hat auch mit Nachhaltigkeit zu tun, auch wenn "der Zug wohl schon abgefahren "ist:
Warum Landmetzger in der Region Osnabrück selbst schlachten
Von Angelika Hitzke Ein Mitarbeiter führt Schweine zu der Stelle, wo sie vor dem Schlachten betäubt werden. In der Fleischerei von Dieter Eickhorst in Georgsmarienhütte werden am Montagmorgen 18 Schweine geschlachtet. Ein Mitarbeiter führt Schweine zu der Stelle, wo sie vor dem Schlachten betäubt werden. In der Fleischerei von Dieter Eickhorst in Georgsmarienhütte werden am Montagmorgen 18 Schweine geschlachtet.
Bad Laer/Bramsche/Georgsmarienhütte. "Was wir machen, ist betriebswirtschaftlich gesehen Unsinn. Die Kosten sind eigentlich viel zu hoch", sagt Fleischer Dieter Eickhorst aus Georgsmarienhütte. Wir haben mit ihm und einigen seiner Kollegen darüber gesprochen, warum sie als Landmetzger dennoch selber schlachten statt Fleisch aus Großchlachthöfen zu verwursten.
Seit 1936 ist die Fleischerei mit Partyservice und Ladengeschäft an der Gückaufstraße in Georgsmarienhütte und Ständen auf den Wochenmärkten in Osnabrück und Oesede in Familienbesitz. Jeden Montag ist im Betrieb an der Wellendorfer Straße im Stadtteil Kloster Oesede Schlachttag: Mit sechs Mitarbeitern schlachtet Eickhorst dann Schweine, Lämmer und Jungbullen. Insgesamt, also mit Küche und Verkauf, arbeiten 20 Menschen für die Fleischerei, die auch selber wurstet und Feinkostsalate herstellt. Viele davon aber auch in Teilzeit, wie der Fleischermeister anmerkt.
Und woher kommt das Vieh? "Wir arbeiten seit 30 Jahren immer mit demselben Landwirt zusammen. Der ist Luftlinie anderthalb Kilometer entfernt und bringt seine Schweine persönlich vorbei", sagt Dieter Eickhorst. Das sei nicht nur wegen des kurzen Transportweges wichtig, sondern auch für eine "schonende Schlachtung": Die Tiere kennen den Landwirt und ihre Stallgenossen und hätten deshalb keine Angst. Keine Beißereien und Rangordnungskämpfe
"Es gibt eine Rangordnung im Schweinestall", erläutert der Schlachter. Werde eine größere Zahl von Tieren – womöglich noch aus verschiedenen Ställen und Betrieben – zu einem Großschlachthof transportiert, sei das purer Stress für sie und Beißereien und Rangordnungskämpfe an der Tagesordnung. "Wir möchten ausgeruhtes Vieh", sagt er. Denn das wirke sich positiv auf die Fleischqualität aus.
Als Lehrlingswart der Freien Fleischer-Innung zu Osnabrück legt Dieter Eickhorst auch Wert darauf, dass seine Auszubildenden nicht nur das Zerlegen und Weiterverarbeiten des Fleisches, sondern auch das sachgerechte Töten der Tiere lernen: "Das gehört dazu."
Was den GMHütter Fleischer aufbringt, ist seinen Worten nach die Scheinheiligkeit vieler Menschen im Hinblick auf die Produktion ihrer Nahrung und den Umgang mit den Nutztieren: "Die Verbraucher erwarten, dass hochwertige Lebensmittel so billig wie möglich sind. Die Empörung jetzt kotzt mich an!"
Gerade jetzt zur Grillsaison seien Stücke vom Schwein wie Nackensteaks gefragt. "Spareribs sind außerdem der Renner im Moment", sagt Eickhorst. Rindfleisch in Form von Rouladen, Braten und Suppenfleisch gingen eher im Winter und bei kühlem Wetter über die Ladentheke, Lammfleisch komme bei Norddeutschen höchstens saisonal zu Ostern oder im Herbst auf den Tisch. Deshalb setze man im Sommer auch mal eine Woche aus bei der Schlachtung von Rindern, obwohl deren Steaks durchaus laufen.
Die Nachfrage nach Nackensteaks sei phasenweise so groß, dass er auch schon mal zukaufen müsse. Das gilt auch für Geflügel, denn das schlachtet er ohnehin nicht selber.
„"Wer in unserer Branche sagt, er kauft nicht zu, der lügt"“
, sagt Eickhorst. Für den Verbraucher heißt das: Genau hinschauen, nachfragen und nachdenken, welches Fleisch er kaufen möchte. Und bereit sein, auch einen angemessenen Preis für hohe Qualität zu zahlen.
Denn die, so bestätigt sein Bad Laerer Kollege Dieter Beermann, zeigt sich spätestens in der Pfanne oder auf dem Grill. Fleisch von Tieren, die in den letzten Minuten ihres Lebens Stress und panische Angst hatten, habe nämlich eine geringere Wasserbindungsfähigkeit. Mit anderen Worten: Tritt beim Garen viel Wasser aus und schrumpft das Fleisch übermäßig, stammt es von einem Tier, das vor seinem Tod leiden musste.
Auch Beermann schlachtet selber: freitags Großvieh wie Jungbullen, Kälber und Lämmer, samtags Schweine. Acht bis zehn Stück Großvieh seien es durchschnittlich pro Woche, Schweine etwa doppelt so viele. Für große Mastbetriebe sei das kein lohnendes Geschäft, "wenn wir statt 100 Schweinen auf einmal immer nur 20 haben wollen ", berichtet er.
