Hallo Leute,
da es seit letztem Freitag viele Diskussionen über die geplante nominelle Kapitalherabsetzung gibt und die möglichen Konsequenzen die sich daraus ergeben, möchte ich hier einmal auf die Optionen einer Kapitalerhöhung bzw. eines Dept-to-Equity-Swaps eingehen:
1) Kapitalerhöhung
Durch eine nominelle Kapitalherabsetzung von 0,50 EUR auf 0,01 EUR wird auf den ersten Blick eine Kapitalerhöhung wieder möglich, da eine eine unter-pari-Emission bei Aktien nach niederländischem Recht nicht gestattet ist. Es werden hier auch oft Vergleiche mit Thomas Cook gezogen und es ist korrekt, dass ein solches Vorgehen bei verschuldeten Unternehmen oft eine relativ gängige Praxis ist. Allerdings ist diese Option für mich so gut wie ausgeschlossen. Dies hat folgende Gründe:
- Derzeit haben wir ein Authorized Share Capital von 17,5 Mrd. Aktien. Davon sind rund 4,31 Mrd. bereits in den Händen der Aktionäre. Demnach wäre es theoretisch möglich 13,19 Mrd. Aktien durch eine Kapitalerhöhung auf den Markt zu schmeißen, um neues Kapital für die Schuldentilgung zu erhalten. Derzeit notiert die Aktie jedoch bei 0,077 EUR, das heißt zum jetzigen Kurs würde uns eine Kapitalerhöhung gerade einmal 13,19 Mrd x 0,077 = 1,01563 Mrd EUR zur Schuldentilgung bringen. Bei einer Netto-Verschuldung von 9 Mrd. EUR wären das gerade mal etwas über 10% der Schulden. Darüber hinaus würde man natürlich nicht zum Kurs von 0,077 emittieren, dieser würde nochmals einbrechen (da Verwässerung). Das heißt Steinhoff würde im besten Fall 1 Mrd. EUR erhalten, bei realem Marktverhalten wäre es natürlich viel, viel weniger.
- Kapitalerhöhungen wie bei Thomas Cook hatten den Hintergrund, dass ein Ankeraktionär wie z.B. Fosun mit bereits hoher prozentualer Beteiligung durch das Mittel der Kapitalerhöhung das Unternehmen übernehmen konnte, indem er sich durch Bezugsrechte einen Teil der ausgegebenen Aktien gesichert hat. Bei Steinhoff gibt es derzeit nur zwei Investoren die mehr als 5% der Aktien halten. Mit rund 10% ist PIC welche praktisch im Besitz des Government Employees Pension Funds ist der Hauptaktionär. Sonst gibt es nur noch Wiese, der nach letztem Stand noch 6% hält. Von beiden wäre wohl nur PIC in der Lage eine Kapitalerhöhung voranzutreiben. Jedoch denke ich nicht, dass es hierfür durch die südafrikanische Regierung eine breite Unterstützung geben würde, da man mit 10% immer noch eine schlechte Ausgangsposition hätte, um die Kontrolle über das Unternehmen zu erlangen - vom letztgenannten Punkt, dass dadurch kaum Kapital in die Gesellschaft kommen würde mal abgesehen.
Dadurch ergibt sich für mich folgendes Bild: eine Kapitalerhöhung macht bei Steinhoff sicher Sinn, allerdings erst bei viel höheren Kursen. Würde man um 0,20 bis 0,30 EUR Aktien ausgeben, dann hätte man 2,5-4 Mrd. frisches Kapital. Das würde Sinn machen, allerdings braucht man dazu eben höhere Kurse.
