achdem Post-Chef Klaus Zumwinkel über die Vorwürfe von Steuerhinterziehung in Millionenhöhe stürzte, müssen Hunderte weiterer Verdächtiger mit Razzien rechnen. Die Regierung sprach von Hinweisen auf "sehr, sehr viele Fälle" und forderte Steuersünder zur Selbstanzeige auf. In Ermittlerkreisen war von über 1000 Verdächtigen und über 100 Razzien allein bis Montag die Rede. Viele Prominente sollen betroffen sein. Medien berichteten von über drei Milliarden Euro, die am Fiskus vorbeigeschleust wurden.
Politiker nannten den Fall Zumwinkel nur die Spitze eines Eisberges: Es gehe um asoziales Verhalten einer selbst ernannten Wirtschaftselite. Hier müsse härter vorgegangen werden, um eine Bedrohung der Gesellschaft abzuwenden. Kanzlerin Angela Merkel warnte eindringlich vor einem Vertrauensverlust: "Verantwortliches Handeln von Unternehmen ist eine elementare Voraussetzung dafür, dass soziale Marktwirtschaft funktioniert."
» Lesermeinung: Finden Sie es richtig, dass Reiche Steuerparadiese nutzen? Liechtenstein Die Süddeutsche Zeitung berichtete von 3,4 Milliarden Euro, die an Staat vorbei über Stiftungen nach Liechtenstein geflossen seien. Die Verdächtigen seien vor allem Kunden der Liechtensteiner LGT Bank. Die Fahnder hätten offenbar massenhaft Unterlagen aus der Bank in Liechtenstein erhalten. "Wir haben die ganze Bank geknackt", so ein Ermittler. Bei den Steuersündern handle es sich meist um reiche und prominente Deutsche. Die Fahnder hofften nun auf zahlreiche Selbstanzeigen.
Die LGT-Bank selbst, die dem liechtensteinischen Fürstenhaus gehört, hielt sich mit Äußerungen zurück. Der Sprecher der Bank, Bernd Junkers, erklärte lediglich, die Berichte über Ermittlungen deutscher Steuerbehörden gegen Zumwinkel seien zur Kenntnis genommen worden. Bei der Tochter LGT Treuhand, die Stiftungen verwaltet, "laufen entsprechende Abklärungen", sagte Junkers. Auf mögliche Geschäftsbeziehungen mit Zumwinkel und anderen vermögenden Deutschen, die verdächtigt werden, über Liechtenstein Steuern hinterzogen zu haben, ging der Sprecher nicht ein.
» Kommentar: Auf fremde Rechnung ... "Die neuen Asozialen" SPD-Chef Kurt Beck verlangte eine Überprüfung des Strafmaßes für Steuervergehen schwerster Art. "Von der Justiz erwarte ich, dass kein Deal gemacht wird." Dies würde dem Gerechtigkeitsempfinden der Bürger widersprechen. SPD-Generalsekretär Hubertus Heil ergänzte: "Wir müssen feststellen, dass einige, die ich die neuen Asozialen der Gesellschaft nennen möchte, sich offensichtlich auf Kosten der Gemeinschaft aus der Verantwortung Steuern zu zahlen, von Recht und Gesetz abgesetzt haben."
Finanzminister Peer Steinbrück nannte das Verhalten der Steuerhinterzieher verheerend: "Ich glaube, dass es einen schwerwiegende politisch-moralischen Schaden anrichtet." Der Steuerehrliche fühle sich als der Dumme. "Die müssen wissen, dass Sie damit zur Erschütterung des Gesellschaftssystems beitragen."
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