2005-08-12 09:52:56 Vodafone: MobileTV in naher Zukunft
-------------------------------------------------- (© BörseGo - http://www.umts-report.de) Vodafone macht es in Deutschland bereits vor: Der mit Abstand beliebteste Dienst - so "Focus online" in der jüngsten Ausgabe - bei seinen UMTS-Kunden ist das Videoangebot. Bei „Vodafone-MobileTV“ werden speziell aufbereitete Sendungen – beispielsweise Zusammenfassungen von Nachrichtensendungen oder die Top-Lacher aus der letzten Stefan-Raab-Show – als Download oder Streaming zur Verfügung gestellt. Aber Fernsehen im eigentlichen Sinne, also Live-Übertragung, ist das noch nicht.
Nokia und seine Partner – vom Mobilfunknetzbetreiber bis zum staatlichen TV-Sender –, die mit rund 500 Testpersonen für gut drei Monate ein Handy-TV-Pilotprojekt in Finnlands Hauptstadt Helsinki durchgeführt haben, wollen hingegen reguläre Fernsehsendungen live aufs Handy bringen. Und sie sind vom Erfolg überzeugt. Bestätigt fühlen sie sich durch die Aussage der Teilnehmer, die Handy-TV zu rund 60 Prozent als gutes und wünschenswertes Angebot bewerteten.
Kein Ersatz für Heim-TV
Den heimischen Fernseher sollen TV-Handys nicht ersetzen. So sind sie weniger dafür gedacht, ganze Spielfilme auf den Displays im Mäusekinoformat zu verfolgen. Um sich kurz einen Nachrichtenüberblick zu verschaffen, auf dem Weg nach Hause die ersten Minuten der Lieblingssendung nicht zu verpassen oder bei einem Sportevent auch über die Vorgänge im Nachbarstadion informiert zu sein, taugt das mobile TV aber auf jeden Fall. Dies spiegelt sich auch im Nutzungsverhalten der finnischen Test-Gucker wieder: Die tägliche Mobile-TV-Nutzung lag zwischen fünf und 30 Minuten.
Testprodukt in Helsinki war das Multimedia-UMTS-Gerät – von „Handy“ spricht man in diesem Fall bei Nokia nicht mehr gerne, da Telefonie nur noch eine von vielen Funktionen sein soll, die die neuen Modelle beherrschen – Nokia 7710 mit einem speziellen Antennen-Empfängeraufsatz auf der Geräterückseite. Diese Settopbox im Miniformat ist selbst bei den Prototypen nur wenige Millimeter dicker als die gewöhnliche Rückwand.
Das Querformat-Display des Nokia 7710 hat eine Größe von 8 x 4 (B x H) Zentimetern. Die TV-Bilder werden je nach gewähltem Anzeigemodus auf 4 x 3 bis zu 5 x 4 Zentimeter (Vollbild) dargestellt. In der Vollbilddarstellung ist bei diesem Gerät neben dem TV-Bild also immer noch Raum, der beispielsweise zur Anzeige von Werbung oder Zusatzdiensten genutzt werden kann.
Das übliche Formatgerangel
Für mobiles Fernsehen gibt es in der Hauptsache zwei konkurrierende digitale Formate, die von Unternehmen und Institutionen diskutiert und getestet werden: DMB (Digital Multimedia Broadcasting) und DVB (Digital Video Broadcasting). Samsung Electronics und die Telekom-Tochter T-Systems zeigten Anfang Juli auf dem Medienforum Nordrhein-Westfalen beispielsweise erstmals terrestrisches mobiles Digitalfernsehen über DMB (T-DMB) auf einem speziellen Handy (T-DMB/L-Band-GSM-Mobiltelefon). Vielfach präferiert und auch in Helsinki getestet wurde und wird das auf die DVB-T-Infrastruktur aufsetzende DVB-H.
Stellt sich die Frage, wieso Mobilfunkgeräte nicht einfach mit einem DVB-T-Empfänger ausgestattet werden. Das digitale Antennenfernsehen – in Deutschland als „ÜberallFernsehen“ beworben – ist schließlich in vielen Ballungsgebieten schon verfügbar. DVB-T aber ist in sehr kleinen Geräten nicht problemlos einsetzbar. Hauptkriterium ist hier der Stromverbrauch, der einen gewöhnlichen Handyakku in kürzester Zeit leersaugen würde. Das hängt mit der Sendetechnik und den großen Datenmengen zusammen, die empfangen und für die passende Darstellung auf dem, im Vergleich zum TV-Gerät, kleinen Display umgerechnet werden müssten.
Sparsammer und kleiner
DVB-H soll im Vergleich zu DVB-T einen um 90 Prozent niedrigeren Energieverbrauch aufweisen. So soll beispielsweise mit dem Nokia 7710 Dauer-TV-Genuss mit einer Akkuladung bis zu drei Stunden möglich sein.
Als weitere Vorteile werden die besseren Möglichkeiten zur Miniaturisierung der Empfangstechnik für mobile Geräte sowie die größerer Menge von TV-Programmen (20 bis 55), die bei vergleichsweise niedrigem Datenumfang übertragen werden können, ins Feld geführt.
