Personalvorstand kündigt «Rückbau in Westeuropa» an - Werk in Brüssel soll Produktion nach Wolfsburg geben Claus-Peter Tiemann AP 05.11.2006 12:51
Hamburg - Nachdem Volkswagen in Deutschland mit seinem Streichungsprogramm von 20.000 Stellen gut vorankommt, will der Konzern nun die Axt an Jobs in Westeuropa legen: «Wir werden das Thema Rückbau auch in Westeuropa angehen», sagte Personalvorstand Horst Neumann der «Hannoverschen Allgemeinen Zeitung». Der Konzern beschäftigt in Westeuropa rund 30.000 Menschen, den größten Teil davon in Spanien, aber auch in Portugal und Belgien. Vor zwei Wochen hatte VW eine Steigerung des operativen Ergebnisses um 62 Prozent auf rund 3 Milliarden Euro bis Ende September gemeldet.
Neumann nannte keine Zahlen zu den Stellenstreichungen, sagte aber über die drei Länder: «Wir werden dort ebenso wie in Deutschland Personal abbauen.» Falls VW wie in Deutschland rund 20 Prozent der Stellen streicht, wären rund 6.000 Arbeitsplätze in Gefahr. Nach mehreren Presseberichten sind von Jobabbau vor allem das Werk in Brüssel bedroht, aber auch die Produktionsstätten in Palmela (Portugal) und Pamplona (Spanien). In Spanien macht die VW-Tochter Seat dem Konzern seit Jahren Sorgen, weil das Unternehmen nicht in die Gewinnzone kommt.
Ein VW-Sprecher erklärte am Sonntag, der Konzern könne die genannten Zahlen zu den Jobverlusten nicht bestätigen. Neumann begründete die geplanten Streichungen mit der weltweiten Verschiebung der Nachfrage: «Der Markt wächst in Ländern wie Russland, Indien und China, gleichzeitig verlieren Länder wie Spanien ihren Kostenvorteil.» Allein in Spanien beschäftigt VW 16.300 Menschen.
Nach Informationen des «Spiegels» will VW die Produktion von 80.000 Golf von Brüssel nach Wolfsburg verlagern. In Wolfsburg wurde in dem seit November gültigen Tarifvertrag die Arbeitszeit verlängert, aber bisher fehlt es an Arbeit in dem Werk. Das Blatt nennt einen Verlust von 1.000 der 4.900 Job in Brüssel. Im April hatte VW erklärt, das Werk Brüssel werde nicht geschlossen.
Laut «Frankfurter Allgemeiner Zeitung» sind in den Werken Brüssel, Pamplona und Palmela 2.400 Stellen in Gefahr. Einzelheiten wolle der Aufsichtsrat am 17. November beschließen, wenn die Investitionen für das kommende Jahr verabschiedet werden sollen.
Offenbar müssen die Werke in Westeuropa die Zeche zahlen für die sechs westdeutschen Werke, für die VW mit der IG Metall eine Verlängerung der Arbeitszeit von 28,8 auf bis zu 34 Stunden ohne Lohnausgleich vereinbart hatte. Um die zusätzliche Zeit zu füllen, soll offenbar Produktionsvolumen nach Deutschland geholt werden. Neumann sagte, die deutschen Werke seien mit dem neuen VW-Haustarif erheblich wettbewerbsfähiger geworden: «Wir sind endlich in einer vergleichbaren Position zu anderen deutschen Herstellern», erklärte er.
Er schloss allerdings nicht aus, dass auch in den heimischen Fabriken noch einmal Stellen abgebaut würden. Es sei «durchaus denkbar», dass VW in zwei oder drei Jahren ein weiteres Abfindungsprogramm auflegen werde. Bisher haben nach Angaben Neumanns knapp 6.000 Beschäftigte Abfindungsangebote angenommen, 2.000 würden jedes Jahr über Altersteilzeit ausscheiden.
Für das ganze bisherige Jahr lagen die Sanierungskosten bei 2 Milliarden Euro. Der Kurs der Personalreduzierung zeigt Wirkung: Die Zahl der Beschäftigten fiel um 4,6 Prozent auf 330.000 weltweit.
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