Erneut ist ein CDU-Bundestagsabgeordneter wegen negativer Äußerungen über ausländische Mitbürger aufgefallen. Nach dem sächsischen Parlamentarier Henry Nitzsche steht jetzt dessen Karlsruher Fraktionskollege Axel Fischer in der Kritik. Nitzsche sieht sich neuen Vorwürfen ausgesetzt, hat sich inzwischen aber entschuldigt.
Dresden - Die "Frankfurter Rundschau" (Samstagausgabe) verwies jetzt auf ein entsprechendes Interview der Zeitschrift "DS-Magazin" des Bundes der Selbständigen Nordrhein-Westfalen, das ebenso wie das umstrittene Nitzsche-Gespräch auf der Internetseite des Blattes veröffentlicht ist.
Darin spricht Fischer von der Warnung eines Wissenschaftlers vor einer Bevölkerungsentwicklung in deutschen Großstädten, die nach den Worten Fischers "einem Horrorszenario gleicht". In absehbarer Zeit stelle sich für die unter 40-Jährigen die Frage, wie sie sich in die "neue Mehrheitsgesellschaft" von Einwanderern integrierten. Wenn sich die politische Auseinandersetzung auf der Grundlage dieser "Erkenntnisse" führen lasse, dann werde "es auch für die Medienvertreter nicht mehr so ganz einfach sein, jeden unliebsamen Diskutanten in die Nähe von Neonazis zu rücken".
Fischer kritisiert in dem Interview, dass die Union im Wahlkampf "Tabuthemen" ausgeklammert habe. Der stellvertretende Vorsitzende der baden-württembergischen CDU-Landesgruppe im Bundestag fügte hinzu: "Dass sich viele meiner Parteifreunde bei diesem Thema zurückhalten, liegt vermutlich in der Angst vor den Medien begründet." Wer die Zuwanderungsproblematik anspreche, der werde durch die "vierte Gewalt" sofort in die rechtsradikale Ecke gestellt.
Fischer mahnte: "Diese Angst muss überwunden werden." Wie er selbst habe auch der hessische CDU-Bundestagsabgeordnete Martin Hohmann mit diesen Themen "ob seiner klaren Sprache und seiner Haltung" das Erststimmenergebnis steigern können. Fischer betonte ferner, es liege "in der Natur der Sache, dass Angehörige des Islam mit einer christlichen Partei wenig im Sinn haben". Deshalb wäre es ein Fehler, "wenn die Union in einen Wettkampf mit SPD und Bündnisgrünen um türkische Wählerstimmen eintritt". Vielmehr müsse man "die Bevölkerung wachrütteln und aufzeigen, welche Strategie Rot/Grün in dieser Frage verfolgt".
Der MDR berichtete am Freitagabend, Nitzsche habe sich auch in einem Vortrag vor der Dresdner Burschenschaft Cheruscia abfällig über Türken geäußert. Die Sendung "MDR-Aktuell" bezog sich auf ein entsprechendes Fax dreier Jurastudenten der Burschenschaft. Diese hätten angegeben, Nitzsche habe Furcht geäußert vor einem "Deutschland, in dem der letzte Ali aus der Moschee Zuflucht nehmen könne", und habe türkische Flüchtlinge als "parasitär" bezeichnet. Zudem habe der CDU-Politiker über "die Überzahl türkischer Fahrer, welche ihn in Berlin chauffieren" gelästert.
Der sächsische CDU-Landesverband forderte eine "unverzügliche Aufklärung" dieser Vorwürfe. Er distanzierte sich "entscheiden von den Äußerungen Nitzsches bezüglich der Bürger muslimischen Glaubens".
Henry Nitzsche, 44, hat seine umstrittenen Äußerungen über türkische Mitbürger derweil bedauert. Er sei weder antisemitisch noch ausländerfeindlich eingestellt, versicherte er in einer schriftlichen Erklärung. Er habe zwar in seiner bisherigen politischen Arbeit mitunter deftige Aussagen gemacht, damit aber keineswegs jemandem zu nahe treten wollen.
Nitzsche hatte es Mitte des Jahres in einem Interview als "vergebliche Liebesmüh" bezeichnet, "um die Wählerstimmen von eingebürgerten Türken zu buhlen". Eher werde einem Muslim "die Hand abfaulen", als dass er CDU wähle. Aus den Reihen der Union hatte es daraufhin Forderungen nach einem Fraktions- und Partei-Ausschluss gegeben.
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