Die EU-Finanzminister haben die Einführung einer Finanztransaktionssteuer (FTT) beerdigt und suchen nun nach kleineren Alternativen zur Besteuerung von Finanzgeschäften. Im Mittelpunkt steht dabei die Einführung einer Börsenumsatzsteuer auf Aktien, wie es sie unter anderem in Großbritannien und Irland gibt und es sie früher auch in Deutschland gegeben hat. Auf Anregung Deutschlands wird nun eine Arbeitsgruppe prüfen, wie Derivate in die Besteuerung einbezogen werden können.
"Ich gebe das Ziel der Finanztransaktionssteuer nicht auf", sagte Bundesfinanzminister Wolfgang Schäuble, es dürfe aber nicht heißen: "Alles oder nichts." Großbritannien, Schweden und andere EU-Staaten hatten die Steuer abgelehnt. Der britische Ressortchef George Osborne sagte beim Treffen der Finanzminister in Kopenhagen, auch die Beteiligung seines Landes an einer EU-weiten Börsen- oder "Stempelsteuer" sei unwahrscheinlich. Da es EU-weite Steuergesetze nur bei Zustimmung aller 27 Staaten gibt, könnte es nach Angaben von Schäuble eine sogenannte verstärkte Zusammenarbeit einer größeren Staatengruppe geben.
Für die Börsensteuer gibt es in der Euro-Gruppe mehr Zustimmung als für die FTT: Schwedens Finanzminister Anders Borg macht in der Arbeitsgruppe mit, und auch Dänemark steht der Idee positiv gegenüber. Unklar ist allerdings noch, wie die Einbeziehung der Derivate funktionieren soll. In einem mit Steuerkommissar Algirdas Semeta abgestimmten deutschen Diskussionspapier hieß es außerdem, der Hochfrequenzhandel mit Aktien könne statt mit der Transaktionssteuer über Änderungen im Finanzmarktregelwerk Mifid eingeschränkt werden. Die neuen Regelungen dürften deutlich geringere Einnahmen bringen als die FTT. Deren Aufkommen in der EU hatte die Kommission auch bei minimalen Steursätzen auf 57 Mrd. Euro im Jahr geschätzt.
Die SPD-Führung verzichtet auf das angedrohte Junktim zwischen dem Fiskalpakt und der Einführung der Transaktionssteuer. Allerdings blieben Parteichef Sigmar Gabriel, Fraktionschef Frank-Walter Steinmeier und Finanzexperte Peer Steinbrück bei der Forderung, der Fiskalpakt müsse um eine aktive Wachstumsförderung ergänzt werden. Reine Sparpolitik könne am Ende zu höheren Schulden führen, warnten die drei SPD-Spitzenpolitiker in einem Beitrag für die "Frankfurter Allgemeine Sonntagszeitung".
Die SPD-Troika beendete damit einen Streit über das richtige Vorgehen gegenüber der Regierung. Gabriel hatte eine härtere Linie vertreten und mit dem Junktim gedroht. Die Koalition braucht die Zustimmung der SPD, weil für den Fiskalpakt eine Zweidrittelmehrheit im Bundestag nötig ist. Die SPD hatte bereits erklärt, dass sie sich bei der Beratung zeitlich nicht unter Druck setzen lassen will.