Heute ist Abreisetag!
Als ich heute morgen gegen 6 Uhr in Itzehoe aufbrach, um meinen Flieger von Hamburg über Frankfurt nach New York zu erreichen, wusste ich nicht, was mich in den kommenden Wochen erwartet. Einen kleinen Vorgeschmack, wie unterschiedlich die Länder, Menschen und Kapitalmärkte sein werden, die vor mir liegen, erhielt ich jedoch bereits gestern abend auf n-tv. Der Nachrichtensender meldete einen plötzlichen Wintereinbruch mit Schneechaos und klirrender Kälte in Oklahoma im mittleren Westen der USA - der Dow Jones lag 1,5% im Plus. Gleichzeitig zeigte das Laufband für Jakarta, die Hauptstadt Indonesiens, unerträgliche 37 Grad Celsius - und einen Kursverlust von 1,2% zum Vortag.
Nicht minder schwankungsreich sind auch meine Emotionen zu Beginn dieses aussergewöhnlichen Trips. Sicher, vor mir liegen zahlreiche neue Eindrücke und Erfahrungen, viele Menschen und wertvolle Kontakte zur Investmentwelt. Trotzdem hat diese Reise weder etwas mit einem 5-Sterne-Luxushotel-Urlaub noch mit der Sonne-Palmen-Strand-Vorstellung zu tun, die man üblicherweise mit einer Weltreise verbindet.
Im Gegensatz zu den meisten Investmentbankern, die selbstverständlich Business-Class fliegen und in 300 Dollar-Hotels übernachten, ziehe ich die Economy-Class und preiswerte landesübliche Unterkünfte vor. Dies mag einerseits daran liegen, dass wir im IAC anders als bei Fonds eine klare Kostentrennung haben und ich die Kosten dieser Reise somit aus eigener Tasche und nicht etwa aus dem Portemonnaie der Kunden bezahle. Darüber hinaus bin ich aber auch der Überzeugung, dass sich die wahren wirtschaftlichen Verhältnisse eines Landes sowie die Konsumgewohnheiten und Lebensumstände seiner Bevölkerung nicht wirklich optimal in der Lobby eines 5-Sterne-Hotels ergründen lassen.
Trotz dieser Umstände lässt sich natürlich nicht ausschließen, dass der eine oder andere ohne Zögern bereit wäre, mit mir zu tauschen. Steht man allerdings erst einmal am Flughafen, wird einem bewusst, dass vier Monate eine lange Zeit sind und man nicht nur im familiären Bereich einiges zurück lässt.
Wer die Entwicklung des IAC in den vergangenen 6 Jahren miterlebt hat, weiß was ich meine: Als wir im März 1998 mit 12 Gründungsmitgliedern den Itzehoer Aktien Club ins Leben gerufen haben, hätte keiner von uns zu träumen gewagt, dass sich daraus in den folgenden Jahren eine beispiellose Erfolgsgeschichte entwickeln würde. Auch hatten wir keine Ahnung, wie viel Arbeit und emotionale Höhen und Tiefen mit dem Aufstieg des IAC von einem unter 6.000 Aktienclubs zum mit Abstand größten Club in Deutschland verbunden sein würde.
Genau diese Höhen und Tiefen, die viele IAC-Mitglieder hautnah mit uns gemeinsam erlebt haben, waren es allerdings, die uns alle auf eine besondere Art und Weise zusammengeschweisst haben. Ich wage darum zu behaupten, dass der Idealismus und die Identifikation des mittlerweile 25-köpfigen IAC-Teams mit "unserem" Club und die enge Verbindung zu "unseren" Mitgliedern etwas ganz Besonderes sind. Letztendlich sind sie sogar mehr als das: Sie sind das Erfolgsgeheimnis, das den IAC trotz der katastrophalen Börsenjahre ganz an die Spitze gebracht hat.
Das alles für mehrere Monate räumlich zurück zu lassen, fällt mir darum nicht leicht. Andererseits beweist gerade die Tatsache, dass meine Abwesenheit für einen solchen Zeitraum problemlos möglich ist, ohne dass der Mitglieder-Service oder die tägliche Arbeit darunter auch nur im Geringsten leiden würden, dass der IAC mittlerweile den Kinderschuhen entwachsen ist und das gesamte IAC-Team mit den Aufgaben und Herausforderungen gewachsen ist.
Dies alles hätte nicht erreicht werden können ohne die außergewöhnliche Leistungsbereitschaft und eine gehörige Portion Idealismus des gesamten IAC-Teams in den letzten Jahren. Dafür möchte ich jedem einzelnen Mitarbeiter persönlich danken.
Mein Dank gebührt jedoch nicht nur den Mitarbeitern, die allen IAC-Mitgliedern stets mit besten Kräften zur Seite stehen, sondern in ganz besonderer Weise auch den Mitgliedern selbst. Die zurückliegende Börsenbaisse hat wohl jeden Einzelnen zeitweise an der Richtigkeit seiner Entscheidung zum Kauf von Qualitätsaktien zweifeln lassen. Die emotionalen Anfechtungen, die uns als Investoren immer wieder zu Fehlern verleiten, waren in den vergangenen Jahren außergewöhnlich intensiv. Ließen sich während der Boomphase Ende der 90er viele von der Gier mitreißen und so zu Investitionen am Neuen Markt verführen, verkauften ebenso viele Anleger ihre Aktien aus Angst vor Terror, Bilanzbetrug und Krieg im Irak in der Folgezeit zu Tiefkursen.
Wir im IAC blieben durch unsere Strategie der internationalen Qualitätsaktien von diesen verlustreichen Fehlentscheidungen zwar verschont, jedoch weiß jeder, der die Entwicklung am eigenen Leib miterlebt hat, dass die dafür notwendige Konsequenz nicht immer ganz einfach war und selbst Qualitätsaktien letztendlich von Kursschwankungen nicht verschont bleiben.
Dass der IAC trotz der zurückliegenden Börsenjahre heute mit 8.600 Mitgliedern und einem Vermögen von über 60 Mio. Euro im Gemeinschaftsdepot jeweils neue Rekordstände erreicht hat, beweist, dass unsere Mitglieder sich deutlich von der breiten Masse der Privatanleger abheben. Und obwohl dieser Umstand ganz sicher nicht in unserer Verantwortung liegt, erfüllt mich diese Tatsache mit einem gewissen Stolz. Ich kann mir jedenfalls keine besseren Investoren vorstellen, als die, die wir bereits im IAC haben.
Das daraus resultierende Verantwortungsgefühl war es letztendlich, das mich trotz gemischter Gefühle geradezu auf diese Reise trieb. Wer wie ich mitverantwortlich ist für die Anlageentscheidungen von über 60 Mio. Euro harter Ersparnisse und dieses Geld in Firmen in der ganzen Welt investiert, sollte diese schließlich auch kennen.
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