Bereits im November 2004 wurde DVB-H vom Europäischen Institut für Telekommunikationsnormen (European Telecommunications Standards Institute, ETSI) als Standard für mobiles TV anerkannt. Das Fernsehprogramm wird über DVB-H in Kombination mit einer parallelen Übertragung zusätzlicher Informationen – elektronische Programmführer (EPG) etc. – über die Mobilfunkfrequenzen (GSM oder UMTS) auf die mobilen Geräte gebracht.
Handy-TV als Einnahmequelle
Aus Sicht der beteiligten Unternehmen und Institutionen, wie Mobilfunknetzbetreiber und TV-Sender, birgt DVB-H aber auch handfeste wirtschaftliche Vorteile. Hätten sich die Gerätehersteller auf DVB-T eingeschossen und es eventuell sogar geschafft die geschilderten technischen Hürden zu überwinden, hätte niemand außer ihnen – und beispielsweise in Deutschland noch die über die GEZ finanzierten Sender – an Handy-TV etwas verdienen können.
Das ist bei DVB-H anders. Durch die enge Einbindung der Mobilfunknetzbetreiber in das System, können auch diese Profit aus dem mobilen TV schlagen. So werden, wie beschrieben, ihre Funknetze für einen Teil der Datenübertragung genutzt – wofür der Kunde natürlich zahlen muss. Zudem können interaktive Services angeboten werden, da die Nutzer über die Mobilfunknetze die Möglichkeit haben direkt auf Inhalte aus TV-Programm und Zusatzdiensten zu reagieren. Wie genau diese Verdienstmöglichkeiten aussehen sollen, ist bisher aber noch völlig unausgegoren.
Etablierte TV-Sender und wohl auch neue Anbieter spezieller Formate könnten wiederum ein Geschäft mit Pay-TV-Angeboten – als Bezahlfernsehen mit monatlicher Pauschale oder auch für einzelne Sendungen – machen.
Die Kostenfrage
Laut Nokia sind Konsumenten einer Umfrage zufolge dazu bereit, monatlich bis zu 20 Euro für mobiles TV-Vergnügen zu zahlen. Die Angaben für die tatsächlich entstehenden Mindestkosten schwanken allerdings – je nachdem, welchen der Entwicklungspartner man fragt – zwischen fünf und 14 Euro. Noch unklar ist zudem, wer sich welches Stück dieses möglichen Kuchens abschneiden kann.
Fraglich ist auch, ob die Endverbraucher tatsächlich bereit sind für Handy-TV zu zahlen, wenn der Dienst schließlich zur Verfügung steht bzw. wenn sie Tarifmodelle oder die erste Rechnung präsentiert bekommen. Zudem werden die Kosten wohl pro Gerät anfallen – da käme beispielsweise bei einem Vier-Personen-Haushalt ein hübsches Sümmchen zusammen. Von den obligatorischen GEZ-Gebühren, deren Berechnungsmodus und Höhe für Handy-TV auch noch in den Sternen steht, ganz zu schweigen. Pakettarife für Paare und Familien könnten hier für größere Akzeptanz sorgen.
Hoher Spaßfaktor
Unbestreitbar, Handy-TV macht auf Geräten mit ausreichend großem Display einfach Spaß. Und entsprechende Produkte wollen Nokia und andere Hersteller im nächsten Jahr auf den Markt bringen. Geht es nach den ehrgeizigen Plänen von Nokia und seinen Partner, soll die kommerzielle Nutzung von DVB-H bereits pünktlich zur Fußball-WM 2006 möglich sein.
Führt man sich das anhaltende Gerangel zwischen DVB- und DMB-Format-Befürwortern vor Augen oder blickt man auf die Probleme zurück, die die Einführung des digitalen Antennenfernsehens (DVB-T) in Deutschland aufgeworfen hat, kann man für den geplanten Zeitplan nur die Daumen drücken.
Selbst wenn die Einigung auf ein Format – was zu hoffen bleibt – bald getroffen wird, könnte sich die zwingende Einbindung vieler Unternehmen und Institutionen in das „Projekt“ Handy-TV nach dem Prinzip „Viele Köche verderben den Brei“ als größter Hemmschuh für die weitere Entwicklung herausstellen. Denn alle, von den Geräteherstellern über die Mobilfunknetzbetreiber bis zu den TV-Sendern – um nur einige zu nennen – wollen schließlich am mobilen TV verdienen. Solange die Claims nicht klar abgesteckt sind, wird sich wohl immer wieder ein Bremsklotz finden.
Dass Handy-TV funktioniert, fasziniert und begeistert, konnte man in Helsinki auch während der IAAF-Leichtathletik-Weltmeisterschaft beobachten. Und stimmen die Kosten, werden die TV- und Multimedia-verliebten Massen das Angebot auch nutzen. Bis zur Internationalen Funkausstellung (IFA) in Berlin Anfang September werden hoffentlich richtungsweisende Entscheidungen fallen, die dann dort bekannt gegeben werden.
Sowohl jetzt habt ihr mal was interessantes zum lesen !
mfg Lire
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