Jahren zuvor hatte Konzernchef Lothar Späth die Zwischenberichte noch regelmäßig selbst kommentiert. Das hat er sich diesmal verkniffen. Für schlechte Nachrichten ist er offenbar nicht zuständig. Ursache des Einbruchs soll die kurzfristige und nicht erwartete Verschiebung von Projekten anderer Kunden sein, darunter der verzögerte Bau der Chipfabrik in Frankfurt (Oder), die erst 2003 abgerechnet werden könnten – ein Umsatzvolumen von 300 Millionen Euro. Somit rechne Jenoptik in diesem Jahr mit einem Gesamtumsatz von nur 1,6 Milliarden Euro, rund 400 Millionen weniger als 2001.
Mit Kauf und Verkauf von Firmen getrickst Auf die Füße gefallen ist Späth auch das Engagement seiner Jenoptik-Tochter M+W Zander in den USA. Mangelnde Auslastung und Restrukturierungskosten hätten dort rund zehn Millionen Euro verschlungen. Hinzu kamen Abschreibungen auf eigene Aktien von sechs Millionen Euro. Die Papiere, die Mitte des Jahres noch mit einem Stückwert von rund 20 Euro zu Buche schlugen waren Ende September nur noch 9,50 Euro wert. Eine baldige Erholung, durch die die Abschreibungen korrigiert werden könnten, erwartet Jenoptik zumindest dieses Jahr nicht mehr. Nach dem Bekanntwerden des Gewinneinbruchs verloren die Papiere postwendend fünf Prozent. Bei rund 500000 von der Jenoptik selbst gehaltenen Aktien, reißt das tiefe Löcher. Die wären allerdings noch deutlich größer, hätte Späth nicht seine Anteile an der Jenoptik-Tochter DEWB im Laufe des Jahres in den konzerneigenen Pensionsfonds überführt. Die börsennotierte Risikokapitalgesellschaft, die seit 1999 acht Unternehmen an die Börse gebracht hat und derzeit mit über 110 Millionen Euro an rund 35 Gesellschaften beteilig ist, geriet bereits im vorigen Jahr in einen Abwärtstrend. Das Betriebsergebnis hatte sich angesichts der Turbulenzen am Neuen Markt gegenüber 2000 auf 25,1 Millionen Euro halbiert. In diesem Jahr drohen deutliche Verluste. Bei der Bilanz 2001 hatte Späth im April dieses Jahres für 2002 von einer zu erwartenden »Wachstumspause« gesprochen. Diese gerät nun offenbar zum Einbruch. Konnte der Konzernchef vor einem Jahr für die ersten neun Monate noch einen Gewinn von 38,1 Millionen Euro verkünden, sind es diesmal 1,2 Millionen. Bei genauem Hinsehen ist der Unterschied allerdings gar nicht so groß, wie er scheint. Der opulente Gewinn der ersten drei Quartale 2001 war vor allem durch den Verkauf eigener Aktien im Wert von 32,1 Millionen Euro zustande gekommen. Derartige, in den zurückliegenden Jahren von Späth reichlich genutzte Möglichkeiten, eine miese Bilanz noch ansehnlich zu gestalten, sind offenbar erschöpft. Mit dem Kauf und Verkauf von Firmen, mit Gewinnen aus von der DEWB betriebenen erfolgreichen Börsengängen anderer Unternehmen und ähnlichen Geschäften gelang es Späth noch immer Verluste aus den Kerngeschäften zu kompensieren.
Einstiges Zugpferd: 28 Millionen Miese Jetzt musste ausgerechnet Späths langjähriges Zugpferd, die Clean Systems, die als Generalauftragnehmer für Reinsträume aller Art auftritt, einen gegenüber dem Vorjahr mehr als vervierfachten Verlust von über 28 Millionen Euro ausweisen, weil wichtige Großaufträge noch nicht abgerechnet werden konnten. Außerdem mussten Forderungen gegenüber einem asiatischen Großkunden von sechs Millionen Euro abgeschrieben werden. Das vermag den demonstrativen Optimismus der Jenaer jedoch nicht zu erschüttern. Angesichts eines Auftragsbestandes von 2,5 Milliarden Euro hoffen sie für das nächste Geschäftsjahr auf einen deutlichen Umsatzanstieg. Gelingt das nicht, kann Späth seine Hände in Unschuld waschen. Er legt Mitte kommenden Jahres den Posten als Vorstandschef nieder und will dann Aufsichtsratsvorsitzender werden. Eine weitere positive Entwicklung zeigen dem jüngsten Zwischenbericht zufolge die von Späth lange als Verlustbringer an den Pranger gestellten Firmen des Bereichs Photonics. Sie umfassen vor allem die einst aus dem Kombinat Carl Zeiss Jena hervorgegangenen Laser- und optoelektronische Systeme produzierenden Unternehmen, die durch den Zukauf renommierter Spezialfirmen verstärkt worden waren. Mit einem Betriebsergebnis von 18,5 Millionen Euro haben sie den Einbruch zumindest ein wenig gebremst.
(ND 07.12.02)
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