09.10.2011 18:56 Hinweise auf harte Umschuldung Griechenlands Merkel und Sarkozy bleiben unkonkret Kanzlerin Merkel und Frankreichs Präsident Sarkozy kündigen ein "Gesamtpaket" zur Lösung der Euro-Krise an. Zur Stützung der Banken äußern sie sich aber unkonkret. SPD-Chef Gabriel fordert in diesem Fall eine Regulierung des Bankensektors, notfalls die Verstaatlichung. Derweil mehren sich Hinweise auf eine harte Umschuldung Griechenlands. Entsprechende Szenarien würden in der Eurogruppe durchgespielt.
So nah, so weit: Merkel und Sarkozy sprechen in Berlin. (Foto: dapd)
Deutschland und Frankreich wollen bis Ende Oktober ein "Gesamtpaket" zur Lösung der Euro-Schuldenkrise und zur Stützung von Europas Banken vorlegen. Das machten Bundeskanzlerin Angela Merkel und Frankreichs Präsident Nicolas Sarkozy nach einem Treffen in Berlin deutlich. Diese dauerhafte Lösung solle dann auf dem G20-Gipfel im französischen Cannes Anfang November präsentiert werden - zusammen mit einer neuen Vision für Europa, wie Sarkozy betonte. Merkel sagte, beide Länder seien sich ihrer Verpflichtung bewusst und entschlossen, das Nötige zu tun, um die Rekapitalisierung der Banken sicherzustellen. "Wir wissen um unsere Verantwortung." Auch Sarkozy betonte, er sei sich bei möglichen Finanzspritzen für Banken mit Merkel "völlig einig". Auch über den EFSF gebe es keinen Streit. Die Banken brauchen dringend mehr Kapital, um für eine wahrscheinliche Pleite Griechenlands gewappnet zu sein. Beide unterstrichen, dass Griechenland in der Euro-Zone bleiben soll. Merkel und Sarkozy zeigten sich zuversichtlich, dass die Slowakei am Dienstag dem erweiterten Euro-Rettungsschirm EFSF zustimmen wird und der Fonds rasch voll einsatzbereit ist. Szenarien für Schuldenschnitt werden geprüft Derweil verdichten sich die Hinweise auf eine harte Umschuldung Griechenlands. Wie die Deutsche Presse-Agentur aus Finanz- und Verhandlungskreisen erfuhr, werden aktuell in der Eurogruppe Szenarien für einen Schuldenschnitt von bis zu 60 Prozent durchgespielt. Gläubiger Griechenlands müssten dann auf diesen Anteil ihrer Forderungen verzichten. Bei einem Schuldenschnitt wären in Deutschland nicht nur Banken, sondern auch die Steuerzahler betroffen, weil der Staat im Rahmen der internationalen Hilfen Griechenland Notkredite in Milliardenhöhe über die Förderbank KfW gewährt hat. In Regierungskreisen hieß es, in Sachen Schuldenschnitt sei es zu früh für eine abschließende Bewertung. Die Analyse der "Troika"-Experten von Europäischer Union (EU), Europäischer Zentralbank (EZB) und Internationalem Währungsfonds (IWF) zur Schuldentragfähigkeit Griechenlands liege noch nicht vor. Mitglieder der Troika-Mission in Athen haben in düsteren Worten die stockenden Reformen der griechischen Regierung kritisiert. Bundesfinanzminister Wolfgang Schäuble zeigte sich besorgt, ob die Griechen ihre gigantische Schuldenlast dauerhaft stemmen können. "Es gibt ein hohes Risiko, dass sich diese Krise weiter zuspitzt und ausbreitet", sagte Schäuble der "Frankfurter Allgemeinen Sonntagszeitung". Zurückgewiesen wurde in Regierungskreisen ein Medienbericht, wonach Deutschland im Gegenzug für einen Schuldenschnitt in Griechenland bereit sei, den Franzosen beim Rettungsfonds EFSF mehr Flexibilität zuzugestehen. Französische Banken wären von einer Umschuldung in Athen besonders betroffen. Gabriel will