Ein Katastrophenjahr.
So beurteilt die Versicherung Münchner Rück die Lage nach den Tsunamis in Südasien. Denn schon vor dem 2. Weihnachtstag waren 2004 weltweit Schäden durch Hochwasser, Stürme und Beben in einer Höhe von 130 Milliarden US-Dollar entstanden.
Doch: Große Naturkatastrophen haben immer stattgefunden. Ihre Bilder prägen sich in das Gedächtnis der Menschheit ein. Ereignisse wie der Vesuv-Ausbruch von Pompeii im letzten Jahrhundert vor Christus haben Eingang in die Weltliteratur gefunden.
KRAKATAU 1883 Es ist das Frühjahr 1883. Ein leichtes Grollen ist in der Sunda-Straße vor Indonesien zu hören. Die Geräuschquelle liegt in der Tiefe der vulkanischen Insel Krakatau.
Über zwei Monate ist das Grollen zu vernehmen. Gleichzeitig stoßen immer wieder Aschewolken aus der Öffnung des Berges, verteilen sich kilometerweit. Doch um 13 Uhr am 26. August kommt es zum Ausbruch. Der Berg speit Lava, Feuer und Asche. Eine erste Flutwelle kommt ins Rollen, die die Küsten von Java und Sumatra erreicht. Hilflos ertrinken Tausende.
Das Vorspiel war indes nichts gegen die Apokalypse am anderen Morgen. Um 10.02 Uhr am 27. August fliegt die ganze Insel mit einem gewaltigen Krachen in die Luft. Es ist noch im 4000 Kilometer entfernten Australien zu hören. Eine Gesteinswolke steigt 80 Kilometer hoch. In den zehn folgenden, mehr als zehn Meter hohen Tsunami-artigen Flutwellen sterben 36 000 Menschen. Die Vulkanasche beeinträchtigt in den nächsten Jahren das Weltklima und senkt die Temperaturen ab.
SAN FRANCISCO 1906 Die Stadt am Golden Gate ist zum Jahrhundertbeginn die blühende, tanzende Metropole des amerikanischen Westens. Hunderttausende Einwanderer leben an der Pazifikküste Kaliforniens. Doch draußen tief im Meer stoßen zwei Erdplatten aneinander - der San Andreas-Graben. Er macht diese Region zu einer der erdbebengefährdetsten der Welt.
Am 18. April 1906, um fünf Uhr früh, erschüttert der erste Stoß 40 Sekunden lang die Stadt. Weitere, schwerere folgen im Minutentakt. Etwa 500 Einwohner kommen um. Aber vor allem die neuen Bauten und Hochhäuser überstehen das Beben weitgehend intakt. In dem Chaos bleibt zunächst verborgen, dass Kurzschlüsse und Gasaustritte im ganzen Stadtgebiet für kleine Feuer sorgen. Als die Feuerwehr löschen will, gibt es keinen Wasserdruck. Das Beben hat die Leitungen zerstört. Die Brände breiten sich aus, und schließlich tobt ein Feuersturm drei Tage lang, während die meisten Bewohner fliehen können.
Das flammende Inferno vernichtet San Francisco.
HAMBURG 1962 Der Februar ist immer ein gefährlicher Monat an der deutschen Nordseeküste. Seine Stürme sind berüchtigt - vor allem, wenn sie sich zu Sturmfluten aufbauen und das Wasser in die Flussmündungen drücken.
Am 16. Februar 1962 kommt es zur schwersten Sturmflut seit über 100 Jahren. Der Orkan bläst mit 200 Stundenkilometern. Die Fluten krachen in die durchweichten Deiche, die Elb- und Wesermarschen schützen sollten. Die werden einfach weggedrückt. Dann erreicht die Flut die Millionenstadt. Strom, Gas und Trinkwasser fallen aus. Ganze Viertel südlich der Elbe stehen blitzschnell unter Wasser. Die Menschen müssen sich auf die Dächer retten, wo sie frierend auf Bundeswehr-Hubschrauber warten. Doch viele schaffen auch den Weg aufs Dach nicht mehr. 300 kommen in den Fluten um.
TÜBINGEN, 200 Mio. v. Chr.
In der baden-württembergischen Kleinstadt haben Forscher die Spuren einer gigantischen Flut der Vorzeit gefunden. Sie hat möglicherweise ein Massensterben auf der Erde ausgelöst - und kann, sagen die Wissenschaftler, eigentlich nur durch den Einschlag eines Meteoriten bewirkt worden sein. Denn allein die Tübinger Welle, die immerhin weit im Binnenland gefunden wurde und deren Reste versteinert sind, muss eine Höhe von bis zu 1200 Meter gehabt haben.
Es ist denkbar, dass sich Katastrophen dieser Art als "Sintflut" in den alten Schriften niedergeschlagen haben. 29.12.2004 Von Dietmar Seher
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