AGENDA 2010
BDI-Chef geht mit der Union hart ins Gericht
Der Präsident des Bundesverbandes der Deutschen Industrie, Michael Rogowski, hat die Union vor einer Blockade der Reformagenda 2010 gewarnt. "Ein Spiel auf Zeit wäre völlig inakzeptabel." Auch von den Kirchen erhielt der Kanzler Unterstützung für sein Reformprojekt. Der Seeheimer Kreis warnte die Reformkritiker in der SPD vor 20 Jahren Opposition.
DPA Michael Rogowski Berlin/Stuttgart - Rogowski kündigte die Bereitschaft der Wirtschaft an, Subventionskürzungen mitzutragen. "Wir brauchen zehn Prozent Kürzung pro Jahr", sagte er der "Stuttgarter Zeitung". Rogowski kritisierte die Ankündigung von Unionspolitikern, Teile der "Agenda" abzulehnen. Wenn die Reformen nicht schnell umgesetzt würden, mache die Politik einen Riesenfehler. "Ich kann die Union nur davor warnen, sich weniger vorzunehmen als die SPD", sagte Rogowski der Zeitung. Der BDI-Chef übte scharfe Kritik am Gesundheitsexperten der CDU/CSU-Fraktion, Horst Seehofer. Seehofer hatte angekündigt, dass die Union die rot-grünen Sparpläne im Gesundheitswesen blockieren werde. "Ich sehe mit Sorge, dass die Union bei der Reform der Renten- und Krankenversicherung noch nicht die Lösungen gefunden hat, die wir dringend brauchen", sagte Rogowski. Er fügte hinzu, dass er die Christdemokraten immer für eine Partei gehalten habe, die stärker an der Privatwirtschaft orientiert sei als die SPD.
Der BDI-Präsident warnte die Union davor, sich allein von taktischen Überlegungen leiten zu lassen. "Ein Spiel auf Zeit wäre völlig inakzeptabel", meinte Rogowski. Seit der Bundestagswahl im vergangenen Herbst sei schon viel zu viel Zeit für Diskussionen vergeudet worden. Die Regierung ist zur Umsetzung ihrer Reformpläne auf die Stimmen der Unionsmehrheit im Bundesrat angewiesen. Der BDI-Präsident bezeichnete die Agenda 2010 als Schritt in die richtige Richtung. Die Pläne reichten zwar nicht aus, um alle Probleme bis zum Jahr 2010 zu lösen. Doch für das laufende Jahr sei die Agenda ein wichtiger Schritt.
Auch die obersten Repräsentanten der Katholiken und Protestanten in Deutschland haben sich hinter die Reformpolitik von Kanzler Gerhard Schröder gestellt. In der "Berliner Zeitung" sprachen sich der Vorsitzende der katholischen Bischofskonferenz, Kardinal Karl Lehmann, und der Ratsvorsitzende der Evangelischen Kirche in Deutschland, Manfred Kock, für einen Umbau des Sozialstaats in Deutschland aus.
"Wir leben in einer sozialen Situation, in der die Fortschreibung des Bisherigen nicht funktioniert"», sagte Kock. "Deshalb brauchen die politisch Handelnden Mut, da etwas zu ändern - parteiübergreifend." Kardinal Lehmann sagte, insbesondere wegen der demographischen Entwicklung seien Reformen zwingend. "Was der Kanzler angeht, ist im Grundsatz unbedingt notwendig."
Indirekt nahm Lehmann Bundeskanzler Gerhard Schröder (SPD) gegen Angriffe der Gewerkschaften in Schutz. "Von vielen wird im Moment Sozialneid geschürt", sagte er. "Aber mit alten Methoden nach dem Motto: Steuererhöhung! Vermögensteuer höher! Erbschaftsteuer höher! kann man die Probleme nicht lösen."
Der konservative Seeheimer Kreis in der SPD warnte, bei einem Scheitern der Reformagenda im Parlament stehe die Partei "vor 20 Jahren Opposition". Wenn die Regierung im Bundestag keine eigene Mehrheit erhalte, gebe es Neuwahlen und «schlicht und einfach eine CDU/CSU-geführte Regierung», sagte der Sprecher des Kreises, Karl- Hermann Haack, dem ZDF-Magazin "Frontal 21".
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