Finanzsektor regulieren Nach Ansicht von SPD-Chef Gabriel muss allerdings eine Unterstützung der Banken in der Schuldenkrise mit einer drastischen Regulierung des Banken- und Finanzwesens einhergehen. "Wir dürfen die Banken nicht zum zweiten Mal retten, ohne sie zurechtzustutzen", sagte Gabriel der "Frankfurter Allgemeinen Zeitung". Zunächst sei es nötig, das Investmentbanking von den normalen Geschäftsbanken zu trennen. Außerdem müsse sich der Staat in dem Umfang, in dem die Banken rekapitalisiert werden, auch an ihnen beteiligen. Notfalls müssten solche Institute "komplett verstaatlicht" werden. "Wir brauchen wesentlich robustere Formen der Regulierung", forderte Gabriel. Wer so groß sei, dass er Wohlstand und Gemeinwohl ganzer Völker und Staaten gefährde, dessen Größe und Macht müssten verkleinert werden. "Die Devise muss lauten: Kein Cent vom Staat zur Rettung von Banken ohne tiefgreifende Veränderungen." Er könne keinem erklären, dass wir zum zweiten Mal mit öffentlichen Mitteln einen Sektor stabilisieren, der für sich in Anspruch nimmt, sozusagen ein Paralleluniversum zu sein, so der SPD-Chef. FDP-Spitze für Umschuldung Die FDP-Spitze hält eine Umschuldung Griechenlands für notwendig. "Griechenland ist nicht wettbewerbsfähig", sagte Fraktionschef Rainer Brüderle bei der zweiten FDP-Regionalkonferenz in Dortmund. "Es wird der Punkt X kommen, wo Griechenland umschulden muss." Parteichef Philipp Rösler bezeichnete den Weg als "Resolvenz". Ländern, die aus eigener Kraft nicht die Krise überwinden könnten, bräuchten Instrumente für ein geordnetes staatliches Insolvenzverfahren, so der Bundeswirtschaftsminister. Er brachte auch den Begriff eines europäischen "Resolvenzverwalters" ins Spiel. Bei den ersten FDP-Regionalkonferenzen in Würzburg und Dortmund verteidigte die Parteispitze ausnahmslos den Euro-Kurs und lehnte das Ziel der "Euro-Rebellen" ab. Die Gruppe um den Bundestagsabgeordneten Frank Schäffler will über einen Mitgliederentscheid den künftigen Euro-Rettungsschirm ESM stoppen, der Mitte 2013 kommen soll. "Wir dürfen die Schulden in Europa nicht sozialisieren", sagte Schäffler in Dortmund. Folgen einer Pleite "unabsehbar" Der Präsident der EU-Kommission, José Manuel Barroso, warnte vor einer Pleite Griechenlands. Der "Bild"-Zeitung sagte er, die Folgen einer solchen Insolvenz seien "unabsehbar". Der Wohlstand im gesamten Euroraum sei gefährdet. "Wenn wir Griechenland aufgeben, gibt es die große Gefahr, dass die Krise auf andere Länder übergreift." Eine Pleite werde seiner Meinung nach für die Beteiligten nicht billiger als die jetzt aufgespannten Rettungsschirme. Barroso forderte zudem Griechenland zu größeren Sparanstrengungen auf. "Die Reformen müssen schneller kommen. Sonst verliert Griechenland seine Glaubwürdigkeit." Der frühere Bundeskanzler Gerhard Schröder von der SPD sprach sich in der "Financial Times Deutschland" für eine "Euro-Agenda 2012" aus. Dazu zählte er eine Vergrößerung des Rettungsschirms, einen Finanzminister für alle Länder der Währungsunion sowie gemeinsame Anleihen der Partnerstaaten. Außerdem verlangt Schröder für Griechenland einen "intelligenten Schuldenschnitt um etwa 50 Prozent". Dabei dürfe der Bankensektor aber nicht dauerhaft geschädigt werden, zu einer Kettenreaktion in anderen Krisenstaaten dürfe es nicht kommen.
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