Berlin/Teheran (Reuters) - Im Streit um das iranische Atomprogramm suchen Europa, Russland, China und die USA kommende Woche eine gemeinsame Position zur Einschaltung des UN-Sicherheitsrats. Der Iran sandte widersprüchliche Signale zu den Einigungsbemühungen.
Der Sprecher des Auswärtigen Amts, Martin Jäger, bestätigte am Mittwoch Pläne für ein Treffen der Außenminister der drei europäischen Unterhändler und der ständigen Mitglieder des Sicherheitsrats am Montag in London. Am Sitz der Internationalen Atomenergiebehörde (IAEA) in Wien hieß es, dabei gehe es um eine Abstimmung vor der IAEA-Sondersitzung am kommenden Donnerstag. Dann soll entschieden werden, ob der Sicherheitsrat befasst wird, in dem Russland und China, Staaten mit enger Verbindung zum Iran, Vetorecht haben. Bundeskanzlerin Angela Merkel wollte am Mittwoch mit IAEA-Chef Mohammed el-Baradei über das Thema beraten. Der Iran drohte mit Wiederaufnahme der Anreicherung von Uran, zeigte sich aber offen für einen Kompromissvorschlag.
Das Treffen in London soll entscheidende Akteure im Streit um das iranische Atomprogramm zusammenführen. Deutschland, Frankreich und Großbritannien suchen seit über zwei Jahren im Auftrag der Europäischen Union (EU) und mit Billigung der USA eine diplomatische Lösung. Nachdem weitere Gespräche nach ihrer Einschätzung auf Grund des Verhaltens des Iran keine Basis mehr haben, wollen sie einen IAEA-Beschluss zur Anrufung des Sicherheitsrats der Vereinten Nationen (UN) erreichen. China und Russland haben jedoch Vorbehalte gegen einen solchen Schritt. Beide haben enge wirtschaftliche Beziehungen zum Iran.
BEMÜHUNGEN UM GEMEINSAME HALTUNG MIT CHINA
Intern werfen EU-Diplomaten dem Iran den Versuch vor, die Europäer und die anderen Akteure zu spalten, um die Anrufung des Sicherheitsrats zu verhindern. Dessen Einschaltung soll den internationalen Druck auf den Iran erhöhen, bis hin zur Option von Wirtschaftssanktionen. Das Land wird verdächtigt, unter dem Deckmantel eines zivilen Energieprogramms Atomwaffen zu entwickeln. Nachdem es die Wiederaufnahme der Forschung an atomaren Brennstoffen angekündigt hatte, erklärten die drei EU-Staaten die Gespräche für zunächst gescheitert. Sie betonten aber, sie strebten weiter eine diplomatische Lösung an.
Die "New York Times" berichtete aus Wien, Unterhändler der IAEA seien am Dienstag nach Teheran gereist, um Iran eine letzte Chance zur Zusammenarbeit mit der Behörde zu geben. Der stellvertretende US-Außenminister Robert Zoellick sagte bei einem Besuch in China, in den Kernfragen des Atomstreits seien China und die USA einig. Bedenken habe China nur hinsichtlich der "Taktik und der Zeitplanung" geäußert. Die chinesische Regierung hatte erklärt, der Vorschlag, den Sicherheitsrat zu befassen, werde geprüft, diplomatische Bemühungen würden jedoch bevorzugt.
UN-Generalsekretär Kofi Annan äußerte Zweifel, dass die IAEA, eine UN-Organisation, bei der Sitzung am 2. Februar schon eine Entscheidung treffen kann, da El Baradei bis dahin seinen Bericht zum Iran noch nicht fertig haben werde. Merkel wollte am Rande des Weltwirtschaftsforums in Davos mit El Baradei über das weitere Vorgehen beraten, sagte Regierungssprecher Thomas Steg. "Wir werden sehr konsequent deutlich machen, dass der Iran eine rote Linie überschritten hat und dass sich die westliche Gemeinschaft das nicht bieten lässt", kündigte Merkel in einem RTL-Interview an.
WIDERSPRÜCHLICHE SIGNALE DER IRANISCHEN REGIERUNG
Der Iran zeigte sich einerseits offen für einen russischen Kompromissvorschlag, Uran durch ein Gemeinschaftsunternehmen auf russischem Boden anzureichern. Sein Land stehe dem Angebot positiv gegenüber, zitierten die Agenturen Interfax und Itar-Tass den iranischen Chefunterhändler Ali Laridschani bei einem Besuch in Moskau. Außenminister Manuchehr Mottaki sagte dagegen, Iran werde seine Zusammenarbeit mit der IAEA sofort einstellen, wenn der Streit an den Sicherheitsrat verwiesen werde. Er drängte Deutschland, Frankreich und Großbritannien zur Wiederaufnahme der Gespräche.
Die Bundesregierung reagierte zurückhaltend auf die Signale der Offenheit für den russischen Vorschlag, der als wichtiger Teil einer möglichen Kompromisslösung verfolgt worden war. "Wir haben das russische Angebot für konstruktiv und hilfreich gehalten", sagte Außenamtssprecher Jäger. "Es liegt nun an der iranischen Seite nachzuweisen und darzulegen, inwieweit sie sich damit anfreunden kann." Man müsse abwarten, was Gespräche zwischen Russland und dem Iran ergäben. Der britische Außenminister Jack Straw nannte den Vorschlag eine Möglichkeit zur Lösung des Streits.
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