"Handbuch für zerstörte Lebenssicherheit
Eine Vergangenheit, die konstante Renditen und Gewinne verspricht, ist eine Vergangenheit, in der es Rendite und Gewinne gibt. Nicht mehr, nicht weniger. Wer aber die Vergangenheit auf die Zukunft hochrechnet, wettet gegen überraschende oder seltene Ereignisse. Genau besehen, ein ziemliches Risiko, weil es ja gerade die Überraschungen sind, gegen die man sich wappnen will.
Neben dem Bankrott des Truthahns zeigt Taleb deshalb noch eine zweite Kurve. Sie zeigt nicht nur das Schicksal von IndyMay, sondern von tausend Finanzhäusern, die gegen überraschende Ereignisse gewettet haben und, so Taleb, „gerade eine Billion Dollar wegen eines einzigen Fehlers verloren haben, mehr als jemals in der Geschichte des Bankenwesens verdient wurde. Trotzdem bekommen die Banker ihre Boni weiter, und es sieht so aus, als müssten die Bürger die Rechnungen bezahlen. Und Professor Ben Bernanke, der Notenbankchef, erklärte unmittelbar vor dem Blowup, dass wir in einer Ära der Stabilität und Beruhigung leben. Er ist übrigens jetzt der Pilot des Flugzeugs, in dem wir alle fliegen.“
Zum Thema Schon acht Immobilienfonds vorläufig geschlossen Die Politik als Retter - wer rettet uns vor der Politik? Paul Krugman, Vordenker einer neuen moralischen Wirtschaftsordnung Wie die Finanzkrise die Grundlagen unseres Denkens in Frage stellt Mehr als eine Finanzkrise: Das Zeitalter des Unglücks Kaum eine amerikanische Zeitung, die im Augenblick den brillanten Taleb, dessen Buch „Der schwarze Schwan“ bei Hanser gerade in Deutsch erschienen ist, nicht um Auskunft bittet. Seine Theorie über „die Macht höchst unwahrscheinlicher Ereignisse“ ist zum Handbuch einer Gesellschaft geworden, die gerade die Zerstörung ihrer Lebenssicherheit erlebt. Weil man nur weiße Schwäne kannte, konnten sich die europäischen Gesellschaften schwarze Schwäne nicht vorstellen, bis sie eines Tages in Australien entdeckt wurden. Taleb ist es, der, weil diese Unfähigkeit in den Finanzmärkten zum logischen Gesetz wurde, mit dem Satz zitiert wird, die Herausforderung, vor der die amerikanische Gesellschaft stehe, sei nicht die der „Great Depression“, sie trete angesichts der Verarmung der amerikanischen Mittelschichten womöglich in die schwierigste Phase seit der amerikanischen Revolution ein.
Die Sicherheit vor der Schlachtung
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