"Sie fürchten den Ruin der Euro-Zone, deshalb klagen vier Professoren vor dem Bundesverfassungsgericht. Ihr Ziel: Die EU-Griechenlandhilfe soll verboten werden. Die "Viererbande" ist in Karlsruhe gut bekannt - 1998 versuchte sie bereits, den Euro zu verhindern."
"Die vier Herren hatten vorgesorgt. Die Presse war informiert, den Richtern des Bundesverfassungsgerichts hatten sie frühzeitig einen Entwurf ihrer Verfassungsbeschwerde gefaxt. Trotzdem fiel der Empfang unglamourös aus: Keiner der hochrangigen Juristen kam zur Begrüßung an die Pforte. Der Staatsrechtler Karl Albrecht Schachtschneider und die Ökonomen Wilhelm Nölling, Wilhelm Hankel und Joachim Starbatty mussten ihren Schriftsatz beim Pförtner abgeben.
Ein nüchterner Vorgang - für ein explosives Schriftstück. Denn die vier Wissenschaftler wollen, dass das höchste deutsche Gericht die Milliardenkredite verbietet, die die Bundesrepublik zur Rettung Griechenlands bereitstellt.
Mittlerweile sind sie mit diesem Anliegen nicht die einzigen. Ein gutes Dutzend ähnlicher Verfassungsbeschwerden stapelt sich auf den Schreibtischen der Karlsruher Richter. Einige richten sich gegen die Hellas-Kredite. Andere gegen den gesamten Rettungsschirm über 750 Milliarden Euro, der für labile Euro-Länder konstruiert wurde. Sollten sie durchkommen, müsste Deutschland im schlimmsten Fall das ganze mühsam zusammengeschnürte Hilfspaket platzen lassen.
Das zentrale Argument der Beschwerdeführer ist immer das gleiche: Das Paket verletze das geltende No-Bail-out-Prinzip der Gemeinschaft. Es besagt, dass kein EU-Staat für die Verbindlichkeit eines anderen aufkommen darf. Genau das sei jedoch bei der Griechenhilfe der Fall, argumentieren die Professoren und ihre Verbündeten.
Dabei geht es Schachtschneider und seinen Mitstreitern um weit mehr als um Paragrafenreiterei. Sie fürchten, dass die zugesagten Hilfen Deutschland und die gesamte Euro-Zone in den Ruin treiben.
Ökonom Nölling warnt vor dem "europäischen Ruin"
Die vier Professoren, von denen der jüngste 69 ist, sind alte Bekannte in Karlsruhe. Sie sind schon einmal mit einem dicken Schriftsatz unter dem Arm zum Verfassungsgericht gezogen, das war 1998. Damals wollten sie die Einführung des Euro gleich ganz verhindern. Aus dieser Zeit haben sie auch ihren Spitznamen weg: die "Viererbande". Er ist nicht immer nett gemeint.
Dabei ist etwa Wilhelm Nölling ein recht einnehmender Mensch. Der 77-Jährige mit dem schütteren weißen Haar und den verschmitzt blitzenden blauen Augen empfängt Gäste herzlich auf seinem restaurierten Bauernhaus. Er zeigt die Schwalben, die sich im alten Stall einnisten, erzählt Geschichten von den Hängebauchschweinen, die es hier früher einmal gab.
Doch wenn es um das Milliarden-Rettungspaket der Euro-Zone geht, wird Nöllings Stimme schneidend. "Diese Länder brauchen unheimliche Summen", ruft er, während seine Frau Obstkuchen mit Sprühsahne serviert. Wenn man einmal anfange, finanziell auszuhelfen, brächen alle Dämme. "Wir werden unablässig mit dem Wasserschlauch neue Feuer löschen müssen."
2700 Milliarden Euro Schulden hätten Griechenland, Portugal, Spanien, Italien und Irland schon jetzt angehäuft, rechnet die Viererbande gern vor. Am Ende stünden auch die starken Euro-Länder wie Deutschland mit maroden Staatsfinanzen und einer siechen Wirtschaft da, warnt Nölling. ...."
weiter unter: http://www.spiegel.de/wirtschaft/soziales/0,1518,692289,00.html
|