Yeah, endlich habe ich Dich auch mal ordentlich getriggert.
Deine Argumente sind schlüssig und ich sage auch nicht dass nicht zutreffen könnten, so wie bei Prof. Terhalle, den Welt-TV ausgegraben hat.
Ich sage nur, dass die Diskussion, für die ich mich ausspreche, unterdrückt wird mit Argumenten, wie Du sie ins Feld führst, die knapp an daran vorbeiführen, was mich wirklich bewegt.
Da werden Wahrheiten mit Dingen vermengt, die einem in den Munde gelegt werden, ohne dass man sie so meint oder gar ausgesprochen hat.
(Das ist kein sauber Diskussionsstil, ich weiß dass Du es besser kannst.)
Das findet man überall, die Haupttotschlagargument ist, dass eine solche Diskussion den Zwiespalt der Gesellschaft zeigt, die Politik der Regierung kontrakarieren könnte, und damit genau das erreicht, was Putin will. Ernsthaft? Sind wir alle Putinversteher, Friedens-clevershitter, die ihren Namen tanzen aber keine richtigen Argumenten ins Feld führen können?
Wenn man diese Diskussion unterdrückt, spaltet sich das Land doch erst recht und sie poppt zur Unzeit wieder auf, und wird dann erst recht den Seppeln, die sich über von Russen infiltriertes social media informieren, Wasser auf die Mühlen geben.
Ein solcher bin ich nicht. Ich denke vom Ende her. Ich weiß, dass wir weder Vergeltung noch Genugtuung bekommen. Mir geht es um die Ziele. Welches ist unseres, das von Europa? Und welche Ziele haben die US und die anderen? Einschließlich derer, die auch in die EU wollen oder ggf. sich vorher abkehren?
Nehmen wir mal an, die unterdrückte Diskussion bricht sich im November Bahn, dann wenn Salvini zur Wahl und Biden vor einem Midtermdebakel steht, Xi wiedergewählt und sich Le Pen in Stellung gebracht hat. Dann wenn viele sich mit Habecks Verzichtsplan nicht anfreunden können. Das ist schwieriger als man denkt. (mir macht es nichts aus, ich lebe schon seit zwanzig Jahren als CO2-Zähler und meine Kinder auch – aber unser Umfeld nicht, für die ist das Verzicht, und das ist immer negativ konnotiert)
Ist es dann, also im Winter oder später, wirklich besser, hat das nicht den Beigeschmack, dass diese Diskussion der Schwäche geschuldet ist?
Bitte sieh Dir mal folgendes an:
1.§Die Berichtserstattung in der ersten Januarhälfte um Putin Forderungskatalog, den Biden in Gänze als nicht zur Diskussion stehend abgebügelt hat, also zeitlich bevor alle in diesen Kanon eingestiegen sind.
Interessant dabei die Einschätzung der Medien, hier ein Beispiel:
https://www.tagesspiegel.de/politik/...inen-hohen-preis/27959904.html
(die Interpretationen und Schlussfolgerungen des Autors sind mal schön von der Realität eingesackt worden, und das obwohl sie schlüssig waren und das von ihm Berichtetete den Tatschen entsprach) Davon gibt es hunderte wenn nicht sogar tausende ähnlicher Berichte. Und viele davon wurden von der Realität eingeholt.
Dann kamen die Mutationen im Bidenspeak
2.§„Um Gottes Willen, dieser Mann kann nicht an der Macht bleiben“
3.§Die Änderung in: „Die US wollen kein Regimechance in Russland und auch keinen Angriff auf russische Territorien“
Zu 1. Er hat die Kernforderung, die Neutralität der Ukraine, abgebügelt, weil die übrigen Forderungen unerfüllbar sind. Es würde mich nicht überraschen, wenn wir genau an dieser Stelle wieder anfangen müssen. Zu 2. War den Midterms geschuldet.
Zu 3. Heimlich befinden sich aber offensichtlich CIA-Agenten in der Ukraine, um diese zu unterstützen. (Doof nur, wenn damit geprahlt wird.) Die Himars können die Krim erreichen und die Ostrepubliken sind im Winter ggf. schon sowas wie russische Enklaven. Es ist der russischen Schwurbelei immanent, aus sowas eine direkte Bedrohung auf russisches Gebiet herzuleiten.
Wenn das so weiterläuft wird der Krieg länger dauern, das Ausdehnungspotential würde nochmal größer, und der Schaden an Dritten (und der Umwelt) ist jetzt schon enorm.
In Afrika sterben jeden Tag 25000 Menschen an Hunger, soviel wie bisher im ganzen Ukrainekrieg. Und das wird gesteigert, je länger der Krieg dauert.
