Ich habe nochmals die ganzen Untergangsszenarien und -propheten einer näheren Betrachtung unterzogen, und ich erachte sie für immer unsinniger. Die Wohn- und Bevölkerungsstruktur in 10 Jahren wird eine andere sein, als die letzten 10 Jahren. Nicht nur dieser Artikel (https://www.brandeins.de/magazine/...rce=zeit&utm_medium=parkett) macht es für mich plausibel, dass die Innenstadt und der Einzelhandel weiterleben wird.
Nur als ein Beispiel diese Aussage: "„Der Gedanke ‚wir verkaufen Deos und überlegen, wie wir mehr Deos verkaufen‘ – das ist kein Weg in die Zukunft. Wir befinden uns in einer Transformationsphase. Ich glaube, der stationäre Handel wird sich in den kommenden Jahren zu einem Community-Geschäft entwickeln, wo man sich trifft und die Alltagsprobleme der Menschen gelöst werden. Und das wird nur funktionieren, wenn die Leute spüren, dass echtes Interesse an ihnen besteht.“"
-> Man kann problemlos Deo durch Schmuck ersetzen. Unabhängig davon zählt der Communityaspekt und der spricht ganz klar für den Einzelhandel. Überdies ist es immer so: Erst heißt es nur noch online, dann wird wieder alles offline, dann wieder online, dann offline usw. Alles wechselt sich ständig ab, denn nur so verdient man Geld. Aus Premium wird Billig, dann wieder Premium, dann wieder demokratisiert, dann wieder elitarisiert, usw usf. Lässt sich in allen Branchen beobachten.
Zum Punkt Kunden: Der Bewegungsradius der Kunden nimmt ab, ja mag sein, aber geht das wirklich zu Lasten der Kundenfrequenz bzw. zu Lasten der Berührungs/Interaktionspunkte (Point-of-Sales) und der Warenkorbgröße? BB wird schon heute auch von Senioren besucht, nicht nur von Teenies. Und überhaupt, es gäbe viel Potential, z.B. das Sortiment als Solches zu erweitern mit Kindersachen, Pflegeprodukte aber auch Seniorensachen (es gibt einen guten Zusammenhang, dass vieles, was für Kinder geeigenet ist, auch für Senioren passt). Und ich meine keine Sanitätsware! Und, auch wenn BB nicht sonderlich für bzw. in Concessions ist, könnte man Schmuck auch außerhalb von Karstadt und H&M als Concessionware verkaufen: Friseursalons als Beispiel oder Drogeriemärkte wie Budni. Und online sehe ich keine große Gefahr bislang und in naher Zukunft: Dafür ist die Zielgruppe zu wenig teeniehaft und das Geschäftsmodell zu unattraktiv. Denn "disrupted" werden Branchen, deren Marktzusammensetzung fragmentiert ist und wo viel Marge abzuschöpfen ist. Diese Aspekte treffen auf Juweliere mehr zu, als auf BB. Und mit dem Cash, den BB hat, könnten die direkt eine Online-Präsenz aufziehen, für die viele Start-ups sehr viel Geld und noch mehr Zeit aufbringen müssten, um dieses Geld zu erhalten. Bei Parfums und Kosmetika war das beispielsweise folgendermaßen: Außer Douglas gab es keinen weiteren großen Händler, alle anderen wie die Stadtparfümerie Pieper etc. waren kleine Händler, die überdies zwar keine bedrohliche, aber doch eine hohe Verschuldung hatten. Die konnten nicht einfach mal so online gehen, die hatten im Jahr so viel an Zinsen zu zahlen, wie damalige Start-ups als Investment bekamen, um online aufzubauen, also um die 3 Mio. €. Nicht nur deswegen, aber auch, gibt es nun Flaconi.de. Zudem handelte es sich um hohe Verkaufspreise (also hoher durchschnittlicher Warenkorb, was es aus Onlinewerbesicht mit Customer Acquisition Costs, Cost per Order etc. interessant machte). Im Modeschmuck sieht die Sache anders aus: BB hat genug Geld auf der hohen Kante, die Margen sind nicht mehr sondelrich groß und der Markt wird von 2 Playern dominiert (BB und Beeline), die überdies quasi Hersteller und Händler in Personalunion sind. Und ähnlich wie Kleidung bedarf Schmuck auch immer eines gewissen Sockels an Beratungsbedarf und vor allem an Berarungsqualität. "Online Only" ist daher obsolet. Jetzt kam auch noch die Nachricht, dass das Geschäftsjahr vglw. stabil lief und zusammen mit den ganz guten Aussichten wie in meinen drei Postings skizziert, dem Cashbestand und dem Ankeraktionär im "vorderen Hintergrund" ist das hier alles andere als ein totgeweihtes Einzelhandelspferd, dass um Überleben schnauft.
Jeder, der redet, das Internet schreite weiter voran, sollte sich dann Gedanken machen, welche Branche davon wirklich betroffen sei. Der Einzelhandel stirbt auch nicht aus, und der hohe Cashbestand mag der Inflation zwar was abgegeben haben und weiterhin tun, aber das Geld ließe sich sonst auch auf anderen, genauso unschönen Wegen, verlieren. Ich weiß nicht, ob die Opportunitätskosten des hohen Cashberges wirklich so hoch sind, wie hier oder auf wallstreet-online gemutmaßt wird... Und wer über das Management meckert, tut dies zwar nicht gänzlich grundlos, aber, um auf Warren Buffett sprechen zu kommen: Der sagte mal sinngemäß, ein Business muss stärker sein, als sein Management, denn irgendwann wird es von Idioten geleitet. Und sagen wir mal so: Wer meint, dass das Management idiotisch arbeitet, der kann doch sehr zufrieden sein, dass die Geschäfte von BB weiterhin ganz gut laufen. ;-)
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