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Mittwoch 12. März 2008, NordLB
..... konnte auf Anfrage nicht erklären, wie sie in diese Lage geraten ist. "Wir befinden uns derzeit in Gesprächen mit dem Kunden", sagte ein Sprecher. Dagegen bestätigte er, dass die Bank bereits personelle Konsequenzen gezogen hat: "Der für diese Aktientransaktionen zuständige Händler ist wegen interner Regelverstöße und Kompetenzüberschreitungen fristlos entlassen worden." Warum die Bank selbst ins Risiko ging, blieb allerdings offen. Unklar ist auch, ob der Kunde die Aktien wegen des Wertverlustes einfach nicht kaufen will, oder sie aus Zahlungsschwierigkeiten nicht kaufen kann.
Zu Identität des Kunden machte die NordLB keine Angaben. Aus Finanzkreisen sowie aus Aktionärskreisen der betroffenen Unternehmen verlautete jedoch, dass es sich hier um den Finanzinvestor Vatas handelt - den deutschen Investmentarm des südafrikanischen Großunternehmers Robert Hersov. Der Geschäftsführer der in Berlin ansässigen Vatas Holding ist Lars Windhorst.
Windhorst machte in den 90er Jahren der als Jungunternehmer Furore, hinterließ jedoch bei einer Privatinsolvenz 2007 einen großen Schuldenberg. Die Staatsanwaltschaft Berlin ermittelt gegen Windhorst wegen des Verdachts auf Insolvenzverschleppung, Betrug und Kursmanipulation. Zum Thema NordLB wollte Windhorst nichts sagen. Auch eine schriftliche Anfrage bei Vatas, ob das Unternehmen Zahlungsschwierigkeiten habe, wurde nicht beantwortet.
Fest steht, das Vatas beziheungsweise die Muttergesellschaft Sapinda an allen drei fraglichen Mittelständlern bereits wesentliche Aktienpakete hält. So besitzt Sapinda 8,4 Prozent an Balda, Vatas hat an einen Anteil von 17,9 Prozent an Curanum und 11,3 Prozent an Euromicron gemeldet.
Die Bankenszene rätselt nun, was genau zwischen Vatas und der NordLB vorgefallen ist. Laut Wertpapierhandelsgesetz muss ein Investor vier Tage nach Erwerb von Aktien dem betreffenden Unternehmen melden, ob er die Schwelle von drei, fünf, zehn oder noch höheren Anteilen überschritten hat. Das Unternehmen hat dann drei Tage Zeit, dies dem Kapitalmarkt mitzuteilen. Die NordLB aber hielt nach eigener Auskunft bereits im November 2007 fünf Prozent an Balda, und meldete dies erst dreieinhalb Monate später. Ein NordLB -Sprecher erklärte dies mit dem Umstand, die NordLB habe immer angenommen, dass der Kunde die Papiere von ihr kauft. Erst bei Aufstellung des Jahresabschlusses habe die NordLB nicht anders gekonnt, als die Aktien auf die eigenen Bücher zu nehmen.
Auch hier jedoch erheben Juristen Einspruch. "Wenn die NordLB wirklich im Auftrag eines Kunden gekauft hat, dann hätte nicht die Nord LB als Aktionärin gegolten sondern der Kunde", sagt Rechtsanwalt Norbert Bröcker, der bei der Kanzlei Hoffmann Liebs Fritsch & Partner für Kapitalmarktrecht zuständig ist. "Dann hätte aber der Kunde melden müssen, welche Anteile er hält, und nicht die NordLB."
Insider nehmen deshalb an, dass Vatas der NordLB gar nicht garantiert hat, die Aktien abzunehmen sondern sich lediglich eine Option auf die Aktien der NordLB einräumen ließ. Diese wäre rechtlich nicht bindend. "Dass die NordLB bei solchen Beträgen offenbar Geschäfte auf Zuruf macht, ist schon sehr abenteuerlich" sagt ein Investmentbanker. "Ausgerechnet mit einem wie Windhorst. Eigentlich unvorstellbar."
Unabhängig von der Schuldfrage hat der Streit zwischen Vatas und der NordLB schwerwiegende Folgen für die Unternehmen, bei denen die Landesbank jetzt Großaktionär wider Willen ist. Vor allem beim krisengeschüttelten Handyzulieferer Balda sind jetzt 15,5 Prozent des Unternehmens in den Händen eines Aktionärs, der die Papiere am liebsten sofort wieder abgeben würde. Der gewaltige Verkaufsdruck führte zu extremen Reaktionen der Analysten. Das Bankhaus Lampe etwa senkte ihr Kursziel für Balda von vier auf einen Euro.
(Zitiert aus dem WO-Forum)
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