Mit welchem Blick sehen wir in die betroffenen Regionen, was genau machen wir dagegen? Mit welchem Blick sieht die übrigen Welt auf die westlichen Demokratien, bei denen Hilfe immer nur an Forderungen oder Eigeninteressen gebunden ist?
Kommen damit die Demokratien aus ihrem Attraktivitätsloch? Gibt die AU ihr Coltan, ihren Wasserstoff dadurch lieber an die Europäer als an die Brics?
Mir und meiner Familie ist das mit dem Gas und den gestiegenen Preisen ziemlich latte, wir und ein Großteil unserer Mieter heizen nicht damit und unser Lebensstil lag schon vorher weit unter den Rücklagen.
Darum - also dem Einknicken vor Putin - geht es hier auch nicht. Wenngleich ich das mit dem Gas ganz anders sehe als Du. Schau Dir nur als Synonym für Unregelmäßigkeiten, die noch kommen werden, die Speichersache Österreich - Bayern an…. Putin ist klar, dass die EU nicht mehr zu seinem Gas zurück will, also gibt es für ihn jetzt schon keinen Grund Lieferverträge einzuhalten, er kennt unsere Verbräuche und Infrastruktur offensichtlich besser als unsere Regierung. Daher wäre es für ihn totaler Quatsch mehr als 20 – 40% zu liefern.
Und er sieht sich auch nicht isoliert. Durch die Rohstoffpreise und dem Rubelstand dürfte er besser als einkalkuliert dastehen. Die G7 vertreten nur 10% der Weltbevölkerung aber 70% der Weltbevölkerung haben Putin nicht verurteilt, sondern freuen sich entweder über das billige Öl oder die Misere der moralisch überlegenen Kaste.
Ich sehe, dass der Schaden immer größer wird, damit meine ich aber anders als die meisten Diskutanten nicht die harte Landung der Wirtschaft. Sondern den Hunger, den immensen Schaden am Klima und auch an der Demokratie.
Es wird uns nicht gefallen, wir werden über den zentralen Punkt aus Putins Forderungskatalog verhandeln müssen, ggf. kann das zu Kompromissen bei den übrigen Punkten führen; falls das nicht so ist, wird es zu einem globalen vielleicht auch dritten Weltkrieg kommen. Leute die ähnlich denken, wissen auch, dass man mit Putin so gut wie nicht verhandeln kann, sehen auch, dass ein Großteil des historisches Dilemma darin wurzelt, dass man ihn wie einen Politiker aber nicht wie ein Clanmitglied oder Verbrecher behandelt hat. Alles geschenkt, Leute die für den Dialog eintreten, sind nicht alle Pazifisten, Namenstänzer, der von Realität entkoppelte Akademiker oder verfügen über eine mäßige oder nicht tief genug gehende oder gar lagergeprägten Geschichtsbildung.
Ich sage nicht, dass "wir" mit Putin über die Ukraine verhandeln müssen. Ich schrub, dass "wir" (die Europäer) Biden überzeugen sollten, den von beiden Seiten verkackten Dialog schneller aufzunehmen.
Wir haben es uns kommod gemacht, und eine Generation von Nachkommen zu verantworten, die wenns schlecht läuft mal als Genration ICH beschrieben wird. Also wenig Panzerfahrer*innen. Wir machen unser außenpolitisches Schicksal von den innenpolitischen Schwierigkeiten der US und des Ostblocks abhängig. Nochmal: Außenpolitisch von den innenpolitischen Schwierigkeiten dritter – großer Blöcke – abhängig. Geht’s noch?
Es sind nur Minderheiten und bedauerlicherweise nur AFDler und Linke, die etwas im Bundestag dazu vortragen, und die werden auch nur wegen der Art und Weise des Vortrages und der Begründung abgebügelt.
Es sind aber rd. 40% der Bevölkerung, die die Aufnahme von diplomatischen Gesprächen (egal wie doof die laufen) , weniger Waffenlieferungen und das Reduzieren des Eskalationspotentials wollen. Das sind keine, die das vorrangig wegen Gas- oder aus Ostalgiegründen wollen. Die Preise sind schon ziemlich klar, da gibt es keinen roll back und Putin mag von denen auch keiner.
Wir müssen da raus. Russland ist für die US weit weg. Aber unser Nachbar. Die Generation hinter Putin ist genauso shice, genauso wie die hinter Xi. Wahrscheinlich sind die sogar noch schlimmer. Die einzige Chance da rauszukommen, ist über Attraktivität. Wenn Demokratie siegreich – i. S. Krieles (ISBN 978-3-428-48922-0) – sein will, muss sie attraktiver sein als die Gegner und dazu zähle ich auch jene, die Scheindemokratien ausmachen.
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