Sri LankaKämpfe zwei Jahre nach Tsunami machen Helfer hilflos Regierung behindert Arbeit ausgerechnet dort, wo die Not am größten ist von Can Merey, 19.12.06, 10:23h Ein Mädchen wartet in einem Flüchtlingslager auf Sri Lanka auf eine Nachricht über ihre vermissten Eltern. (Foto: dpa) |
Colombo/dpa. Nur Stunden nach dem Tsunami an Weihnachten vor zwei Jahren machten sich die ersten Helfer aus dem Ausland auf den Weg nach Sri Lanka. Im Gepäck hatten die meisten von ihnen viel Enthusiasmus. Nach dem Wiederaufbau sollten die Überlebenden der Flut ein besseres Zuhause haben als je zuvor. Zudem keimte die Hoffnung auf, die Katastrophe würde die Tamilen-Rebellen der LTTE und die Regierung an einen Tisch zwingen und der geschundenen Insel endlich Frieden bescheren. Stattdessen herrscht in Sri Lanka heute wieder Bürgerkrieg. Die Helfer sind hilflos: Die Regierung behindere ihre Arbeit ausgerechnet dort, wo die Not am größten ist, sagen sie. Zermürbt von der wachsenden Gewalt, von der ständigen Bedrohung und von einer von Regierungsseite zumindest geduldeten Kampagne gegen Hilfsorganisationen haben einige der Helfer wieder ihre Koffer gepackt. Wie gefährlich ihre Arbeit ist, zeigte im August das Massaker an 17 einheimischen Tsunami-Helfern der französischen «Aktion gegen den Hunger» (ACF) im Tamilen-Gebiet. Internationale Beobachter machen die Armee verantwortlich. Andere Mitarbeiter von Hilfswerken harren mehr oder minder frustriert aus, oft dazu verdammt, sich mit einer schikanös anmutenden Bürokratie herumschlagen zu müssen, statt ihren eigentlichen Aufgaben nachzugehen. «Hilfsorganisationen können praktisch nicht mehr arbeiten», sagt ein westlicher Entwicklungshelfer, der wie viele seiner Kollegen aus Angst vor Repressalien seinen Namen nicht veröffentlicht sehen will. Dabei waren die Hilfswerke nach dem Tsunami willkommen. Je stärker aber der Konflikt mit den Befreiungstigern von Tamil Eelam (LTTE) eskalierte, desto mehr bekamen die um Neutralität bemühten Helfer Gegenwind aus Colombo. Regierungsnahe Zeitungen schrieben, sie seien unfähig, verjubelten Geld und bereicherten sich. Vor allem aber schürten Nationalisten aus der singhalesischen Bevölkerungsmehrheit das Vorurteil, Helfer, die in den Rebellengebieten im Norden und Osten Wiederaufbau leisteten, seien LTTE-Symphatisanten. Das Verteidigungsministerium verstieg sich im vergangenen Monat zu der Behauptung, Mitarbeiter «bestimmter internationaler Hilfsorganisationen» hätten an der Seite der LTTE «Krieg gegen Sicherheitskräfte geführt». Keine Angaben wurden dazu gemacht, um welche Organisationen es sich gehandelt haben soll. Als eine der Begründungen dafür, schärfere Kontrollen der Helfer einzuführen, diente der Regierung das Beispiel trotzdem. «Überhaupt keiner, den ich kenne, unterstützt die LTTE», sagt der westliche Entwicklungshelfer kopfschüttelnd. «Wir unterstützen die Tamilen im Norden und Osten, weil sie die Ärmsten im Land sind.» Nach zwei Jahrzehnten Bürgerkrieg dort hatten die Tamilen nach dem Waffenstillstand von 2002 gerade einmal Zeit, ihre Häuser wieder aufzubauen. Dann kam der Tsunami. Kurz darauf begannen die Kämpfe aufs Neue, der Waffenstillstand wurde zur Farce. Nun bräuchten die Menschen im Norden und Osten nicht nur Tsunami-, sondern auch akute Nothilfe. Doch die Regierung erschwert ausländischen Helfern - die zugleich internationale Beobachter wären - den Zugang zu den betroffenen Gebieten, angeblich aus Sicherheitsgründen. Analysten vermuten dagegen, dass die Regierung Zivilisten im LTTE-Gebiet aushungern und damit zur Flucht ins Regierungsgebiet treiben will. Die Armee macht keinen Hehl daraus, dass sie darauf wartet, dass Zivilisten aus umkämpften LTTE-Regionen ins Regierungsgebiet fliehen. Die für Hilfsorganisationen so gut wie unzugängliche Region um Vaharai im Osten der Insel werde die Armee einnehmen, sobald alle der noch verbliebenen rund 20 000 Zivilisten von dort geflohen seien, sagt Militärsprecher Prasad Samarasinghe siegessicher. Zahlreiche Tamilen schlügen sich jeden Tag ins Regierungsgebiet nach Süden durch, obwohl die LTTE, die im Ruf steht, Zivilisten als lebende Schutzschilder zu missbrauchen, ihnen die Flucht verboten habe. Für die Helfer wird die Lage indes immer undurchschaubarer. Im Bürgerkrieg vor dem Waffenstillstand «gab es Regeln und Verbote, auf die man sich verlassen konnte, man wusste, wie die Sache lief», sagt der Entwicklungshelfer, der das Land schon seit Mitte der 90er Jahre kennt. Heute sei all das unklar. «Die Regeln ändern sich ständig, Verantwortung wird hin- und hergeschoben, man bekommt keine klare Auskunft mehr.» Welches Ziel die Regierung verfolgen könnte? «Ich glaube, die wollen, dass wir möglichst bald gehen.» http://www.mz-web.de/servlet/...013016724415&listid=1018881578341
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