Frau Cornelia Pieper Sympathisant Saddam Husseins jetzt bei der F.D.P. – Karsli verschweigt schlimmste Kurdenausrottung seit Atatürk
Göttingen, den 24. 04. 2002
Sehr geehrte Frau Pieper, sehr geehrter Herr Westerwelle,
nach dem Wahlsieg Ihrer Partei und der Niederlage der Grünen in Sachsen-Anhalt ist der nordrhein-westfälische Landtagsabgeordnete der Grünen, Jamal Karsli, in die FDP übergetreten. Zur Begründung hieß es, er sei von der Nahostpolitik Jürgen W. Möllemanns beeindruckt. Das hat uns aufgeschreckt.
Karsli gilt als Sympathisant Saddams Hussein. Er hat noch vor einem Jahr für eine Reise Deutscher in den Irak geworben, die von dem Generalsekretär der Deutsch-Irakischen Gesellschaft e.V., Aziz Alkazaz organisiert wurde. Diese Institution ist dem Regime Saddam Hussein hörig.
In seinem Reisebericht behauptet Karsli, die große Mehrheit der Kurden im Mittel- und Südirak stehe hinter der Regierung. Dabei verschweigt er die schlimmste Kurdenausrottung in den vier Heimatstaaten dieses bedrohten Volkes seit der Kurdenverfolgung der 20-er und 30-er Jahre in der Türkei. Allein bei der "Anfal"-Offensive Ende der 80-er Jahre hat Saddam Hussein durch Giftgasangriffe, durch systematische Massenerschießungen, durch die Liquidierung der überlebenden Zivilisten nach Giftgasangriffen bis zu 182.000 Kurden vernichtet. Der Kommandeur der "Anfal"-Offensive, Ali Hassan al-Majid, gestand 100.000 Opfer seiner Verbrechen ein. Er ließ allein 5.000 kurdische und assyrisch-christliche Dörfer zerstören, die nicht ermordeten Einwohner in aus Beton errichteten Internierungslagern einsperren und die Wasserstellen und Brunnen der kurdischen Grenzgebiete vergiften.
Alle diese Fakten sind durch 350 überlebende Augenzeugen sowie durch Exhumierungen im Nordirak belegt. Die renommierte Menschenrechtsorganisation Human Right Watch vergleicht die Aktionen der mobilen irakischen Tötungseinheiten mit dem Vorgehen der nationalsozialistischen Einsatzkommandos in Osteuropa.
Während Karsli israelische Menschenrechtsverletzungen kritisiert, plädiert er offen für die Organe und Repräsentanten des totalitären Killerstaates Irak. Er preist den kurdischen Vizepräsidenten des irakischen Parlamentes A. J. Ismail als Minderheitenvertreter, referiert die Positionen des irakischen Handelsministers Muhammed M. Saleh und von Außenminister Tariq Aziz. über die Genozide an Kurden, assyrischen Christen im Nordirak sowie an Schiiten und Marscharabern, über die permanenten Hinrichtungen und Folterungen, die auch während seiner Reise stattfanden, verliert er kein Wort.
Sehr geehrte Frau Pieper, Sehr geehrter Herr Westerwelle, wir meinen, dass Jamal Karsli keine Bereicherung für eine demokratische Partei sein kann. Sie müssen ohnehin mit der Hypothek leben, dass Ihr Parteikollege Jürgen W. Möllemann zur Zeit der Lieferung der deutschen Giftgastechnologie an Saddam Hussein in den späten 80-er Jahren als Staatsminister im Auswärtigen Amt nach Protesten Israels und der USA erklärt hatte, im irakischen Samarah würden nur Pestizide hergestellt. Unsere Menschenrechtsorganisation hatte damals die Beteiligung von der hessischen Unternehmen Karl Kolb und Pilot Plant am Aufbau der Giftgasindustrie aufgedeckt, war vom Bonner Landgericht auf Unterlassung bei zweimal DM 500 000 verurteilt worden und hatte schließlich Recht behalten. In diesem Sinne raten wir davon ab, Herrn Karsli in Ihre Partei aufzunehmen.
