Verdienen Deutsche Vorstände etwa Hungerlöhne? Ne, natürlich nicht. Zwar sind wir von amerikanischen Dimensionen noch weit entfernt, aber auch hierzulande verdient so mancher Manager das Zigfache eines "seiner" Angestellen, erhöht das eigene Gehalt um dann im gleichen Atemzug die Belegschaft "wegzurationalisieren". Und das Gerücht, daß nur die US-Analysten und Bankberater die Kleinaktionäre verarschen, dürfte seit März 2000 ad acta gelegt worden sein. In diesem Punkt stehen die Deutschen (übrigens auch die restl. Europäischen, Lateinamerikanischen, Japanischen, Asiatischen ...) in nichts nach.
Daß die Lage der amerikanischen Wirtschaft mehr als nur katastrophal ist, ist wohl unzweifelhaft. Aber stehen wir Europäer wirklich so viel besser da? Und was ist mit Japan? Wenn die USA am Ende ist, ist dann die Japanische Wirtschaft ein Zombie? Irgendwann bricht unser westliches Wirtschaftssystem mit Sicherheit auseinander, aber ob wir das noch miterleben, steht auf einem anderen Blatt. Ich weiß, es klingt wie Hohn, aber es könnte tatsächlich noch schlimmer sein. Auch vom ständigen hypnotischen Gerede der Analysten, daß der Aufschwung jetzt da sei, und ein Double Dip unwahrscheinlich ist, halte ich nichts. Und die Börse hat wohl auch ihre Zweifel. Immerhin geht der Trend nun schon seit weit über einem Monat nach unten. Vorahnung? Klar. Und noch ein Bißchen Öl- & Irak-panik obendrein. Das alles gepaart mit Unternehmensergebnissen, die seit Jahren mal endlich wieder mehr der Realität entsprechen.
Doch all diese Argumente reichen immer noch nicht aus, um einen Ausstieg aus dem US-Markt aus bloßer Angst vor einem Crash zu rechtfertigen. Denn die wirtschaftliche Situation war in den 90er Jahren nicht viel besser als jetzt (wer jetzt "hohoho, unsinn" denkt, lese mal den Thread "die Ware Lage der US-Wirtschaft" von ecki, der natürlich nicht als Bibel angesehen werden muß), und die Spekulationsblase (welche noch immer nicht annähernd geplatzt ist) reicht bis in die 80er Jahre zurück (Mitte der 90er lag das DJIA-KGV bei über 70!!!). All dies führte dazu, daß seit mehr als 10 Jahren immer mehr Crashpropheten und Gurus auftauchten, die seit Anfang der 90er Jahr vor Jahr vom kurz bevorstehenden Crash sprachen, und somit viele Leute von der Börse fernhielten. Der Haken ist aber nur, daß die 90er dann wohl das beste Börsenjahrzehnt aller Zeiten wurden. Klar, daß es irgendwann auch beim Dow Jones mal kracht, aber ob das jetzt morgen oder erst in 10 Jahren der Fall ist, kann wahrlich niemand vorhersagen. Und selbst wenn es mal kracht, die Börsengeschichte hat gezeigt, daß diese Verluste meist innerhalb weniger Monate oder Quartale wieder wettgemacht wurde. Einzige Ausnahmen: 1929 (da war die Wirtschaft aber wirklich am Ende, Depression ist noch milde ausgedrückt) und 2000/2001/(2002?) an den Wachstumsmärkten. Und letzterer hatte wohl die meisten von uns von seiner Heftigkeit weit weniger überrascht als von seiner Langwierigkeit.
cu, seth
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