2) Dept-to-Equity-Swap
- Wäre aus Sicht der Gläubiger wohl zu bevorzugen und wäre aus meiner Sicht auch wahrscheinlicher als eine Kapitalerhöhung. Jedoch besteht hierfür zumindest bis zum 31.12.2021 keine Gefahr, da sich die Gläubiger im Zuge des LUA und CVA bis zu diesem Datum zum Stillhalten verpflichtet haben. Bis dahin muss Steinhoff es zumindest fertigbringen die Zinsen zu bezahlen. Wenn man bedenkt, dass derzeit rund 1,7 Mrd. EUR Cash in der Bilanz stehen und diese im Laufe 2019 noch ansteigen werden, dann sollte man in der Lage sein diese Last zu schultern, zudem werden bis 2021 sicher noch einige Verkäufe folgen (Mattress Firm mit einer 50% Beteiligung am Eigenkapital von 1,647 Mrd. wäre da z.B. ein heißer Kandidat).
- Ein DES ist aus meiner Sicht nur unter folgendem Szenario möglich: Zum 31.12.2021 bezahlt man den Gläubigern die Zinsen aus dem durch Verkäufen generierten Cash (das ist so gut wie sicher, da genug Assets hierfür da sind), schreibt jedoch unterm Strich noch immer einen Verlust nach Steuern. Die ersten Tilgungen der alten Kredite werden fällig, jedoch bekommt man aufgrund des weiterhin bestehenden negativen Ergebnisses keine neuen Kredite von neuen Gläubigern, welche die alten ersetzen könnten. Somit muss das Management Insolvenz anmelden und schwupsdiwups haben wir einen DES bzw. unsere Aktien werden aus unseren Depots ausgebucht. Das ist das einzige - wirklich einzige (!) - Szenario indem ein DES denkbar ist. Hat Steinhoff zum 31.12.2021 unter dem Strich einen Gewinn gemacht, dann werden (spätestens) zu diesem Zeitpunkt die alten Kredite mit neuen Schulden refinanziert. Auf diese fallen dann aber mit Sicherheit keine 10%+ mehr an. Wie der Zins zur Refinanzierung aussieht hängt natürlich von der Wiederaufnahme des externen Ratings (siehe Investorenkonferenz am 13.08) ab. Aber der derzeitige 3M EURIBOR beträgt -0,375 und soll laut EZB noch weiter fallen - die EZB-Programme dazu (etwa TLTRO III wo die Banken selbst EZB Refinanzierungen erhalten, wenn sie günstige Kredite raushauen) laufen in diesen Monaten erst an. Sollte es daher nicht zu einer Finanzkrise kommen, hat ein Unternehmen das unter dem Strich einen Gewinn erwirtschaftet meines Erachtens in absehbarer Zukunft kein Problem an billiges Geld zu kommen.
Somit fasse ich zusammen, dass eine Kapitalerhöhung derzeit praktisch sinnlos wäre und ein DES nur denkbar ist, wenn es das Management nicht schafft bis zum Ende dieser mit den Gläubigern vereinbarten Frist Gewinne zu erwirtschaften. Das führt uns zum Kern der Sache: nämlich der operativen Entwicklung von der es am Ende des Tages abhängt, ob wir hier mit guten Gewinnen aussteigen oder alles verlieren. Die Chancen stehen jedenfalls nicht schlecht, dass hier der Turnaround gelingt, auch wenn wir noch nicht dort sind. Das ist z.B. auch der Grund warum etwa in Osteruropa Pepco Stores wie Pilze aus dem Boden schießen oder die schwach laufenden spanischen und portugiesischen Conforama Töchter zum Verkauf anstehen. Das ist der Grund warum in Frankreich Conforama Mitarbeiter in den letzten Wochen vor den Filialen gegen den Abbau von 1.900 Jobs demonstriert haben, oder warum man Chapter 11 bei Mattress durchgezogen hat. Wenn in der Bilanz zum 30.09.2021 ein Verlust nach Steuern aufscheint, dann hört hier die Musik auf zu spielen und es kommt zur Insolvenz und/oder einem DES. Sollte Steinhoff hier einen Gewinn ausweisen, dann haben wir es geschafft und können auch damit beginnen die neuen Kredite nach und nach zu tilgen.
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