Mit freundlichen Grüssen, Ihr
Tilman Zülch, Generalsekretär
Irak: Verbrechen unter Saddam Hussein
Tötungs- und Hinrichtungsarten
· "Normale" Hinrichtungen (in der Regel heißt es, Jahr für Jahr in Berichten von Menschenrechtsorganisationen – unter ihnen Amnesty international -: "...im Berichtsjahr wurden Hunderte von Personen hingerichtet") · Zu Tode Foltern · ohne Warnung in Ansammlungen von Zivilisten schießen · Demonstrationen durch Schusswaffengebrauch auflösen · Angehörige staatlicher Dienste mit Thallium vergiften · Dorfgemeinschaften überfallen, massakrieren oder bombardieren · mehrere hunderttausend Menschen verschwinden lassen · Massenexekutionen von Verschleppten und Verscharren der Toten in Massengräbern (z.B. 8000 Knaben und Männer des Barzanistammes) · Bombardieren von Dörfern und Städten (Halabja) mit Giftgas · Massenexekutionen von überlebenden der Giftgasangriffe · Vernichtung von Zehntausenden Alten, Kranken, Säuglingen, Kleinkindern, Schwangeren, Verwundeten, Hungernden als Konsequenz der Lebensbedingungen während und nach den Massenvertreibungen 1975, 1987/88 und 1991 und durch Zerstörung von 5.000 Dörfern und Vergiftung der Brunnen · gezielte Einzelerschießungen von Menschen bei Autofahrten, auf den Straßen, in Dörfern und Städten · Anschläge/Attentate auf Exilierte in allen fünf Kontinenten durch Diplomaten und Geheimdienstagenten des Regimes · öffentliche Enthauptung von Frauen, von angeblichen Prostituierten und von Angehörigen der weiblichen Opposition mit Schwertern · Ertränken von Menschen im Tigris, die mit Gewichten beschwert worden waren · Erhängen von Menschen an Leitungsmasten · Menschen aus Krankenhausetagen stürzen lassen
Foltermethoden
· Herausschneiden der Zunge · Ausstechen der Augen · Elektroschocks · Verbrennungen mit Zigaretten · Ausreißen von Fingernägeln · Vergewaltigung von Häftlingen · Aufhängen an Gelenken über lange Zeiträume · Schläge mit Kabeln · Schläge auf die Fußsohlen · Durchbohren der Hände mit Bohrmaschinen · Scheinhinrichtungen (1997 Todesstrafe festgelegt für 18 Straftatbestände) · Einzelhaft über Jahre · Festnahme weiblicher Angehöriger eines Häftlings und deren Vergewaltigung in dessen Gegenwart · Zusendung von Videobändern an ins Ausland geflüchtete Oppositionelle, auf denen Vergewaltigungen weiblicher Angehöriger zu sehen sind · Amputation beider Hände · übergabe zu Tode Gefolterter an Angehörige · Hetzen von Bluthunden auf Häftlinge · Amputation beider Ohren oder von rechter Hand und linkem Fuß mit Fernsehübertragung · Einbrennen von Brandzeichen auf die Stirn von Deserteuren · Brechen von Gliedmaßen · Verbrennen bei lebendigem Leibe · Entziehung von Wasser über längere Zeiträume
Opfer von Genozid, von Gruppen- oder Einzeltötungen
Kurden (Yeziden, Failis, Barzanis), Schiiten, Marscharaber, assyrisch-aramäische Christen (Nestorianer, Chaldäer, u.a.), Turkmenen, Kuwaitis, andere Araber, sonstige Ausländer, iranische Gefangene, iranische Araber, vermeintliche und tatsächliche Regierungsgegner, vermeintliche und tatsächliche Kriminelle, so genannte Prostituierte, Frauen und Kinder aller Nationalitäten, vermeintliche und tatsächliche Schmuggler, ärzte- und Pflegepersonal (das verwundete Kurden oder Schiiten versorgt oder Strafamputationen verweigert hatte), Oppositionelle (Kommunisten, Sozialisten, Demokraten, Gewerkschaftler, Intellektuelle, früher Maoisten und Nasseristen), Baathparteimitglieder und Regimeangehörige, Angehörige der republikanischen Garden, Armee: Offiziere und Generäle, Geheimdienstler, Politiker, Angehörige der Familie Saddam Husseins, u.a. die beiden Schwiegersöhne
zusammengestellt von T. Zülch
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