Die Bad Laerer Landfleischerei, ebenfalls auf den Wochenmärkten vertreten, arbeitet auch deshalb seit Jahrzehnten mit kleineren Landwirten aus der Nähe zusammen. "Wir suchen das Vieh selber aus von Bauern, die wir kennen", sagt Beermann. Ihm sei wichtig, seinen Lieferanten in puncto Fütterung und Haltung der Tiere vertrauen zu können. Auch er setzt auf kurze Transportwege und schonenden Umgang mit dem Vieh: "Wir holen die Tiere immer einen Tag vorher ab, damit sie sich wieder beruhigen, nachdem sie aus ihrem gewohnten Stall in unseren Stall gebracht wurden", schildert er das Vorgehen und betont: "Das ist wichtig, damit der Adrenalinspiegel nicht steigt."
An der Schlachtung selbst seien nur drei Fleischer beteiligt, an der Weiterverarbeitung elf. Insgesamt hat Beermann einschließlich der Aushilfen für den Verkauf auf den Wochenmärkten 48 Mitarbeiter. "Jeder Tag baut auf dem vorhergehenden auf: montags zerlegen und Rohwürste herstellen, dienstags Brühwürste wie Schinken- und Jagdwurst, mittwochs werden Kochwürste, Leberwurst und Sülze gemacht, donnerstags ist Schinkentag", beschreibt er den Produktionsablauf.
Beermanns Azubis lernen ebenfalls von der Pike auf. Für die Prüfung können sie jedoch zwischen verschiedenen Modulen wählen, von denen das Schlachten selbst nur ein mögliches Modul sei: "Früher war das Bestandteil der Gesellenprüfung." Keine Akkordarbeit, Werkarbeitsverträge oder Sammelunterkünfte
Die 1838 gegründete Feinkostfleischerei Sostmann mit 13 Filialen in der Region Bramsche/Osnabrück/Ibbenbüren ist trotz der insgesamt 159 Beschäftigten immer noch ein Familienunternehmen, das "im Prinzip aus vielen kleinen Handwerksbetrieben besteht", wie Geschäftsführer Christian Sostmann erklärt. Er führt das Traditionsunternehmen in der sechsten Generation und betont: "Akkordarbeit, Werkarbeitsverträge oder Beschäftigte aus Sammelunterkünften gab es in unserer 182-jährigen Firmengeschichte noch nie."
In der hauseigenen Schlachtung in Bramsche würden aktuell an zwei Tagen in der Woche, nämlich montags und donnerstags, 160 bis 180 Schweine geschlachtet. Zum Vergleich: Großschlachthöfe wie Tönnies schlachten bis zu 1500 Schweine pro Stunde.
Die Sostmann-Schweine stammen von kleinen Familienbetrieben wie dem Hof Westhof aus Bramsche-Neuenkirchen oder dem Bio-Hof Bühning aus Schleptrup: "Wir kennen die Bauern persönlich und sprechen mit ihnen über die Haltung, Aufzucht und Fütterung." Und: Die Transporte dauern nicht länger als 30 Minuten.
"Unsere Rinder lassen wir im Auftrag schlachten", berichtet Sostmann. Das seien pro Woche etwa sechs bis acht Jungbullen oder auch mal eine Färse der Fleischrasse Uckermärker aus der Offenstallhaltung der Familie Große-Burlage aus Rieste."Das ist eine Kreuzung aus den Rassen Charolais und Limousin und liefert eine ganz tolle Fleischqualität", erklärt der Firmenchef. Zerlegt und weiterverarbeitet werden die Rinderviertel dann bei Sostmann. Lamm wird zugekauft
In früheren Jahrzehnten habe man auch Lämmer geschlachtet, heute jedoch nicht mehr: "Sie müssen ja das ganze Tier verwerten können", so Sostmann. Leider ließen sich Lämmer aber nicht mehr ganzheitlich vermarkten. Deshalb kaufe man Lammfleischteile wie Lachse und Hüften aus Weidehaltung zu: "Nur die Lammbratwurst produzieren wir selber."
Zugekauft werden auch Geflügel, Eier und saisonal Wild. Das werde vom Hof Goldkühler aus Bissendorf bezogen, der wiederum mit der Geflügelschlachterei Borgmeier aus dem Paderborner Land und dem Hühnerhof Hohnerkamp in Melle zusammenarbeite. "Insgesamt stellen wir weit über 250 verschiedene Produkte in unserer Wurst- und Feinkostküche in Bramsche selber her", betont der Geschäftsführer stolz. Nachvollziehen, woher die Tiere kommen
Besonderen Wert lege man darauf, überwiegend gelernte Fachkräfte zu beschäftigen und auch selber auszubilden: Zu den zehn Mitarbeitern im Bereich Schlachtung/Zerlegung kommen nach seinen Worten ein Dutzend in der Wurstproduktion, acht in der Feinkost- und Partyserviceküche, etliche Mitarbeiter in der Verpackung, Auslieferung und Verwaltung sowie die Verkäuferinnen und Verkäufer in den Fachgeschäften, die den größten Teil der Beschäftigten ausmachten. Sostmann bildet zudem auch Studenten im Fachbereich Kulinaristik aus.
Auch für diesen handwerklichen Schlachtereibetrieb gilt: Die Verbraucher können nachvollziehen, woher die Tiere kommen. Geschlachtet werden sie von einheimischen, gelernten Fachkräften nach kurzen Transportwegen und sachgerechter Betäubung so schonend wie möglich. Das, so gibt Sostmann seinen Kollegen recht, sei Voraussetzung für "erstklassige Fleischqualität", die eben nicht zum Schleuderpreis beim Discounter erhältlich ist. 23 Kommentare zum Thema
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