Es gibt zu allem Überfluss auch noch politische Minen in diesem Terrain. Jede internationale Truppe, die sich auf dieses Schlachtfeld begibt, hätte es nicht nur mit verbunkerten Untergrundkämpfern zu tun, sondern auch mit einem viel breiteren Widerstand, der sich aus Gefühlen verletzten Stolzes nährt. Dies bekäme auch Israel selbst schmerzhaft zu spüren, wenn es, wie angekündigt, im Libanon wieder eine, diesmal 30 Kilometer weit in das Land hinein reichende Schutzzone errichten wollte. 170 Dörfer befinden sich in diesem Gebiet, und in jeder Besenkammer kann ein Raketenwerfer stehen. Israels Botschafter in Deutschland, Shimon Stein, hat jüngst gefragt, wo komme die freie Welt hin, „wenn sie nicht in der Lage ist, sich mit der kleinen Hisbollah auseinander zu setzen?“
Das klingt, als reiche ein Fingerschnippen. Die letzten 14 Tage zeigen, dass dies eine Täuschung ist. Doch selbst wenn es gelänge, die Hisbollah militärisch zu besiegen, heißt das nicht, dass sie moralisch besiegt wäre. Solange Israelis und Palästinenser keinen Frieden finden, werden die islamistischen Milizen und ihre politischen Frontmänner in der gesamten arabischen Welt diesen Konflikt für ihre Zwecke ausbeuten. Die hochgerüstete Hisbollah ist ein politisches Unglück für den Libanon, weil sie aus dem Land eine Geisel Syriens und Irans macht, die der Miliz finanziell und ideologisch zu Seite stehen.
Wer Frieden will, muss daher vermutlich einen mühsamen Weg gehen. Er muss, wie Annan in Rom gefordert hat, Iran und Syrien einbeziehen. Vor allem die USA sollten dafür über ihren Schatten springen. Im Nahen Osten gibt es kein Geben ohne Nehmen. Deshalb wird man Israel drängen müssen, mit den Palästinensern einen Verhandlungsfrieden zu suchen, anstatt sich von ihnen abzuschotten. Mit Syrien muss Israel über eine Rückgabe der Golan-Höhen wieder reden. All dies wollte Israel nicht. Aber wenn sich die Regierung in Jerusalem darauf einlässt, und die Palästinenser – wofür die jüngste Annäherung zwischen Fatah und Hamas spricht – mitspielen, dann gibt es eine Chance für mehr Sicherheit.
Sie käme Israel, aber auch dem geschundenen Libanon zugute. Damit wäre eine Friedenstruppe kein Himmelfahrtskommando mehr. Ein Kommentar von Christiane Schlötzer (SZ vom 27.7.2006)
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